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Urgent Action

UA-Nr: UA-149/2002
AI-Index: EUR 44/030/2002
Datum: 17.05.2002

SORGE UM SICHERHEIT / DROHENDE FOLTER UND MISSHANDLUNG

Türkei:
Salih Yilar, 20 Jahre alt


Salih Yilar, ein Mitglied der legalen pro-kurdischen Partei HADEP, ist Berichten zufolge am 14. Mai 2002 von der Polizei gefoltert worden, nachdem man ihn in Diyarbakir im Südosten der Türkei festgenommen hatte. Nachdem er seinen Anwälten über die Folterungen berichtet hatte, nahm ihn die Polizei erneut fest und drohte ihm, er käme nicht mehr zurück, wenn sie ihn beim nächsten Mal in Gewahrsam nähmen. amnesty international befürchtet deshalb, dass Salih Yilar in großer Gefahr ist, erneut gefoltert oder sogar getötet zu werden.

Salih Yilar wurde am 14. Mai 2002 in seiner Wohnung festgenommen und zur Antiterrorabteilung der Polizeizentrale von Diyarbakir gebracht. Er war zuvor bereits sechs Mal festgenommen worden, ohne gefoltert worden zu sein. Diesmal verband man ihm jedoch die Augen, verhörte ihn über seine Aktivitäten als Parteimitglied der HADEP und forderte ihn auf, als Informant tätig zu werden. Als er sich weigerte, eine Erklärung zu unterzeichnen, wurde er in einen angrenzenden Raum gebracht, wo man ihn folterte. Salih Yilar schilderte seinen Rechtsanwälten die Folterungen: "Sie setzten sich auf meine Schultern, eine andere Person versetzte mir Elektroschocks an den Zehen. Sie drückten Zigaretten auf meinen Wangen und meinem linken Knie aus. Als ich in einem anderen Raum gebracht wurde, kippten sie von hinten einen Eimer Wasser über mich. Dann verlor ich das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich im Krankenhaus von Diyarbakir."

Im Krankenhaus behandelten die Ärzte seine Verletzungen, darunter tiefe Schnittwunden am linken Arm, die ihm offenbar mit einer Rasierklinge zugefügt worden waren. Außerdem hatte Salih Yilar weitere Schnittwunden an Brust und Unterleib sowie eine Schwellung am Hinterkopf. Nachdem er wieder bei Bewusstsein war, aber immer noch im Krankenhaus lag, übte die Polizei Druck auf ihn aus, eine Erklärung zu unterschreiben. Die Polizisten erklärten, die Personen, die ihn angegriffen hatten, müssten betrunken gewesen sein, und wiederholten immer wieder, dass es sich bei den Tätern wohl um HADEP-Mitglieder gehandelt haben muss.

Die Polizei brachte Salih Yilar und seinen Bruder, der ihn besucht hatte, zu einer anderen Polizeiwache. Die Polizisten dort sollen jedoch gemerkt haben, dass Salih Yilar gefoltert worden war und weigerten sich, ihn als Gefangenen aufzunehmen. Daraufhin wurde er wieder zur Polizeizentrale zurückgebracht, wo man ihm mitteilte, dass er, falls er die Erklärung nicht unterschreibe, am folgenden Tag erneut in Gewahrsam genommen würde. Salih Yilar weigerte sich jedoch erneut, die Erklärung zu unterzeichnen, wurde aber auf freien Fuß gesetzt.

Später kamen Rechtsanwälte zu seiner Wohnung und nahmen die Aussage von Salih Yilar auf. Eine Viertelstunde, nachdem die Anwälte das Haus wieder verlassen hatten, traf die Polizei ein und nahm Salih Yilar und seinen Bruder erneut fest. Die Polizisten sollen damit gedroht haben, beim nächsten Mal die Brüder und ihre Anwälte in Haft zu nehmen, und "dann werdet ihr sehen, zu was wir fähig sind". Dann drängten sie Salih Yilar erneut, eine vorgefertigte Aussage zu unterschreiben und warnten ihn, dass er nach seiner nächsten Festnahme nicht mehr auftauchen werde. Danach wurden die Brüder wieder freigelassen.

