Berlin: Mi, 21.05.2003 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe KESKIN: TÜRKISCHES MILITÄR IST GROßES HINDERNIS AUF DEM WEG ZUR DEMOKRATIE Berlin:
(hib/RAB) Nach Überzeugung der türkischen Menschenrechtsaktivistin
und Anwältin Erin Keskin stellt das Militär in der Türkei
eines wesentliches Hindernis auf dem Weg zur Demokratie sowie für
die Entwicklung der Zivilgesellschaft des Landes dar. Im Menschenrechtsausschusses
erklärte Keskin am Mittwochnachmittag, die türkische Legislative
stehe ständig unter dem Druck der Militärs, da alle Gesetzentwürfe
vom nationalen Sicherheitsrat genehmigt werden müssen, bevor das
Parlament sie überhaupt behandeln darf. Die türkische Armee
habe eine weitaus stärkere Stellung als in anderen demokratischen
Ländern, da sie Handel betreibe, Banken und Versicherungen besitze
und insgesamt sehr viel Macht auf sich vereine. Problematisch sei auch,
dass die Verfassung von den Militärs verabschiedet worden sei,
so Keskin. Weiter erklärte die Menschenrechtsaktivistin, die gleichzeitig
Vorsitzende des türkischen Menschenrechtsvereins ist, 173 Frauen
hätten sich wegen geschlechtsspezifischer Folterungen zwecks Rechtshilfe
an den Verein gewandt. Nach dem türkischen Strafgesetzbuch sei
geschlechtsspezifische Folter wie zum Beispiel sexueller Missbrauch
aber unbekannt. Dagegen versuche der Menschenrechtsverein vorzugehen,
indem er die internationale Öffentlichkeit auf diese Missstände
hinweist. Dieses Anliegen sei nicht ungefährlich, da die Organisation
unter ständigem Druck stehe und mit Anschlägen und Übergriffen
rechnen müsse. Nach Überzeugung Keskins bekommt die Menschenrechtslage
in der Türkei im Zusammenhang mit dem Beitritt zur Europäischen
Union eine immer größere Bedeutung. Viele Gesetzesänderungen
seien nötig, um die Voraussetzungen für den Beitritt zu erfüllen.
Ein großes Problem sei die Rechtsstaatlichkeit; viele gesetzliche
Bestimmungen würden nicht vollzogen. Dies gelte beispielsweise
auch für die Folter. Die Rechtslage sei eindeutig, da Ankara die
Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben habe. Fortschritte
habe es bei der Todesstrafe gegeben, die weitgehend abgeschafft sei.
Keskin machte sich dafür stark, die Todesstrafe vollständig
abzuschaffen. Als weiteres Problem benannte die Menschenrechtsaktivistin
die Kurdenfrage. Leider sei bisher der Ausnahmezustand im Kurdengebiet
nur auf dem Papier abgeschafft worden. Entscheidend sei, ob die kurdische
Sprache in Wort und Schrift ausgeübt werden kann.
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