Urgent Action UA-Nr:
UA-178/2002 FOLTER UND MISSHANDLUNG / SORGE UM SICHERHEIT Türkei:
Die beiden Frauen M.A. und K.B. waren am 30. Mai 2002 um 19 Uhr zur Polizeiwache des Stadtteils Izmir gegangen, um dort die Personalausweise von zwei Familienangehörigen abzugeben, die wegen Diebstahlverdachts festgenommen worden waren. Die Frauen hatten die fünfjährige E.A. mitgenommen. Mehrere Polizisten, darunter der Leiter des Dezernats Diebstahl und Betrug, traktierten Berichten zufolge die Frauen und das Mädchen mit Fausthieben und Tritten und schlugen mit Knüppeln auf sie ein. Die Polizisten sollen der Fünfjährigen so lange auf die Beine geschlagen haben, bis sie hinfiel. Laut Angaben der Frauen wurden sie von den Polizisten beschimpft und mussten sich hinhocken. Als sie nicht mehr in dieser Position verharren konnten, schlugen die Polizisten sie. Der Leiter der Abteilung Diebstahl und Betrug schleifte M.A. und K.B. über den Boden und zwang sie, seine Schuhe zu küssen. Er zog sie außerdem an den Haaren und schlug sie mit dem Kopf gegen die Wand. Dann soll er gedroht haben: "... wenn ihr euch bei der Staatsanwaltschaft beschwert, werde ich noch einmal dasselbe mit euch machen." Die beiden Frauen und das Mädchen wurden zwölf Stunden lang auf der Polizeiwache festgehalten, ohne dass man sie formell in Haft nahm. Man ließ sie weder zur Toilette gehen, noch bekamen sie etwas zu essen oder zu trinken. Am 31. Mai 2002 erstatteten die Frauen bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Polizisten, die sie misshandelt und gefoltert hatten. Der Staatsanwalt sagte zu, Untersuchungen einzuleiten, um die Täter zu ermitteln. Er schickte die Frauen und das Mädchen zu einer gerichtsmedizinischen Untersuchung, bei der Blutergüsse bei ihnen festgestellt wurden. Polizisten der Abteilung Diebstahl und Betrug sahen, wie die Frauen ihre Anzeige erstatteten, und bedrohten und schikanierten sie in dem Gerichtsgebäude, in dem sich das Büro der Staatsanwaltschaft befindet. Seitdem wird die Familie ständig bedroht. So erschienen am 1. Juni 2002 Polizisten bei ihnen zu Hause und bedrohten sie, um sie zu zwingen, ihre Anzeige zurückzuziehen. Am 6. Juni 2002 gingen auf dem Mobiltelefon von Abbas A., dem Ehemann von M.A. und Vater von E.A., Drohanrufe eines Mannes ein, der angab, im Polizeidezernat Diebstahl und Betrug zu arbeiten. Einer von ihnen war offenbar der Abteilungsleiter, der seinen Namen angab und Abbas A. drohte: "... entweder ziehst du die Anzeige zurück oder ich werde dich abholen lassen, und es wird eine außergerichtliche Hinrichtung vollzogen". Am selben Tag erschien einer der Polizisten, die zuvor angerufen hatten, bei Abbas A. und M.A. zu Hause und wollten sie sprechen. Auch am 10. Juni 2002 erschienen Polizisten am Haus der Familie. Der Staatsanwalt hat Berichten zufolge bislang keine Maßnahmen bezüglich der Drohungen eingeleitet. Abbas A. hat offenbar Angst, weiter als Straßenverkäufer zu arbeiten. Seine Ehefrau gab amnesty international gegenüber an: "Ich fürchte mich davor, nach Hause zu gehen und kann nichts für meine fünf Kinder kochen. Meine kleine Tochter hat Schlafstörungen, seitdem sie von den Polizisten geschlagen worden ist und zusehen musste, wie wir gefoltert wurden. Ich habe Angst, ins Krankenhaus zu gehen. Bitte helfen Sie mir." HINTERGRUNDINFORMATIONEN Rechtsanwälte und Menschenrechtsverteidiger in Izmir haben in jüngster Zeit zahlreiche Fälle dokumentiert von Misshandlungen und Folterungen dokumentiert. Die Opfer sind Straftatverdächtige oder Personen, die sich nicht von der Polizei demütigen lassen wollen bzw. wegen der erniedrigenden Behandlung durch die Polizei Beschwerde einlegen. Der Leiter des Polizeidezernats Diebstahl und Betrug soll persönlich an mehreren dieser Fälle beteiligt gewesen sein. Wenn die Opfer Anzeige erstatten, werden sie drangsaliert und bedroht, damit sie ihre Anzeigen wieder zurückziehen. Auf türkischen Polizeiwachen wird offensichtlich regelmäßig gefoltert, um "Geständnisse" oder Informationen über illegale Organisationen zu erpressen, um die Gefangenen zu Spitzeldiensten für die Polizei zu bewegen oder als Strafe für die mutmaßliche Unterstützung einer verbotenen Organisation. Zu den häufigsten Foltermethoden gehört es, die Gefangenen auszuziehen und ihnen die Augen zu verbinden, sie mit einem eiskalten Hochdruckwasserstrahl abzuspritzen, sie an den auf dem Rücken zusammengebundenen Armen aufzuhängen, ihnen Elektroschocks zuzufügen, sie auf die Fußsohlen zu schlagen, ihr Leben zu bedrohen oder sie sexuell zu misshandeln. EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie Ihre
Sorge um die Sicherheit von Abbas A. und seinen Familienangehörigen
zum Ausdruck bringen, die von Polizisten der Abteilung Diebstahl und
Betrug bedroht worden sind, nachdem sie am 31. Mai 2002 gegen Polizisten
wegen Folterungen Anzeige erstattet hatten; Mr
Rüstü Kazm Yücelen, Ministry of Interior, Icisleri Bakanligi,
06644 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI, (Innenminister) Herrn
Prof. Hikmet Sami Türk, Adalet Bakani, Adalet Bakanligi, 06659
Ankara, REPUBLIK TÜRKEI Izmir
Valiligi, Izmir, REPUBLIK TÜRKEI (Gouverneur von Izmir) Izmir
Emniyet Müdürü, Emniyet Müdürlügü,
Izmir, REPUBLIK TÜRKEI KOPIEN AN: Nejat
Arseven, Office of the Prime Minister, Basbakanlýk, 06573 Ankara,
REPUBLIK TÜRKEI Kanzlei
der Botschaft der Republik Türkei, Rungestr. 9, 10179 Berlin Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Juli 2002 keine Appelle mehr zu verschicken. RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language: - expressing concern for the safety of Abbas A. and his relatives, who have been threatened by officers from the Department of Theft and Fraud after they filed a formal complaint about torture by police on 31 May; - urging the authorities to ensure that none of them are tortured or ill-treated in custody, and that the threats and harassment are stopped immediately; - urging the authorities to open an immediate, comprehensive and independent investigation into the allegations of torture, threats and harassment, with the officers involved suspended from duty during investigation and dismissed from the service if convicted; - reminding the authorities that Turkey is a state party to the European Convention on Human Rights, of which Article 3 states: "No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment." |