Kurdistan Solidarität Uelzen

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Telefon: 0172 - 4152311 e-mail: kurd-soli-uelzen@gmx.net

An den Oberbürgermeister der Stadt Celle, Herrn Martin Biermann
An die Mitglieder des Celler Stadtrates
An den Aufsichtsrat der CD-Kaserne
An die Geschäftsführung der CD-Kaserne
An die Cellesche Zeitung

Uelzen, den 4. März 2002

Erklärung der Kurdistan Solidarität Uelzen zu den Vorgängen und der Debatte um die Veranstaltung "Verboten ist, den Frieden zu verbieten! 8 Jahre PKK-Verbot sind genug!" am 20. Februar 2002 im Bunten Haus in Celle

Nach der Veranstaltung "Verboten ist, den Frieden zu verbieten! 8 Jahre PKK-Verbot sind genug!" im Bunten Haus schlugen in Celle die emotionalen Wellen hoch. Uns scheint es, als ob in Celle eine Diskussion begonnen wurde, ohne die tatsächlichen Inhalte und Abläufe der Veranstaltung überhaupt zu kennen.
Mit dieser Erklärung möchten wir Stellung zu den gegen uns erhobenen Vorwürfen nehmen und versuchen etwas "Licht ins Dunkel" zu bringen.

Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Unabhängigen Antifa Celle (UAC) und der Kurdistan Solidarität Uelzen organisiert. Als Referent/in traten Monika Morres von AZADI - Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden e.V. (Köln) und Olaf Meyer von der Kurdistan Solidarität Uelzen auf.
Mit der Veranstaltung sollte die Notwendigkeit der Beendigung der Repressionen gegen kurdische Organisationen und Politikerinnen und Politiker in den Blick der Öffentlichkeit gebracht werden. Hintergründe und Auswirkungen des PKK-Verbots, die Bilanz der Repression gegen Kurdinnen und Kurden und die Folgen des Verbots für die Demokratie in Deutschland sollten thematisiert und diskutiert werden.
Anlass für die Veranstaltung war für uns, der zur Zeit in Celle stattfindende Prozess gegen den kurdischen Politiker Kazim E..
Über die Veranstaltung und deren Inhalt wurde im Vorfeld in Presseerklärungen und Flugblättern informiert. Außerdem wurden der Oberbürgermeister der Stadt Celle, Herr Martin Biermann und die Parteien darüber informiert und gleichzeitig zur Veranstaltung eingeladen. Aus dem Inhalt der Flugblätter und Einladungsschreiben lässt sich sicherlich entnehmen, das wir nichts "verbotenes" oder gar "extremistisches" geplant hatten.

Die Behauptungen des Celler Polizeichefs Gerd Schomburg, das sich im Bunten Haus "Staats- oder Verfassungsfeinde" oder "linke und ausländische Extremisten" getroffen haben, weisen wir entschieden zurück. Solche und ähnliche Behauptungen dienen einzig und allein dazu, um missliebige Meinungen zu diskreditieren und zu kriminalisieren.

Genauso falsch ist die Behauptung, das der "Leiter der Versammlung" den drei Polizeibeamten aus Celle und Uelzen, den Zutritt zur Veranstaltung verweigert hätte. Den Beamten wurde nur mitgeteilt, das ihre Teilnahme von mehreren Besucher(inn)en der Veranstaltung nicht erwünscht war. Nachdem sie gebeten wurden, diesen Wunsch zu respektieren, machten sie keinerlei Anstalten einen "Besuch" zu erzwingen oder wiesen auf irgendwelche rechtliche Bestimmungen oder Vorschriften hin. Frau Holtkott von der Geschäftsführung der CD-Kaserne und die Aufsichtsratsvorsitzende der CD-Kaserne konnten die Veranstaltung ohne Probleme besuchen.

Während der Debatte um unsere Veranstaltung, wird leider der Inhalt dieser vergessen. Deshalb haben wir ihnen das Hauptreferat der Veranstaltung diesem Schreiben beigefügt. Dieser Beitrag wurde auch schon auf der Homepage des Bunten Hauses veröffentlicht. Die Kasernen-Aufsichtsratsvorsitzende Karin Hogenkamp hat Recht wenn sie behauptet, das bei der Veranstaltung "starker Tobak"" geboten wurde: Am 26.11.1993 wurde die PKK in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegt und gleichzeitig mehr als dreißig kurdische Vereine, Gruppen, Organisationen und Medien ebenfalls mit einem Verbot belegt und geschlossen.
In der Folge wurden Kurdinnen und Kurden in der BRD konsequent verfolgt und kriminalisiert. Durchsuchungen von Vereinen und Privatwohnungen, willkürliche Personenkontrollen, Veran-staltungsverbote, Beschlagnahmungen von privatem Geld (das angeblich als Spende für die PKK bestimmt sei) wurden zum Alltag der Kurdinnen und Kurden in der BRD, gleichgültig ob sie der PKK besonders nahe standen oder einfach ihrer Identität bewusste Kurdinnen und Kurden waren.
In diesem Zusammenhang wurden im Laufe der vergangenen Jahre Zehntausende zu Personenkontrollen festgenommen, viele Tausend wegen § 129a StGB oder § 20 des Vereinsgesetz zu Haft- oder hohen Geldstrafen verurteilt.
Wir halten unser Eintreten für elementare Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaftsordnung, wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, keineswegs für verfassungsfeindlich oder gar extremistisch. Hinzu kommt das wir in unserer Einschätzung der Lage auch von verschiedenen internationalen Menschenrechtsorganisationen bestätigt werden.

