8.
September 2003
Prozesseröffnung
gegen den kurdischen Politiker Ali Zoroglu
Vor
dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg beginnt am 9. September
der Prozess gegen den kurdischen Politiker Ali Zoroglu.
Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft ihm vor, sich seit Jahren als
Mitglied und „langjähriger Kader“ der in Deutschland
als „kriminelle Vereinigung“ (§ 129 StGB) eingestuften
Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, betätigt zu haben. Laut BAW
habe er im Januar 1998 die Leitung der Deutschland-Region Nordwest
übernommen und die Besetzung der SPD-Landesgeschäftsstelle
in Hamburg am 17.
Februar 1999 organisiert.
Seit seiner Festnahme am 6. Dezember 2002 in Bonn befindet sich
Ali Zoroglu in Untersuchungshaft in der JVA Hamburg-Holstenglacis.
Am
15. Februar 1999 wurde der damalige PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan
durch eine internationale Geheimdienstoperation aus Kenia in die
Türkei verschleppt. Europa hatte sich zuvor geweigert, mit
Öcalan in einen Dialog zu treten über sein Projekt zur
friedlichen und politischen Lösung der kurdischen Frage.
Kurdinnen und Kurden waren insbesondere über die Haltung
der deutschen Politik empört: Bundeskanzler Schröder
hatte noch im Oktober 1998 während des Aufenthaltes von Abdullah
Öcalan in Rom angekündigt, sich für eine umfassende
internationale Kurdistan-Konferenz einzusetzen – ein leeres
Versprechen.
Aus Protest gegen die Verschleppung des PKK-Vorsitzenden und die
Ignoranz der internationalen Staatengemeinschaft gegenüber
den Lösungsbemühungen der kurdischen Bewegung, kam es
weltweit zu Protesten. So auch in zahlreichen deutschen Städten.
In Hamburg besetzte eine Gruppe kurdischer Jugendliche am 17.
Februar 1999 das Kurt-Schumacher-Haus, um Forderungen an die
Bundesregierung zu stellen.
Trotz
des vor 4 Jahren ausgerufenen einseitigen Waffenstillstands der
PKK, der Entwicklung eines umfassenden Friedensprojektes, der
Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans im Frühjahr
2002 und der Gründung des „Kongresses für Demokratie
und Freiheit in Kurdistan“ (KADEK), hält Deutschland
an seiner Verbotspolitik fest. Die Verfolgungspraxis der Behörden
gegenüber
kurdischen Politikern und Aktivitäten - in erster Linie des
Bundeskriminalamtes und der Bundesanwaltschaft – wird unvermindert
fortgesetzt. Diese konfrontative und wenig lösungsorientierte
Haltung der politisch Verantwortlichen in Deutschland ist ein
Armutszeugnis.
Vor
10 Jahren wurde das PKK-Verbot vom damaligen Innenminister Kanther
erlassen. Es ist höchste Zeit, dieses Unrecht zu beseitigen
und das Verbot aufzuheben.
Der
Prozess beginnt am 9. September 2003, um 9.30 in Saal 288 im
Justizgebäude, Sievekingplatz 3 in Hamburg.