DEHAP



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Köln, 10. Juni 2003


Sehr geehrte Damen und Herren,

Als Freundinnen und Freunde der Demokratischen Volkspartei der Türkei (DEHAP) senden wir Ihnen in der Anlage einen Modellbrief für eine Briefkampagne an den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Mit der neuen Situation im Nahen Osten ist unweigerlich auch die Türkei an eine Wegscheide gelangt, und die aktuellen Diskussionen bezüglich eines Reuegesetz zeigen unseres Erachtens auf, dass die Regierung mit einer klugen Politik erhebliche Fortschritte bezüglich gesellschaftlich-politischer Aussöhnung und Demokratisierung erzielen kann, durch unkluge Schritte aber auch empfindliche Rückschritte verursachen kann.

Wir würden uns daher freuen, wenn Sie sich Zeit nehmen würden, den Brief in der Anlage durchzulesen. Wir würden Sie bitten, entweder einen eigenen Brief in dieser Sache aufzusetzen, der sich an Herrn Erdogan richtet, oder gegebenenfalls den beigefügten Modellbrief mit Ihrer Unterschrift an den türkischen Ministerpräsidenten schicken würden (receptayyip.erdogan@basbakanlik.gov.tr). Sie können ausserdem dabei helfen, die Kampagne erfolgreicher zu gestalten, indem Sie dieses Anschreiben und den beiliegenden Brief an weitere Persönlichkeiten in Ihrem Umfeld weiterleiten. Falls Sie sich dazu entschliessen können, den Brief an Herrn Erdogan zu senden, schicken Sie bitte eine Kopie an unsere Adresse (dehap@t-online.de).

Unabhängig davon stehen wir gern zur Verfügung, um Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Demokratischen Volkspartei zu vermitteln.

Hochachtungsvoll,

Rifat GÜLER
Vorsitzender des
Vereins der Freundinnen und Freunde der DEHAP

 

 

Offener Brief


An den
Ministerpräsidenten der Türkei
Herrn Recep Tayyip Erdogan
Türkiye Cumhuriyeti Basbakanligi
Kizilay-Ankara
Türkei
e-mail: receptayyip.erdogan@basbakanlik.gov.tr


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Die Türkei strebt seit Jahren die Aufnahme in die EU an. Wir verfolgen Ihre diesbezüglichen Bemühungen, die Ihrer Partei und die Ihrer Regierung. Wir werden Sie auch weiterhin bei Ihren Bemühungen unterstützen, die Bedingungen einer Mitgliedschaft in der EU zu schaffen, d. h. in Ihrem Demokratisierungswillen und bei Ihren Demokratierungsschritten. Jedoch glauben wir auch, dass in dieser Hinsicht fundiertere und bedeutungsvollere Schritte eingeleitet werden müssen. Wir befürchten, dass die weitere Verzögerung dieser Schritte ernsthafte Folgen nach sich ziehen und den bisherigen Demokratisierungsprozess negativ beeinflussen könnte. Daher erachten wir es als unsere demokratische Pflicht, diese Bedenken unsererseits mit Ihnen zu teilen.

Bekanntlich wird die Türkei auch weiterhin mit dem nach dem Militärputsch erlassenen Grundgesetz regiert, das zu einem repressiven und verbotsorientierten politischen Regime geführt hat. Insbesondere die zwanzig Jahre andauernde konfliktreiche Phase, die durch die Verleugnung der Kurden und das Verbot ihrer Muttersprache entfacht wurde, trug erheblich zu dessen Konsolidierung bei. Solche Verbote und Konflikte haben der Türkei große materielle und immaterielle Verluste beigefügt.

Die Einstellung der Auseinandersetzungen seit 1999 ist eine große Gelegenheit und bietet eine Grundlage zur Schaffung einer adäquaten Atmosphäre für demokratische Lösungen der anstehenden Probleme. Wir glauben, dass von dieser Situation Gebrauch gemacht werden muss und die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Aufflammens der Auseinandersetzungen aus der Welt geschafft werden sollte. Das ist durchaus im Rahmen des Möglichen. Die Türkei ist stark genug dafür. Die Türkei muss all ihren Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, einschließlich der Kurden, vertrauen können. Die in der Türkei lebenden Kurden haben ihre Forderung nach Frieden und Einheit in Freiheit im Rahmen einer demokratischen Republik kundgetan. Wir möchten die Türkei als einen Teil der zivilisierten Welt sehen. Denn dies ist, was ihr zusteht. Wir sind der festen Überzeugung, dass alle Menschen, die in der Türkei leben, dies auch verdient haben.

Die Welt ändert sich sehr schnell. Auch im Nahen Osten finden rapide Entwicklungen und Veränderungsprozesse statt. Endlich haben oligarchische, despotische Regimes und deren Maßnahmen keine Zukunft mehr. Die Zukunft der Menschheit, des Friedens und der Freiheit liegt in der Demokratie. Es ist offensichtlich, dass so eine demokratische Türkei erstarken und all ihre Probleme besser lösen können wird. Eine längst fällige Entspannung der Türkei sowie die Bewahrung ihres inneren Friedens ist von ihrer demokratischen Entwicklung abhängig.

Dafür wiederum ist in erster Linie die Lösung der kurdischen Frage und die Beseitigung der Spannungen und des noch schwelenden Konfliktpotentials nötig.

Wir glauben, dass es nicht schwer ist, dies zu gewährleisten. Es würde bereits ausreichen, eine klare Weichenstellung in diese Richtung vorzunehmen. Die Umsetzung einschlägiger Rechtsnormen im Geiste der Kopenhagener Kriterien wird die Überbrückung vieler Hürden mit sich bringen. Außerdem wird die Anerkennung der sprachlichen, kulturellen und identitätsbezogenen Rechte der Kurden die demokratische Entwicklung rasch vorantreiben. Zunächst sollte für einen gesellschaftlichen Frieden eine unterschiedslose Generalamnestie ausgerufen und für die jenigen, deren Dörfer in Brand gesetzt oder entvölkert wurden, die Rückkehr in diese Dörfer erlaubt und unterstützt werden.

Unserer Ansicht nach wird die Türkei mit diesen Maßnahmen sehr schnell den ihr gebührenden Platz in der zivilisierten Welt einnehmen. Wenn die Türkei sich von der Politik, die Kurden im Nahen Osten als eine Gefahr für sich zu betrachten, abwendet und sich die demokratische Einheit und Geschwisterlichkeit der Bevölkerungsgruppen zur Grundlage nimmt, wird sie die siegende Seite sein und gar eine Führungsrolle in der Entwicklung des demokratischen Systems im Nahen Osten übernehmen.

Wir erachten es in diesem Zusammenhang als sehr wichtig, dass zu allererst und unverzüglich zur Vermeidung eines erneuten Aufflammens der bewaffneten Auseinandersetzungen die Isolationshaft von Herrn Abdullah Öcalan, der politischen Führungspersönlichkeit der Kurden, beendet und eine Generalamnestie ausgerufen wird.

Wir werden jeden Schritt zur Demokratisierung unterstützen und erklären, dass wir der Türkei in diesem Prozess beistehen werden. Einheit und Geschwisterlichkeit machen zivilisierte Gesellschaften aus. Erlauben Sie uns, noch einmal mit Nachdruck unseren Appell bezüglich der Demokratisierung zu wiederholen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg in Ihrem Amt.

Hochachtungsvoll,


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