Im Artikel der Celleschen Zeitung vom 23. Februar 2002 wird der Satz "Tod den menschenverachtenden Systemen in der Türkei und der BRD!" zitiert. Dieser Satz soll aus dem Niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2000 stammen. Durch den Artikel entsteht der Eindruck, da nur allgemein von Kurdistan Solidarität geschrieben wird, das das genannte Zitat von uns stammen würde. Dazu erklären wir, das das Zitat nicht im Niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2000, sondern im Bericht von 1999 zu finden ist und von einer Gruppe aus Göttingen stammt.
Wir nehmen an, das diese Behauptung und Art der Berichterstattung nur dazu dienen soll uns und unsere Arbeit zu diskreditieren und zu kriminalisieren.

Folge der Veranstaltung ist nun, das die Polizei gegen mehrere Personen Ermittlungsverfahren eröffnet hat. Grund dafür ist ein Transparent, das während der Veranstaltung aufgehängt wurde, mit der Aufschrift: "Weg mit dem Verbot der PKK! Der kurdische Befreiungskampf lässt sich nicht verbieten!" Auf dem Transparent war ebenfalls das Symbol der mittlerweile aufgelösten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) abgebildet. Die ERNK ist seit 1993 in der BRD verboten. Selbstverständlich wurde das verbotene Symbol überklebt. Der angebrachte, ca. 21cm mal 60 cm große, Aufkleber trug die Aufschrift: "Zur Zeit verboten". Dieses können mehrere Zeugen, u.a. Frau Hoggenkamp bestätigen. Auch existiert eine Fotografie von besagten Transparent. Dieser Sachverhalt stellt keinen Verstoß gegen den § 20 des Vereinsgesetz dar. Ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil belegt diese Einschätzung. Das verbotene Symbol zu überkleben war übrigens seinerzeit (1994 bei einer großen Demonstration in Bonn) ein Vorschlag der dortigen Polizeiführung (!), zu "Deeskaltionszwecken". Wegen überklebter PKK-Symbole ist in der BRD bisher auch niemand verurteilt worden.
Dem Ermittlungsverfahren des Celler Staatsschutz sehen wir daher gelassen entgegen und freuen uns jetzt schon auf die zwangsläufige Einstellung des Verfahrens.
Das Ermittlungsverfahren zeigt vielmehr, mit welchem übertrieben Eifer und Hass die Celler Polizei das PKK-Verbot umsetzen will und gegen missliebige Personen vorgeht. Leider werden dabei aber die eigenen Gesetze und Vorschriften übersehen.

