Sehr
geehrte Damen und Herren,
Als Freundinnen und Freunde der Demokratischen Volkspartei der Türkei
(DEHAP) senden wir Ihnen in der Anlage einen Modellbrief für eine
Briefkampagne an den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip
Erdogan. Mit der neuen Situation im Nahen Osten ist unweigerlich auch
die Türkei an eine Wegscheide gelangt, und die aktuellen Diskussionen
bezüglich eines Reuegesetz zeigen unseres Erachtens auf, dass die
Regierung mit einer klugen Politik erhebliche Fortschritte bezüglich
gesellschaftlich-politischer Aussöhnung und Demokratisierung erzielen
kann, durch unkluge Schritte aber auch empfindliche Rückschritte
verursachen kann.
Wir würden uns daher freuen, wenn Sie sich Zeit nehmen würden,
den Brief in der Anlage durchzulesen. Wir würden Sie bitten, entweder
einen eigenen Brief in dieser Sache aufzusetzen, der sich an Herrn Erdogan
richtet, oder gegebenenfalls den beigefügten Modellbrief mit Ihrer
Unterschrift an den türkischen Ministerpräsidenten schicken
würden (receptayyip.erdogan@basbakanlik.gov.tr). Sie können
ausserdem dabei helfen, die Kampagne erfolgreicher zu gestalten, indem
Sie dieses Anschreiben und den beiliegenden Brief an weitere Persönlichkeiten
in Ihrem Umfeld weiterleiten. Falls Sie sich dazu entschliessen können,
den Brief an Herrn Erdogan zu senden, schicken Sie bitte eine Kopie an
unsere Adresse (dehap@t-online.de).
Unabhängig davon stehen wir gern zur Verfügung, um Gespräche
mit Vertreterinnen und Vertretern der Demokratischen Volkspartei zu vermitteln.
Hochachtungsvoll,
Rifat GÜLER
Vorsitzender des
Vereins der Freundinnen und Freunde der DEHAP
Offener Brief
An den
Ministerpräsidenten der Türkei
Herrn Recep Tayyip Erdogan
Türkiye Cumhuriyeti Basbakanligi
Kizilay-Ankara
Türkei
e-mail: receptayyip.erdogan@basbakanlik.gov.tr
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Die Türkei strebt seit Jahren die Aufnahme in die EU an. Wir verfolgen
Ihre diesbezüglichen Bemühungen, die Ihrer Partei und die Ihrer
Regierung. Wir werden Sie auch weiterhin bei Ihren Bemühungen unterstützen,
die Bedingungen einer Mitgliedschaft in der EU zu schaffen, d. h. in Ihrem
Demokratisierungswillen und bei Ihren Demokratierungsschritten. Jedoch
glauben wir auch, dass in dieser Hinsicht fundiertere und bedeutungsvollere
Schritte eingeleitet werden müssen. Wir befürchten, dass die
weitere Verzögerung dieser Schritte ernsthafte Folgen nach sich ziehen
und den bisherigen Demokratisierungsprozess negativ beeinflussen könnte.
Daher erachten wir es als unsere demokratische Pflicht, diese Bedenken
unsererseits mit Ihnen zu teilen.
Bekanntlich wird die Türkei auch weiterhin mit dem nach dem Militärputsch
erlassenen Grundgesetz regiert, das zu einem repressiven und verbotsorientierten
politischen Regime geführt hat. Insbesondere die zwanzig Jahre andauernde
konfliktreiche Phase, die durch die Verleugnung der Kurden und das Verbot
ihrer Muttersprache entfacht wurde, trug erheblich zu dessen Konsolidierung
bei. Solche Verbote und Konflikte haben der Türkei große materielle
und immaterielle Verluste beigefügt.
Die Einstellung der Auseinandersetzungen seit 1999 ist eine große
Gelegenheit und bietet eine Grundlage zur Schaffung einer adäquaten
Atmosphäre für demokratische Lösungen der anstehenden Probleme.
Wir glauben, dass von dieser Situation Gebrauch gemacht werden muss und
die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Aufflammens der Auseinandersetzungen
aus der Welt geschafft werden sollte. Das ist durchaus im Rahmen des Möglichen.
Die Türkei ist stark genug dafür. Die Türkei muss all ihren
Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, einschließlich der
Kurden, vertrauen können. Die in der Türkei lebenden Kurden
haben ihre Forderung nach Frieden und Einheit in Freiheit im Rahmen einer
demokratischen Republik kundgetan. Wir möchten die Türkei als
einen Teil der zivilisierten Welt sehen. Denn dies ist, was ihr zusteht.
Wir sind der festen Überzeugung, dass alle Menschen, die in der Türkei
leben, dies auch verdient haben.
Die Welt ändert sich sehr schnell. Auch im Nahen Osten finden rapide
Entwicklungen und Veränderungsprozesse statt. Endlich haben oligarchische,
despotische Regimes und deren Maßnahmen keine Zukunft mehr. Die
Zukunft der Menschheit, des Friedens und der Freiheit liegt in der Demokratie.
Es ist offensichtlich, dass so eine demokratische Türkei erstarken
und all ihre Probleme besser lösen können wird. Eine längst
fällige Entspannung der Türkei sowie die Bewahrung ihres inneren
Friedens ist von ihrer demokratischen Entwicklung abhängig.
Dafür wiederum ist in erster Linie die Lösung der kurdischen
Frage und die Beseitigung der Spannungen und des noch schwelenden Konfliktpotentials
nötig.
Wir glauben, dass es nicht schwer ist, dies zu gewährleisten. Es
würde bereits ausreichen, eine klare Weichenstellung in diese Richtung
vorzunehmen. Die Umsetzung einschlägiger Rechtsnormen im Geiste der
Kopenhagener Kriterien wird die Überbrückung vieler Hürden
mit sich bringen. Außerdem wird die Anerkennung der sprachlichen,
kulturellen und identitätsbezogenen Rechte der Kurden die demokratische
Entwicklung rasch vorantreiben. Zunächst sollte für einen gesellschaftlichen
Frieden eine unterschiedslose Generalamnestie ausgerufen und für
die jenigen, deren Dörfer in Brand gesetzt oder entvölkert wurden,
die Rückkehr in diese Dörfer erlaubt und unterstützt werden.
Unserer Ansicht nach wird die Türkei mit diesen Maßnahmen sehr
schnell den ihr gebührenden Platz in der zivilisierten Welt einnehmen.
Wenn die Türkei sich von der Politik, die Kurden im Nahen Osten als
eine Gefahr für sich zu betrachten, abwendet und sich die demokratische
Einheit und Geschwisterlichkeit der Bevölkerungsgruppen zur Grundlage
nimmt, wird sie die siegende Seite sein und gar eine Führungsrolle
in der Entwicklung des demokratischen Systems im Nahen Osten übernehmen.
Wir erachten es in diesem Zusammenhang als sehr wichtig, dass zu allererst
und unverzüglich zur Vermeidung eines erneuten Aufflammens der bewaffneten
Auseinandersetzungen die Isolationshaft von Herrn Abdullah Öcalan,
der politischen Führungspersönlichkeit der Kurden, beendet und
eine Generalamnestie ausgerufen wird.
Wir werden jeden Schritt zur Demokratisierung unterstützen und erklären,
dass wir der Türkei in diesem Prozess beistehen werden. Einheit und
Geschwisterlichkeit machen zivilisierte Gesellschaften aus. Erlauben Sie
uns, noch einmal mit Nachdruck unseren Appell bezüglich der Demokratisierung
zu wiederholen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg in Ihrem Amt.
Hochachtungsvoll,
UNTERSCHRIFT:
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