Köln, 28.08.2002 Presseerklärung: Weltfriedenstag 1. September - Frieden ist möglich! Krieg ist die Fortführung von Politik mit anderen Mitteln, wenn man Clausewitz glauben mag. Daran hat sich auch seit der Deklaration des 1. Septembers zum Weltfriedenstag durch die UNO-Vollversammlung im Jahr 1981 wenig geändert. Auch im 21. Jahrhundert bilden Kriege und bewaffnete Konflikte einen festen Bestandteil in der internationalen Politik. Auch wenn die Welt nach den Ereignissen vom 11. September 2001 kriegerischer geworden zu sein scheint; ohne demokratische und zivile Lösungsansätze in innerstaatlichen, nationalen und internationalen Konflikten wird auf Dauer keine Stabilität und Sicherheit zu erreichen sein. Die Verrechtlichung von gesellschaftlichen Konflikten und ihrer möglichen Lösungen, eine Weiterentwicklung von internationalen Gremien, die sich auf präventive Konfliktbewältigung ausrichten, sind möglich geworden. Auch der türkisch-kurdische Konflikt ist in diesem Kontext zu sehen. Wer hätte nach Verschleppung von Abdullah Öcalan in die Türkei zu träumen gewagt, dass dies zu einem Wendepunkt in einem Konflikt werden würde, der Zehntausende von Menschenleben forderte und soviel Leid über Millionen gebracht hat? Entgegen der allgemeinen Erwartung, dass der völkerrechtswidrige Piratenakt zu einer Eskalation im türkisch-kurdischen Konflikt führen würde, setzte Abdullah Öcalan und die damalige PKK auf Deeskalation. Erst das Friedensangebot des Kurdenführers, die einseitige Beendigung des Krieges durch die PKK und der Rückzug ihrer bewaffneten Kräfte auf Territorien außerhalb der Türkei ermöglichten den zaghaften Demokratisierungsprozess, dessen Zeugen wir heute sind. In der Türkei ist dies gleichbedeutend mit einem Friedensprozess zu sehen. Jüngst wurde gar die Todesstrafe abgeschafft und den Kurden das Recht auf eigenen muttersprachlichen Unterricht zuerkannt, auch muttersprachliche Sendungen in Rundfunk und Fernsehen sollen nun möglich sein. Dies kommt einem Tabubruch gleich. Gerade hier ist ein Ansatz für weitergehende friedenspolitische Maßnahmen zu sehen, welche die Wunden eines schmutzigen Krieges zu heilen helfen könnten. So kann dies nur der Anfang auf einem steinigen Weg der gesellschaftlichen Aussöhnung sein. Der Hass zwischen den Konfliktparteien kann nur in einem langen Prozess des gegenseitigen Kennenlernens überwunden werden. Gerade hier kommt den vorgezogen Neuwahlen in der Türkei am 3. November eine strategische Bedeutung zu. Die kurdische Demokratiebewegung sieht hier erstmals die Chance, zu einer gestaltenden parlamentarischen Kraft zu werden und am demokratischen Wettstreit der Meinungen teilzunehmen. Der Verzicht auf ein Verbot der pro-kurdischen HADEP und eine Behinderung ihrer politischen Arbeit wäre eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme. Dies wird jedoch auch von der Haltung der Militärs abhängen, die nach wie vor hinter den Kulissen die Geschicke des Landes maßgeblich lenken. Die Türkei befindet sich an einem Scheideweg: Entweder begibt sie sich auf Weg eines tiefgreifenden demokratischen Prozesses, der die Türkei in ihren Grundfesten verändern wird, oder aber sie wird an ihren inneren Widersprüchen zerbrechen. Ein weiterer mörderischer Krieg wäre die Folge. Klar ist, dass der Türkei nur über den Ausgleich mit ihren kurdischen Bürgern eine Zukunft beschert ist. Die Bereitschaft zum gesellschaftlichen Dialog jedoch ist dafür eine Grundvoraussetzung. Daher drängt sich für die politischen Verantwortlichen der Türkei früher oder später der Dialog mit dem Freiheits- und Demokratie Kongress Kurdistans (KADEK) auf, da jeder Konflikt nur zwischen den beteiligten Parteien gelöst werden kann. Hilfreich wäre hier daher auch der Erlass einer Generalamnestie. Dies bedeutet auch langfristig eine Lösung im Fall Öcalan, ohne den ein Erfolg des Friedensprozesses nur schwer denkbar ist. Nach wie vor sind die Gegner eines Friedensprozesses stark. Deshalb braucht ein möglicher Frieden auch die Unterstützung Europas. Hier ist eine klare Haltung der politischen Verantwortlichen in der EU gefordert. Die Nennung eines Termins für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wäre wünschenswert, wenn auch momentan die Voraussetzungen nur zum Teil erfüllt sind. Die Lösung der kurdischen Frage ist möglich! Deshalb erfordert der Demokratisierungsprozess in der Türkei die Unterstützung der internationalen Öffentlichkeit. Dem Frieden eine Chance! Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan und der Türkei! |