Dialog-Kreis:
„Die Zeit ist reif für eine politische Lösung im Konflikt
zwischen Türken und Kurden“
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Der
Vorsitzende der AKP Tayyip Erdogan in Ankara: Verwirklichung der Menschenrechte
– drei Nationalismen bekämpfen
Menschenrechtsdelegation aus Deutschland überreichte ein Memorandum
für Versöhnungspolitik
Im
Gespräch mit der Menschenrechtsdelegation aus Deutschland in Ankara
sagte der Vorsitzende der Entwicklungs- und Gerechtigkeitspartei Erdogan
am 19.12. 2002, die Türkei werde unter der neuen Regierung strikt
an einem Kurs der Verwirklichung der Menschenrechte festhalten. Dabei
gelte es den regionalen, den ethnischen und den nationalen Nationalismus
zu überwinden. Man müsse die Menschen frei leben lassen. Bei
der Bewertung der Menschenrechte dürfe es keine doppelten Standards
geben.
Bei dem einstündigen Gespräch überreichte die deutsche
Delegation Herrn Erdogan ein Memorandum „Menschenrechte und Versöhnungspolitik
in der Türkei“. Im ihm werden Schritte für eine dauerhafte
Überwindung des türkisch-kurdischen Konflikts und auch ein friedenspolitisches
Projekt vorgeschlagen. Dieser Konflikt sei eine der wichtigsten Ursachen
für die schwierige Menschenrechtslage in der Türkei. Trotz der
sich jagenden Konferenzen über den drohenden Krieg mit dem Irak hatte
sich Erdogan ausreichend Zeit für das Gespräch über Menschenrechte
genommen.
Die deutsche Delegation führte auch Gespräch mit den Geschwisterorganisationen
in der Türkei Mazlum-Der und IHD. Diese beiden Menschenrechtsorganisationen
bewerteten die ersten Schritte der neuen Regierung in Sachen Menschenrechte
meist positiv. Man solle hierin die Regierung unterstützen. Sie beklagten
allerdings auch, dass weithin noch gefoltert werde, Menschenrechte und
Meinungsfreiheit vielfach nicht geachtet würden und ihre Arbeit gegenwärtig
noch durch etwa 300 Anzeigen durch die Staatsanwaltschaft erschwert würde.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung Mehmet Elkatmis versicherte
der Delegation seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Nicht-Regierungsorganisationen,
denen er eine große Bedeutung in seinem Arbeitsfeld zumaß.
Im Gespräch mit dem Justizminister Cemil Cicek stellte die Delegation
Fragen nach der Wiederzulassung der Studierenden, die wegen der Forderung
nach Unterricht in kurdischer Sprache von den Universitäten entfernt
worden waren; nach den Lösungsmöglichkeiten in der ‚Kopftuchfrage’,
den Haftbedingungen in den neuen F-Typ-Gefängnissen und nach einer
Amnestie für die politischen Gefangenen.
Die Delegation wurde auch von dem Fraktionsvorsitzenden der CHP, der einzigen
Oppositionspartei im Parlament, und dem früheren Minister für
Menschenrechte Algan Hacaloglu empfangen. Die CHP will die neue Regierung
in Bezug auf die Menschen- und Freiheitsrechte unterstützen. Sie
tritt für die Rückkehr der Vertriebenen Kurden in ihre Heimatorte
ein. Eine multi-kulturelle Türkei gelte es zu achten. Das Kurdenproblem
bezeichneten sie allerdings als „subkulturell“.
Alle meist sehr verständnisvoll geführten Gespräche waren
überschattet von der von den USA betriebenen Vorbereitung eines Krieges
gegen den Irak. Immer wieder wurde geäußert, wie sehr ein solcher
Krieg den Interessen der Türkei widerspräche und dass mit großen
materiellen aber auch menschenrechtlichen Schäden zu rechnen sei.
Dieses wurde auch besonders deutlich in den Gesprächen mit dem Vorsitzenden
und dem Generalsekretär der Gewerkschaft Hak-Is, Salim Uslu und H.
Ferudun Tankut. Sie versicherten der Delegation ihre Bereitschaft zu einer
friedenspolitischen und menschenrechtlichen Kooperation.
Der Delegation gehörten an Prof. Dr. Andreas Buro vom Komitee für
Grundrechte und Demokratie und Koordinator des Dialog-Kreises: „Die
Zeit ist reif für eine politische Lösung im Konflikt zwischen
Türken und Kurden“, Frau Dr. Gisela Penteker, Türkei-Beauftragte
der IPPNW-Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die
Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.,
Pater Wolfgang Jungheim von Pax Christi, Br. Jürgen Neitzert, Koordination
für Gerechtigkeit und Frieden der mitteleuropäischen Franziskanerprovinzen
und Vorsitzender des Internationalen Vereins für Frieden und Gerechtigkeit
– Pro Humanitate sowie Mehmet Dogan, Ex-Vorsitzender der ‚Organisation
für Würde und Rechte der Menschen‘.
V.i.S.d.P: Mehmet Sahin, Köln
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