YEK - KOM Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland e.V.

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Kurdinnen und Kurden gegen den Krieg


Der Krieg der USA, Großbritanniens und ihrer Verbündeter gegen den Irak hat begonnen. Bereits jetzt gibt es Hunderte von Toten und Verletzten, Hunderttausende sind auf der Flucht. Ein rasches Ende der blutigen Intervention ist nicht abzusehen, ebenso wenig sind die weiteren Folgen voraussehbar.

Die Irak-Intervention kennzeichnet den Beginn einer radikalen Veränderung im Weltsystem, die von den USA dominiert wird. Deutschland, Frankreich und Russland verweigern ihre Zustimmung, weil die neue Weltordnung ohne sie errichtet werden soll. Sie wollen ihre Position darin nicht von den USA und Großbritannien bestimmen lassen. Im Mittleren Osten gilt das gleiche: die Türkei handelt schwerfällig und die arabischen Verbündeten der USA sind unwillig, weil sie den Status Quo in der Region bewahren wollen und eine Neuordnung nicht ihren Interessen entspricht. Sie haben Bedenken, dass die USA den Irak zu ihrem militärischen, politischen und ökonomischen Hauptquartier für einen Feldzug durch den Mittleren Osten machen wollen.

Dabei geht es diesen Kräften nicht um Krieg oder Frieden, sondern um die Pläne der USA. Es geht nicht um Selbstbestimmungs- oder Völkerrecht, sondern um die eigene Stellung in der Aufteilung der Welt. Deutschland, Frankreich und Russland fordern einen gleichberechtigten Anteil; wenn die USA und Großbritannien sich darauf einlassen würden, wäre auch die Antikriegshaltung dieser Staaten hinfällig.

Auch die Türkei fordert, als strategische Partnerin der USA in der Neuordnung eine Rolle zu spielen. Um den Status Quo zu wahren, hat sie Bündnisse mit Syrien und Iran geschlossen, die das selbe Ziel verfolgen. Die Angst der Türkei gilt einer Stärkung der Kurden; die Verhandlungen mit den USA haben in dieser Hinsicht jedoch keine Garantie ergeben.

Die Proteste der weltweiten Friedensbewegung werden die USA nicht aufhalten können. Dennoch wird die Antikriegsbewegung von Deutschland, Frank-reich und Russland genutzt, um die Pläne der USA zu behindern. Das gleiche gilt für die Türkei. Hier wurde massiv versucht, die Friedensbewegung zu spalten. Die Proteste der Bevölkerung waren brauchbar, um den Preis bei den Verhandlungen mit den USA um Truppenstationierungen in die Höhe zu treiben; allerdings sollte sich dieser lediglich auf die Punkte USA und Irak beziehen und den Krieg im eigenen Land sowie die Lösung der kurdischen Frage aussparen.

Die Isolierung des KADEK-Vor-sitzenden Abdullah Öcalan von der Außenwelt dient der Isolierung der kurdischen Frage und darüber hi-naus der Isolierung des kurdischen Lösungsweges für den Mittleren Osten. Das Demokratie-Konzept, das Abdullah Öcalan entworfen hat, ist nicht auf Kurdistan begrenzt, sondern auf die gesamte Region zu-geschnitten. Es ist ein Konzept, das konträr zu dem der USA steht und aus dem Mittleren Osten heraus für die Völker im Mittleren Osten ent-wickelt wurde.

Als Kurdinnen und Kurden sind wir gegen diesen brutalen Krieg und das Vorgehen der USA. Auch wir streben eine Veränderung im Mittleren Osten an. Diese Veränderung kann jedoch nur über eine Demokratisierung der Gesellschaft und im Interesse der Menschen in der Region geschaffen werden. Für uns bedeutet der Kampf für Frieden, dass wir uns organisieren, um zu einer Kraft zu werden, die ihre Geschicke selber lenkt, anstatt wie die Türkei in Abhängigkeit von außen zu verharren.

Wir protestieren entschieden gegen Äußerungen aus Innenministerium und Verfassungsschutz, mit denen Kurdinnen und Kurden in Deutschland als potentielle Gewalttäter dargestellt werden, vor denen Deutschland geschützt werden müsse. Jahrzehntelang hat in Kurdistan ein brutaler Krieg geherrscht, der von der Bundesrepublik politisch und materiell unterstützt worden ist. Der Schritt zu Frieden und Dialog wurde von kurdischer Seite gesetzt und nicht von der Türkei. Eine Unterstützung aus Deutschland ist dabei nicht erfolgt. Im Gegenteil wurde insbesondere in Deutschland mit Verboten und Repression dazu beigetragen, die Türkei in ihrer klassischen Umgangsweise mit der kurdischen Frage zu ermutigen. Die kurdische Bevölkerung in Deutschland mit Al-Kaida-Anhängern und „islamistischen Selbstmordattentätern“ in eine Reihe zu stellen, ist billige Propaganda. Die Angst der Menschen in der Bundesrepublik vor einer ansteigenden Gewalt im Zuge der Irak-Intervention soll dabei ausgenutzt werden, um das eigene politische Versagen in der kurdischen Frage zu kaschieren.

Wir fordern die zuständigen Stellen in der Bundesregierung dazu auf, diese Diffamierungen zu unterlassen und die Angriffe auf die kurdische Bevölkerung unverzüglich zu einzustellen. Weiterhin fordern wir von der EU, gegen die Isolation Abdullah Öcalans sowie gegen die Menschenrechtsverletzungen in Kurdistan und der Türkei vorzugehen und eine demokratische Lösung der kurdischen Frage zu unterstützen.


YEK-KOM
26. März 2003