Kurdinnen und Kurden sagen Nein zum Krieg !
Alle Zeichen stehen auf Krieg im Mittleren Osten. Bevor der Angriff
auf den Irak überhaupt begonnen hat, sind die Folgen über
die Grenzen des irakischen Staatsgebiets heraus bereits spürbar.
Überall auf der Welt sind die Menschen mehrheitlich gegen eine
Irak-Intervention eingestellt; am stärksten ist jedoch die
Ablehnung im Mittleren Osten zu spüren. So haben sich auch
in der Türkei und in Kurdistan in allen Städten Antikriegsbündnisse
gebildet. Täglich finden Protestaktionen von verschiedenen
zivil-gesellschaftlichen Organisationen und politischen Zusammenschlüssen
statt, auf denen gegen den Krieg, eine Beteiligung der Türkei
und die Abhängigkeit von den USA protestiert wird.
Kein Krieg – wir wollen Frieden und Demokratie !
Am stärksten betroffen von dem bevorstehenden Irak-Krieg werden
in der Türkei die kurdischen Gebiete sein. Hier liegen die
Luftstützpunkte, von denen die USA ihre Angriffe starten werden.
US-amerikanische Pläne beinhalten u.a. die Stationierung von
Soldaten in Kurdistan – ein Projekt, das schwere Folgen für
die Region haben wird. Schon jetzt befinden sich ca. 20 000 türkische
Soldaten auf irakischem Staatsgebiet (Südkurdistan). Damit
will sich die Türkei ihre Krumen von dem blutigen Kuchen sichern.
Sie folgt damit der Logik: Wir haben diesen Krieg nicht gewollt,
aber wenn es schon sein muss, dann wollen wir wenigstens davon profitieren.
Im Mittelpunkt der US-Interessen stehen Expansionsbestrebungen,
Ressourcen wie Öl und Wasser, Handelswege. Der Irak soll zum
Ausgangspunkt für einen Feldzug des von den USA angeführten
Systems im Mittleren Osten gemacht werden. Ziel dieses Feldzuges
mit Hauptquartier im Irak ist die Herrschaft über den Mittleren
Osten.
Die Kurdinnen und Kurden leiden seit Jahrhunderten unter den Verteilungskämpfen
fremder Kolonialmächte im Nahen Osten. Genauso lange gibt es
den kurdischen Widerstand gegen ihre Unterdrückung, gegen die
Ausbeutung ihrer Ressourcen und für Selbstbestimmung. Der derzeitige
Versuch der USA jedoch, opportunistische feudale kurdische Stammesführer
wie Talabani (PUK) und Barzani (KDP) für einen Krieg gegen
den Irak, für die Aufteilung des Iraks oder eine anderweitige
Verfestigung von Fremdherrschaft zu instrumentalisieren, schadet
vor allem der verarmten kurdischen Bevölkerung.
Die gegenwärtige Situation im Mittleren Osten stellt eine akute
Gefahr für die Menschen in den kurdischen Gebieten und die
kurdische Freiheits- und Demokratiebewegung dar. Im Schatten der
Invasion der USA und Großbritanniens droht die Gefahr, dass
die Türkei gegen die Kurdinnen und Kurden vorgeht, die Demokratiebestrebungen
zerschlägt und ihre geostrategischen Interessen im Irak durchsetzt.
Freiheit für Abdullah Öcalan !
Deutlich zeigt sich die Haltung der Machthabenden in der Türkei
auch im Vorgehen gegen die kurdische Demokratiebewegung und den
KADEK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan, der den sich entwickelnden
Friedensprozess in der Türkei überhaupt erst möglich
gemacht hat. Abdullah Öcalan befindet sich seit vier Jahren
als einziger Gefangener in Isolationshaft auf der Gefängnisinsel
Imrali. Seit Monaten werden allwöchentlich statt-findende Besuche
seiner Rechtsanwälte und seiner Familie mit fadenscheinigen
Begründungen verhindert. Seit Wochen ist jeder Kontakt abgerissen.
Die verstärkten Isolationshaftbedingungen haben in einer Zeit
eingesetzt, in der die Vorbereitungen einer Irak-Intervention abgeschlossen
werden. Sowohl in der Vorwahlzeit 2002 wie auch jetzt zum Thema
Irak- Intervention geht es im Kern der Sache darum, zu verhindern,
dass Abdullah Öcalan Einfluss ausübt. Die geplante
Intervention der USA gemeinsam mit ihren Verbündeten wird in
der ganzen Region neue Bedingungen schaffen. Um eine erfolgreiche
Entwicklung des demokratischen Befreiungsprozesses unter den aktuellem
Bedingungen zu verhindern, um sie zu vernichten, ist die Isolation
verschärft worden, damit Abdullah Öcalan nicht auf diese
Phase einwirken kann und richtungsweisende Perspektiven geben kann.