Wie wichtig solche Veranstaltungen sind, zeigt die aktuelle Debatte in Celle. Leider ist es so, das vielen bei den Begriffen "Kurden" oder "PKK" als erstes dazu Begriffe wie "Terror" und "Krieg" in den Sinn kommen. Daran zeigt sich erschreckend deutlich, wie sich die jahrelangen Hetz- und Lügenkampagnen gegen die kurdische Bevölkerung in Deutschland und die kurdische Freiheitsbewegung im Denken festgesetzt haben. Ohne die Entwicklungen, Hintergründe und Realität zu diesem Thema zu kennen oder zu überprüfen.
Die politische Situation in der BRD ebenso wie in der Türkei ist nicht mehr dieselbe wie vor acht Jahren. Seit mehr als drei Jahren ist eine SPD/Bündnisgrüne Bundesregierung im Amt, von der sich gerade die Kurdinnen und Kurden eine andere Politik erhofft hatten. Jedoch ist die Linie des Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nicht nur der seines Vorgängers Manfred Kanther (CDU) vergleichbar, sondern eher noch härter geworden. Otto Schily hatte bereits Anfang Dezember 1998, wenige Wochen im Amt, klargestellt, das er nicht daran denke, das Verbot der PKK aufzuheben. Wenige Monate später kündigte er in einer Bundestagsdebatte im Februar 1999 an, "die Logistik der PKK zu zerschlagen".
Obwohl die PKK im Rahmen eines umfangreichen Friedensprojektes ihren bewaffneten Kampf auf türkischem Territorium beendet hat und die Parteistrukturen diesem politisch geführten Kampf angepasst wurden, hält die Bundesregierung unverändert am Verbot der PKK fest.
Das Friedensprojekt der PKK wurde von ihrem Vorsitzenden Abdullah Öcalan initiiert und weiterentwickelt. Schon 1993, 1995 und 1998 hat die PKK einseitige Waffenstillstandsangebote der
türkischen Regierung unterbreitet. Diese wurde allerdings vom türkischen Militär mit Terror und Gewalt beantwortet.
Am 29. Juni 1999 wurde gegen den Vorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan, durch das Staatssicherheitsgericht der Türkei auf der Insel Imrali, die Todesstrafe verhängt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stoppte die Vollstreckung des Urteils mit einem Eilentscheid bis zur endgültigen Entscheidung dieses Gerichtshofes. Die Regierungsparteien der Türkei beschlossen, die
Vollstreckung des Urteils bis dahin auszusetzen. Dieser Beschluss wurde jedoch mit zahlreichen Bedingungen verbunden und als jederzeit widerrufbar dargestellt, so das das Leben von Abdullah Öcalan keineswegs als gesichert angesehen werden kann, ungeachtet der von ihm geschaffenen Friedensbasis.
Der kurdische Freiheitskampf ist heute in eine neue Phase getreten. Die von Abdullah Öcalan entwickelte Friedensstrategie, der seine Partei und deren Kämpferinnen und Kämpfer Folge geleistet und sich, beginnend im August 1999, kampflos aus der Türkei zurückgezogen haben, sollte zu einer fühlbaren Entspannung in der gesamten Türkei und besonders im bisherigen Kriegsgebiet führen. Schon während des Prozesses gegen Abdullah Öcalan, stellte er ein umfangreiches Programm für eine politische Lösung der Kurdistanfrage und für eine Demokratisierung der Türkei vor. Schon mit dem dritten einseitigen Waffenstillstand der PKK vom 1. September 1998 und der Reise Abdullah Öcalans nach Rom bewiesen die PKK und ihr Vorsitzender ein weiteres Mal, durch konkrete Vorschläge ihren Friedenswillen. Konkrete Schritte der Türkei in Richtung auf Verhandlungen und Friedensschluss sind jedoch bisher ausgeblieben. Der türkische Staat behaart weiterhin auf seiner Gewaltpolitik und will mit brutalsten Vernichtungsmethoden den Friedens- und Freiheitswillen des kurdischen Volk brechen. Zwei Delegationen von Kämpferinnen und Kämpfern und Parteikadern der PKK, die sich den türkischen Behörden als Friedensgruppen gestellt hatten, wurden nicht als Unterhändler anerkannt, sondern sofort eingesperrt, vor Gericht gestellt und - soweit die Prozesse bereits abgeschlossen sind - zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Aktuell hat der Präsidialrat der PKK angekündigt, Aktivitäten unter dem Namen der PKK in den EU-Ländern und der Türkei einzustellen. Mit diesem historischen Schritt beweist die PKK erneut ihren Willen nach einer politischen Lösung der kurdischen Frage.
Auch in dieser Einschätzung der Sachlage besteht Konformität zu den Verlautbarungen anderer internationaler Menschenrechtsorganisationen.
Der zur Zeit vor dem Oberlandesgericht Celle angeklagte kurdische Politiker Kazim E. beendete eine Erklärung am 22. Januar 2002 mit einem Zitat von Abdullah Öcalan: "Auch wenn die gesamte Welt sich gegen uns stellt, auch wenn wir die Macht hätten, die gesamte Welt zu besiegen, werden wir von unserer Linie des Friedens und der Demokratie nicht ablassen".
Um die aktuelle Debatte in Celle inhaltlich zu füllen und wichtige Informationen zum Thema zu vermitteln, erlauben wir uns, ihnen drei Erklärungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zum Friedensprojekt und die Gründungserklärung der Kurdischen Demokratischen Volksunion (YDK) zu überreichen.

Abschließend möchten wir noch auf den Vorschlag des FDP-Fraktionsvorsitzenden Joachim Falkenhagen, bzgl. der Bildung einer unabhängigen Kommission, eingehen. Diesem Vorschlag sagen wir jetzt schon unsere grundsätzliche Unterstützung zu. Auch wir halten es für absolut notwendig, die Vorgänge rund um unsere Veranstaltung objektiv zu klären. In diesem Zusammenhang erklären wir nochmals ausdrücklich das es bei der in Kritik stehenden Veranstaltung weder zu Straftaten gekommen ist, noch das es sich um "verfassungsfeindliche, extremistische" Inhalte gehandelt hat.
Unter Berücksichtigung aller Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen zum Thema "PKK" und "PKK-Verbot" sind wir uns sicher, das sich alle Dissensen einvernehmlich klären lassen.
Selbstverständlich haben wir an einer Mitarbeit in der einzurichtenden Kommission ausdrückliches Interesse und würden uns über eine Einladung sehr freuen.

Wir hoffen mit unserem Beitrag einen hilfreichen Beitrag zur objektiven Klärung der Sachlage geleistet zu haben.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen für Rückfragen oder zu Gesprächen jederzeit und gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüße
Kurdistan Solidarität Uelzen