Urgent Action
SORGE UM SICHERHEIT / "VERSCHWINDENLASSEN" Türkei:
Nach dem "Verschwinden" von Coskun Dogan am 23. oder 24. Februar 2002 ist amnesty international um dessen Sicherheit besorgt. Sein Haftort ist nicht genau bekannt, aber Berichten zufolge wird er in Gendarmerie- oder Polizeigewahrsam festgehalten, wo er in Gefahr ist, gefoltert oder misshandelt zu werden. Die Verwandten von Coskun Dogan sollen ihn im Fernsehen in einer Gruppe von Inhaftierten erkannt haben, die von Sicherheitskräften nach einer Militäroperation in der Provinz Tunceli im Osten der Türkei festgenommen worden waren. Er schien in guter gesundheitlicher Verfassung zu sein. Am 5. März 2002 erkundigten sich Vertreter des "Türkischen Menschenrechtsvereins" (IHD) telefonisch bei dem Büro für Häftlingsregistrierung der Polizeizentrale in Istanbul nach dem Aufenthaltsort von Coskun Dogan. Ein Polizist teilte ihnen mit, dass er als Inhaftierter der Anti-Terror-Abteilung registriert sei und sich möglicherweise in Istanbul befände. Als die Anwälte von Coskun Dogan ein zweites Mal bei dem Büro für Häftlingsregistrierung nach dem Aufenthaltsort ihres Mandanten fragten, wurde ihnen mitgeteilt, dass Coskun Dogan nicht als Inhaftierter registriert sei. Vertreter des IHD erkundigten sich daraufhin ein drittes Mal nach dem Aufenthaltsort von Coskun Dogan. Ihnen wurde diesmal mitgeteilt, dass er sich nicht in Gewahrsam befände. Erst als die IHD-Vertreter dem Polizisten erklärten, dass man ihnen eine Stunde zuvor gesagt hatte, dass Coskun Dogan sich in der Anti-Terror-Abteilung in Haft befinden würde, räumte der Polizist ein, dass Coskun Dogan außerhalb von Istanbul inhaftiert sei. Der Beamte konnte aber keine Auskunft darüber geben, in welcher Stadt Coskun Dogan sich befindet, da dies im Computer nicht verzeichnet sei. Am Tag darauf erhielt das Büro für Häftlingsregistrierung in der Polizeizentrale von Istanbul einen weiteren Anruf von Vertretern des IHD, die sich nochmals nach dem Aufenthaltsort von Coskun Dogan erkundigten. Der Polizist hatte das Geburtsdatum und den Geburtsort von Coskun Dogan verzeichnet, und er sagte, dass man über die Polizeizentrale in der Hauptstadt Ankara den Aufenthaltsort des Inhaftierten herausfinden könne. Die Vertreter des IHD wandten sich sofort an die Polizeizentrale in Ankara. Angaben zufolge ist dort eine Person registriert, die den gleichen Namen trägt wie Coskun Dogan und am selben Tag geboren ist. Weiter teilte man ihnen mit, dass man den Aufenthaltsort nicht wisse und dass keine weiteren Informationen diesbezüglich vorlägen. Die Vertreter des IHD riefen danach bei der Polizeizentrale in Tunceli an, wo Coskun Dogan offenbar in Gewahrsam gewesen war. Dort sagte man den Menschenrechtlern, dass Coskun Dogan nicht von der Polizei festgenommen worden sei. Sollte er in einer ländlichen Gegend inhaftiert worden sein, hätte nur die Gendarmerie Informationen darüber. Nach diesem Vorfall stellte der IHD einen Antrag an den Innenminister, den Aufenthaltsort von Coskun Dogan zu ermitteln. Nach Angaben des Innenministers vom 17. März 2002 wurde die Sache untersucht, man könne daher ausschließen, dass Coskun Dogan sich in Haft befindet. HINTERGRUNDINFORMATIONEN Die türkische "Verordnung bezüglich Festnahme, Polizeigewahrsam und Vernehmung" enthält klare Richtlinien für die Registrierung von in Gewahrsam genommenen Personen sowie hinsichtlich ihres Rechts, ihre Familienangehörigen zu unterrichten, "sofern das Informieren der Angehörigen die Ermittlungen nicht gefährdet." In einer Verfassungsergänzung vom 3. Oktober 2001 und durch das Gesetz Nummer 4744, das am 19. Februar 2002 in Kraft trat, wurde diese Einschränkung aufgehoben. Dennoch werden die Vorschriften zur schnellen und korrekten Registrierung von Häftlingen und zur Benachrichtigung der Angehörigen nach wie vor in vielen Fällen nicht beachtet. Die Missachtung dieser Vorschriften ist nicht nur für die Familien der Opfer in hohem Maße besorgniserregend, sondern schafft auch die Bedingungen für "Verschwindenlassen" und Folter. Folter ist nach vorliegenden Informationen auf türkischen Polizei- und Gendarmeriestationen ein gängiges Mittel, um "Geständnisse" oder Informationen über illegale Organisationen zu erpressen, um die Gefangenen zu Spitzeldiensten für die Polizei zu bewegen oder als "Strafe" für die mutmaßliche Unterstützung einer verbotenen Organisation. Zu den häufigsten Foltermethoden in der Türkei gehört es, die Gefangenen auszuziehen und ihnen die Augen zu verbinden, sie mit einem eiskalten Hochdruckwasserstrahl abzuspritzen, sie an den auf dem Rücken zusammengebundenen Armen aufzuhängen, ihnen Elektroschocks zuzufügen, sie auf die Fußsohlen zu schlagen, ihr Leben zu bedrohen oder sie sexuell zu misshandeln. EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Lustpostbriefe, in denen Sie Ihre
Sorge um die Sicherheit von Coskun Dogan zum Ausdruck bringen und die
Behörden auffordern, seinen Haftort bekanntzugeben; APPELLE AN: Herrn
Rüstü Kazim Yücelen, Içisleri Bakanligi, 06644
Ankara, REPUBLIK TÜRKEI General
Aytaç Yalman, Jandarma Kuvvetleri Komutanligi, Bakanliklar, Ankara,
REPUBLIK TÜRKEI Herrn
Necati Bilican, Emniyet Genel Müdürlügü, Bakanliklar,
Ankara, REPUBLIK TÜRKEI KOPIEN AN: Herrn
Nejat Arseven, Büro des Ministerpräsidenten, Basbakanlik,
06573 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI Kanzlei
der Botschaft der Republik Türkei, Rungestr. 9, 10179 Berlin Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Mai 2002 keine Appelle mehr zu verschicken. RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language: - expressing concern for the safety of Coskun Dogan and asking to be informed of his whereabouts; - urging that he should be given immediate access to his lawyers and relatives; - urging that he is not tortured or ill-treated while in detention; - asking to be informed of any charges that may be brought against him; - reminding the government of Turkey of its obligations under Article 3 of the European Convention of Human Rights, to which Turkey is a state party, which states: "No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment."
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