Für Frieden und Freiheit !
Die kurdische Befreiungsbewegung hat vor knapp vier Jahren den
bewaffneten Kampf eingestellt und damit nach einem 15-jährigen
Krieg einen Friedensprozess eingeleitet.
1998 verließ Abdullah Öcalan den Mittleren Osten, um
in Europa Verständnis für sein Friedensprojekt zu gewinnen.
Das Projekt des Guerillakampfes wurde für beendet erklärt
und durch ein Konzept der zivilen Aktion und des friedlichen Dialogs
ausgetauscht. Am 10. April 2002 fand dieser Prozess der Transformationen
der kurdischen Bewegung seinen ausdrücklichen Abschluss: die
8. Parteikonferenz der PKK beschloss die vollständige Auflösung
der Partei und die entschiedene Neugestaltung ihrer ausschließlich
auf Frieden und Demokratie gerichteten Arbeit unter dem Namen "Kongress
für Freiheit und Demokratie in Kurdistan" (KADEK). Erklärtes
Ziel der kurdischen Bewegung ist eine Demokratisierung des Mittleren
Ostens und der Türkei unter Wahrung der bestehenden Staatsgrenzen.
Trotz dieses Strategiewechsels, dessen Aufrichtigkeit in den letzten
vier Jahren zur Genüge bewiesen worden ist, sind die Bemühungen
einseitig geblieben. Der türkische Staat hat nie von seinem
Vernichtungswahn abgelassen. Den jüngsten Höhepunkt bildeten
dabei Militäroperationen der türkischen Armee in Kurdistan
im Januar, bei denen es zu mehreren Toten auf beiden Seiten kam.
In Kars im Grenzgebiet zum Iran fand einen Tag nach dem Besuch des
türkischen Ministerpräsidenten Gül in Teheran eine
Militäroperation der iranischen Armee statt, an der sich auch
türkische Offiziere beteiligten.
Das Zeichen des strategischen Wandels, nachhaltig, glaubwürdig
und beweiskräftig vollzogen, war ein Veto gegen den Krieg.
Es erklärte sich in der Hoffnung auf die Möglichkeiten
der gegenseitigen Verständigung, des Respekts und des Aufbaus
ziviler Gesellschaften durch Verhandlungen und die dialogischen
Chancen der Überwindung der Demokratiedefizite der Türkei
im Zuge der Anbindungsprozeduren an die Europäische Union.
Auf Frieden mit Krieg geantwortet
„Bei Betrachtung der unrechtlichen unmenschlichen Isolation
unseres Vorsitzenden und der beiden Angriffe auf unsere Guerillakräfte
wird die Haltung des türkischen Staates unseren seit vier Jahren
andauernden Friedensbemühungen gegenüber deutlich. Dies
bedeutet den Beginn eines neuen Konzeptes. Auf den Kampf für
Frieden und Demokratie wird mit Krieg geantwortet. Unsere Guerillakräfte,
die in Nordkurdistan in geringer Anzahl vorhanden sind, haben seit
drei Jahren keine Angriffe ausgeübt. Im Gegenteil haben sie
ihren Beitrag für die Entwicklung von Frieden und einer demokratischen
Lösung geleistet.“
aus einer Erklärung der HPG
Auch die im November 2002 neugewählten AKP-Regierung macht
deutlich, dass sie nicht auf Frieden und Demokratie setzt, sondern
stattdessen in Krieg investiert.
Die Militäroperationen sind Provokationen, mit denen die kurdische
Guerilla erneut in einen Krieg hineingezogen werden soll. Verantwortlich
für eine mögliche erneute bewaffnete Auseinandersetzung
zwischen der kurdischen Freiheitsbewegung und der türkischen
Armee ist der türkische Staat, der trotz der einseitigen kurdischen
Friedensbemühungen auf seiner Angriffsposition beharrt und
nicht den kleinsten Schritt für eine Lösung unternommen
hat.
Das kurdische Volk und die Freiheitsbewegung lehnen einen neuen
Krieg ab, doch gegen Angriffe werden sie sich verteidigen. Gegen
die Aggression setzten sie auch weiterhin den Weg des Friedens und
der Demokratie, mit dem Ziel einer demokratischen Föderation
für die Vielvölkerstaaten des Mittleren Ostens.
„Auch wenn die gesamte Welt sich gegen uns stellt, auch wenn
wir die Macht hätten, die gesamte Welt zu besiegen, werden
wir von unserer Linie des Friedens und der Demokratie nicht ablassen.“
( Abdullah Öcalan)
Es liegt an uns, diesen Krieg zu stoppen!
Kein Krieg gegen den Irak ! Kein Krieg in Kurdistan !
Kurdistan Initiative Lüneburg