An die Öffentlichkeit und die Presse

Seit gestern ist es offiziell: die EU hat die PKK auf die Liste "terroristischer Organisationen" aufgenommen. In Europa und der Türkei protestieren Kurden und Kurdinnen seit Tagen gegen diese Entscheidung, die einen Schlag gegen die Friedensbemühungen des kurdischen Volkes darstellen.

Zur Erinnerung: Die PKK hatte vor etwa drei Jahren einen strategischen Wechsel vollzogen, den bewaffneten Kampf eingestellt und einen historischen Friedensprozess eingeleitet. Damit hat sie der unkontrollierbaren Gewalt, der Feindschaft und der Ausweglosigkeit die Grundlage entzogen und einen grossen Beitrag zur Lösung der kurdischen Frage sowie der Demokratisierung der Türkei geleistet. Im April diesen Jahres kam diese Veränderung der kurdischen Bewegung zu einem sichtbaren Abschluss, als auf dem 8. Parteikongress der PKK die Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans beschlossen wurde. An ihrer Stelle wurde der Kurdische Kongress für Freiheit und Demokratie (KADEK) gegründet.

Die Aufnahme der PKK in die Liste "terroristischer Organisationen" ist ein Affront gegen die einseitige Beendigung des Krieges, die konkreten Schritte für die Entwicklung der Demokratie und deren Fortführung sowie gegen die Gründung des KADEK. Diese Handlungsweise zielt darauf ab, eine friedliche Lösung der kurdischen Frage zu blockieren, die Türkei durch die Aufrechterhaltung des Konfliktes zu schwächen und eine Demokratisierung im Mittleren Osten zu verhindern.

Angesichts der Tatsache, dass sich Europa während des 15 Jahre andauernden Krieges zwischen dem kurdischen Volk und dem türkischen Staat nicht dazu durchringen konnte, die PKK für terroristisch zu erklären, stellt sich die Frage, warum die EU es gerade zu diesem Zeitpunkt für nötig gehalten hat. Auffallend ist, dass dieser Schritt genau zu Beginn des EU/USA-Jahresgipfels erfolgt. Noch vor der offiziellen Veröffentlichung der aktualisierten "Terrorliste" präsentierten EU-Vertreter die Veränderungen in Washington. Damit demonstriert die EU ihren Willen zu einer gemeinsamen "Anti-Terror-Politik" mit den USA und ermutigt gleichzeitig die Kreise innerhalb des türkischen Staates, die auf eine Fortsetzung des Krieges drängen, weil Krieg und nicht Frieden ihren Profit- und Machtinteressen entspricht. Auch die EU haben kein Interesse an einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage, weil Frieden und Demokratisierung eine Stärkung der Türkei bedeuten.

Europa spielt ein doppeltes Spiel: einerseits wird die Erfüllung demokratischer Standarts als Voraussetzung für die Aufnahme der Türkei in die EU gefordert, andererseits wird versucht, die kurdische Bewegung als die treibende Kraft in der Demokratisierung der Türkei als terroristisch zu brandmarken. Diese Politik ist nichts neues. Das Abkommen von Lausanne, das 1923 auf Betreiben Europas zur Leugnung der kurdischen Identität in der neugegründeten türkischen Republik führte, die aktive Unterstützung Europas und insbesondere Deutschlands der türkischen Seite im Krieg sowie der internationale Komplott, als dessen Resultat der damalige PKK- und heutige KADEK-Vorsitzende Abdullah Öcalan in die Türkei verschleppt wurde, nachdem ihm in Europa alle Türen verschlossen blieben, all diese Fakten belegen, dass Europa zwar Demokratie und Menschenrechte predigt, für seine eigenen wirtschaftlichen und politischen Profite jedoch jederzeit bereit ist, die eigenen Wertmaßstäbe mit Füßen zu treten.

Wir fordern die in Deutschland lebenden Kurden und Kurdinnen dazu auf, mit friedlichen und demokratischen Methoden gegen die EU-Entscheidung, die PKK auf die "Terrorliste" aufzunehmen und damit das kurdische Volk als terroristisch zu brandmarken, zu protestieren. Desweiteren rufen wir alle auf der Seite von Frieden, Freiheit und Demokratie stehenden Menschen dazu auf, das kurdische Volk im Kampf für grundlegende Menschenrechte nicht allein zu lassen. Ein erneuter Ausbruch des Krieges wird nicht auf Kurdistan beschränkt bleiben, sondern bedeutet eine Bedrohung überall auf der Welt und insbesondere in Europa.

Unser Weg - Freiheit und Frieden!

Unsere Politik - demokratische Veränderung!

Unser Ziel - ein Leben in Würde und Gleichberechtigung!


Kurdische Demokratische Volksinitiative
4. Mai 2002