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Urgent Action

UA-Nr: UA-071/2002
AI-Index: EUR 44/018/2002
Datum: 11.03.2002

DROHENDE FOLTER UND MISSHANDLUNG / DROHENDES "VERSCHWINDENLASSEN"


Ferhat Yorulmaz, 18 Jahre alt

Der 18-jährige Ferhat Yorulmaz soll am 8. März 2002 festgenommen worden sei. Die Polizei hingegen leugnet, ihn in Gewahrsam zu halten. Er ist somit in großer Gefahr, gefoltert zu werden oder dem "Verschwindenlassen" zum Opfer zu fallen.

Es heißt, dass Ferhat Yorulmaz zusammen einigen anderen Personen um 1:00 Uhr nachts in Bismil in der Provinz Diyarbakir von Polizisten in Zivil festgenommen wurde. Die Behörden haben bestätigt, dass die anderen Personen in der Anti-Terror-Abteilung der Polizeizentrale von Diyarbakir festgehalten werden. Sie streiten jedoch ab, dass Ferhat Yorulmaz sich ebenfalls dort in Gewahrsam befindet. Seine Rechtsanwälte haben den Generalstaatsanwalt in Diyarbakir um Mitteilung seines Haftortes gebeten; bislang jedoch ohne Erfolg. Offensichtlich war Ferhat Yorulmaz auch schon vor einem Monat von Polizisten festgenommen worden, er soll aber auf Anweisung des Generalstaatsanwalts damals wieder freigelassen worden sein.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Während aus den türkischen Gefängnissen selten Berichte über Folterungen gemeldet werden, wird in den Polizeiwachen offensichtlich regelmäßig gefoltert. Folter wird angewandt, um "Geständnisse" oder Informationen über illegale Organisationen zu erpressen, um die Gefangenen zu Spitzeldiensten für die Polizei zu bewegen oder als Strafe für die mutmaßliche Unterstützung einer verbotenen Organisation. Zu den häufigsten Foltermethoden gehört es, die Gefangenen auszuziehen und ihnen die Augen zu verbinden, sie mit einem eiskalten Hochdruckwasserstrahl abzuspritzen, sie an den auf dem Rücken zusammengebundenen Armen aufzuhängen, ihnen Elektroschocks zuzufügen, sie auf die Fußsohlen zu schlagen, ihr Leben zu bedrohen oder sie sexuell zu misshandeln.

Die türkische "Verordnung bezüglich Festnahme, Polizeigewahrsam und Vernehmung" enthält klare Richtlinien für die Registrierung von in Gewahrsam genommenen Personen sowie hinsichtlich ihres Rechts, ihre Familienangehörigen zu unterrichten, "sofern das Informieren der Angehörigen die Ermittlungen nicht gefährdet." In einer Verfassungsergänzung vom 3. Oktober 2001 und durch das Gesetz Nummer 4744, das am 19. Februar 2002 in Kraft trat, wurde diese Einschränkung aufgehoben. Dennoch werden die Vorschriften zur schnellen und korrekten Registrierung von Häftlingen und zur Benachrichtigung der Angehörigen nach wie vor in vielen Fällen nicht beachtet. Die Missachtung dieser Vorschriften ist nicht nur für die Familien der Opfer in hohem Maße besorgniserregend, sondern schafft auch die Bedingungen für "Verschwindenlassen" und Folter.

EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie

Ihre Sorge um die Sicherheit von Ferhat Yorulmaz zum Ausdruck bringen, der am 8. März 2002 von der Polizei in Bismil in der Provinz Diyarbakir festgenommen wurde, und die Behörden auffordern, den seinen Haftort bekanntzugeben;
um Zusicherung bitten, dass der Gefangene nicht gefoltert oder misshandelt wird;
bitten, über die ihm vorgeworfenen Anklagen informiert zu werden;
die türkische Regierung an ihre Verpflichtungen gemäß der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten erinnern ("Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden").
APPELLE AN:

Herrn Atilla Cýnar, Diyarbakýr Emniyet Müdürü, Diyarbakir Emniyet Müdürlügü, Diyarbakir, REPUBLIK TÜRKEI (Polizeichef von Diyarbakir – korrekte englische Anrede: Dear Chief of Police)

Herrn Rüstü Kazim Yücelen, Ministry of Interior, Icisleri Bakanligi, 06644 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI (Innenminister – korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 90) 312 418 1795

Olaganüstü Hal Valisi, Diyarbakir, REPUBLIK TÜRKEI
(Gouverneur der Provinzen unter den Bedingungen der Notstandsgesetzgebung – korrekte englische Anrede: Dear Governor)
Telefax: (00 90) 412 224 3572

KOPIEN AN:

Herrn Nejat Arseven, Büro des Ministerpräsidenten, Basbakanlik, 06573 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI (Minister und Beauftragter für Menschenrechtsfragen – korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 90) 312 417 0476

Kanzlei der Botschaft der Republik Türkei, Rungestr. 9, 10179 Berlin
(S. E. Herrn Osman Taney Korutürk)
Telefax: 030-2759 0915
E-Mail: turk.em.berlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 22. April 2002 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

- expressing concern for the safety of Ferhat Yorulmaz, reportedly detained by police in Bismil, Diyarbakir province, on 8 March, and asking to be informed of his whereabouts;

- urging the authorities to ensure that he is not tortured or ill-treated in custody;

- asking to be informed of any charges that are brought against him;

- reminding the government of its obligations under Article 3 of the European Convention on Human rights, to which Turkey is a state party: "No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment."