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Berlin, 2. Oktober 2001

Deutsch-türkische Zusammenarbeit
bei der Terrorbekämpfung?

Gemeinsame Erklärung des Kurdistan Informations-Zentrum e.V. und Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. über das Treffen vom Außenminister Joschkar Fischer und Ismail Cem


Das gestrige Treffen des deutschen Außenministers Joschka Fischer mit seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem über eine engere Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung gibt Anlass zur Sorge. Die Äußerung von Herrn Fischer, Deutschland betrachte die Türkei als wichtigen Regionalpartner bei der Lösung von Konflikten im Kaukasus, in Zentralasien, in der Region des Kaspischen Meeres sowie auch im Mittleren Osten sind zwar wünschenswert, aber die gegenwärtige Realität der Türkei zeigt, das sie noch weit davon entfernt ist, diese wichtige Mission zu erfüllen.

Die Türkei betreibt ihre Innen- und Außenpolitik aus der Logik heraus, dass die Konfliktsituationen in der Welt und in der Region ihre Existenz sichern würden. Aus diesem Grunde sucht sie nach Widersprüchen und wenn sie keine findet, dann versucht sie welche zu erzeugen. Wenn sie sich von dieser Politik distanzieren würde und ihre Interessen in der Entwicklung von Demokratie, Menschenrechten und Freiheiten sehen könnte, hätte sie - ohne Frage - eine führende Rolle bei der Lösung der bestehenden Konflikte in den genannten Regionen. Aber dem ist leider nicht so.

Wenn wir kurz einen Blick auf die vergangenen zwei Wochen werfen, sehen wir, welche Gefahren eine Kooperation mit der gegenwärtigen Türkei birgt. Nach dem brutalen Anschlag vom 11. September in den USA haben politische Kräfte in der Türkei begonnen zu berechnen, wie sie von dieser Situation profitieren können. Pläne wurden geschmiedet, wie z.B. kurzerhand den zum Tode verurteilen Chef der PKK, Abdullah Öcalan hinzurichten, da die Stimmung momentan umgeschlagen wäre und aus diesem Grunde mit keiner ernsthaften Gegenreaktionen zu rechnen sei. Auch sollte man ohne Zeit zu verlieren Militäroperationen gegen die Einheiten der PKK durchführen, mit der Ziel diese zu liquidieren. Die türkische Regierung richtete unzählige Anträge an europäische Länder, in erster Linie an die Bundesrepublik Deutschland politisch aktive Kurden auszuliefern und die PKK in den jeweiligen Ländern stärker zu bekämpfen. Durch die veränderte Situation in der Welt erhofft sie, durch einige Verfassungsänderungen, die in den letzten Tagen beschlossen wurden und weit davon entfernt sind, die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen, einen "billigen" Eintritt in die EU.

Obwohl die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihre Friedensbemühungen seit 1999 verstärkt, einseitig den bewaffneten Kampf eingestellt, ihre Guerillaeinheiten außerhalb der Grenzen des türkischen Staates zurückgezogen, ihre Strategie des bewaffneten Kampfes zu einer Strategie des politischen Kampfes verändert hat, wird sie von der Türkei weiterhin mit dem Wissen, dass mit dieser Haltung auch die Demokratisierung der Türkei verhindert wird, ignoriert.

Vor diesem Hintergrund wird die Türkei eine solches Angebot nur dazu nutzen in erste Linie die kurdische Frage, erneut militärischen lösen zu wollen. Dies wird nicht zur Entspannung beitragen und eine Lösung der Konflikte mit sich bringen, sondern im Gegenteil, sowohl die Türkei als auch den Mittleren Osten erneut in Krieg und Gewalt treiben.

Wir hoffen, dass die Bundesregierung den o.g. wichtigen Lösungsschritt der PKK für eine wichtige Chance zur Entspannung und Lösung regionaler Konflikte im Mittleren Osten sieht und die Türkei und die Kurden ernsthaft bei der politischen Lösung der kurdischen Frage unterstützt. Hierfür ist eine Wende in der Kurdenpolitik der Bundesregierung unumgänglich.

Kurdistan Informations-Zentrum e.V.
Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.