Am 16. Mai 2002 begleiteten Salih Yilars Rechtsanwälte ihren Mandanten zur Staatsanwaltschaft, wo der anwesende Staatsanwalt sich jedoch weigerte, die Aussage über die Folterungen aufzunehmen. Es gibt Anlass zu Vermutungen, dass die Polizei Salih Yilar die Schnittwunden zufügte, um den Anschein zu erwecken, er habe einen Selbstmordversuch begangen, und um zu verschleiern, dass er gefoltert wurde.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die HADEP ist die Nachfolgeorganisation von zwei Parteien, die von den Behörden wegen Separatismus verboten worden waren. Obwohl die HADEP die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ablehnt, wird sie in einigen Kreisen als "politischer Arm" der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bezeichnet, einer bewaffneten Oppositionsgruppe, die inzwischen den Namen KADEK trägt. Die Behörden strengen derzeit Gerichtsverfahren an, um die HADEP verbieten zu lassen. Anfang des Monats wurde HADEP-Mitgliedern in Istanbul zur Last gelegt, die PKK zu unterstützen. Begründet wurde der Vorwurf damit, dass die Partei der Vorgabe der PKK folge, eine gewaltfreie Strategie des zivilen Ungehorsams anzunehmen.

In den vergangenen Monaten hat amnesty international zahlreiche Berichte über Festnahmen von HADEP-Mitgliedern sowohl in Diyarbakir als auch in anderen Orten erhalten (EXTRA 65/01, vom 17. September 2001; UA 280/01 vom 5. November 2001 und UA 57/02 vom 21. Februar 2002).

Auf türkischen Polizeiwachen wird offensichtlich regelmäßig gefoltert, um "Geständnisse" oder Informationen über illegale Organisationen zu erpressen, um die Gefangenen zu Spitzeldiensten für die Polizei zu bewegen oder als Strafe für die mutmaßliche Unterstützung einer verbotenen Organisation. Zu den häufigsten Foltermethoden gehört es, die Gefangenen auszuziehen und ihnen die Augen zu verbinden, sie mit einem eiskalten Hochdruckwasserstrahl abzuspritzen, sie an den auf dem Rücken zusammengebundenen Armen aufzuhängen, ihnen Elektroschocks zuzufügen, sie auf die Fußsohlen zu schlagen, ihr Leben zu bedrohen oder sie sexuell zu misshandeln.

EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie

Ihre Sorge um die Sicherheit von Salih Yilar zum Ausdruck bringen, der Berichten zufolge am 14. Mai 2002 festgenommen und in der Antiterrorabteilung der Polizeizentrale von Diyarbakir gefoltert worden ist;
die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass er nicht misshandelt oder gefoltert wird;
fordern, dass Salih Yilar umgehend die Möglichkeit erhält, wegen der Folterungen bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten, damit Ermittlungen diesbezüglich eingeleitet werden können;
die türkische Regierung an ihre Verpflichtung gemäß Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ("Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden") erinnern.
APPELLE AN:

Mr Rüstü Kazim Yücelen, Ministry of Interior, Içisleri Bakanligi, 06644 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI, (Innenminister - korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 90) 312 418 1795

Prof. Hikmet Sami Türk, Adalet Bakani, Adalet Bakanligi, 06659 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI
(Justizminister – korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 90) 312-418 5667; (00 90) 312-417 3954

Mr Cemil Serhadli, Diyarbakir Valisi, Valilikler, Diyarbakir, TÜRKEI
(Gouverneur von Diyarbakir – korrekte englische Anrede: Dear Governor)

Mr Atila Cinar, Diyarbakir Emniyet Müdürü, Diyarbakir Emniyet Müdürlügü, Diyarbakir, REPUBLIK TÜRKEI (Polizeichef von Diyarbakir – korrekte englische Anrede: Dear Chief of Police)

KOPIEN AN:

Nejat Arseven, Office of the Prime Minister, Basbakanlik, 06573 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI, (Minister und Beauftragter für Menschenrechtsfragen – korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 90) 312 417 0476

Kanzlei der Botschaft der Republik Türkei, Rungestr. 9, 10179 Berlin
(S. E. Herrn Osman Taney Korutürk)
Telefax: 030-2759 0915
E-Mail: turk.em.berlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Juni 2002 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

- expressing concern for the safety of Salih Yilar, who was detained on 14 May and reportedly tortured at the Anti-Terror Branch of Diyarbakýr Police Headquarters;

- urging the authorities to ensure that he is not tortured or ill-treated in custody;

- urging them to make sure he is allowed to make a statement of complaint to the Chief Prosecutor, so that the allegation that he was tortured can be investigated;

- reminding the authorities that Turkey is a state party to the European Convention on Human Rights, of which Article 3 states: "No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment."