Kurdischer
Politiker zu hoher Haftstrafe verurteilt
Heute wurde das Urteil
gegen den kurdischen Politiker Ali Z. vor dem Oberlandesgericht
Hamburg (OLG) gesprochen. Wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen
Vereinigung sowie Anstiftung zu schwerem Haus- und Landfriedensbruchs
wurde Herr Z. zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Nach drei Monaten Prozessdauer
fand heute die Urteilsverkündung gegen Ali Z. statt. Seine
Verteidiger, Rainer Ahues und Hans Jürgen Schneider forderten
in der letzten Woche einen Freispruch für ihren Mandanten.
Ali Z. nahm in dem Prozess immer wieder Stellung und erklärte
die Situation in Kurdistan und ging vor allem auch auf die Beteiligung
der deutschen Bundesregierung an dem schmutzigen Krieg gegen die
kurdische Bevölkerung ausführlich ein. In seiner Abschlußerklärung
in der letzten Woche sagte er zu dem seit 10 Jahren bestehenden
PKK-Verbot: (...) Damit wird die Arbeit d.h. die Praxis des schuldigen
... türkischen Staates erleichtert. Die Politik der Bundesrepublik
Deutschland in der nahen Vergangenheit gegenüber der kurdischen
Wirklichkeit zielte nicht auf die Lösung des Problems, sondern
sie zielte darauf, die Kurden – ohne Identität, ohne
Freiheit, ohne rechtliche Stellung und ohne Menschenrechte –
für die bekannten deutschen ökonomischen Interessen in
der Region zu opfern. (..)“
Die Anklage gegen Ali
Z. stützte sich auf drei Punkte: die sogenannte „heimatgerichteten
Aktivitäten“, womit das Beschaffen von Ausweispapieren
für Menschen, die von Kurdistan nach Deutschland fliehen müssen,
gemeint ist. Ali Z. hatte während des Prozesses eingeräumt,
aus humanitären Gründen Papiere besorgt zu haben, der
Senat sah darin eine Beteiligung an „Schleusen von Kadern“.
In einem vor Gericht aufgeführten Fall gab es den Beleg, dass
Ali Z. gebeten worden war, Papiere für zwei Frauen und ein
Kind zu beschaffen.
Im zweiten Punkt handelt
es sich um angebliche Strafgewalt, die von der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen
angewandt worden sein soll. Das Gericht fand jedoch keinerlei Beweise
solche Anwendung von Gewalt durch Herrn Z..
Der Hauptanklagepunkt
in diesem Verfahren waren sogenannte „demonstrative Aktionen“.
Ali Z. hatte selbst während des Verfahrens eingeräumt,
Regionalverantwortlicher für die ERNK (nationale Befreiungsfront
Kurdistans) für Hamburg und Umgebung über den Zeitraum
von einem Jahr gewesen zu sein. Wegen der Spätfolgen seiner
15jährigen Haft und schwerer Folter in der Türkei sei
er jedoch leider kaum in der Lage gewesen, diese Aufgabe zu seiner
Zufriedenheit umzusetzen. In die Zeit seiner Tätigkeit in Hamburg
war am 17. Februar 1999 im Zusammenhang mit der völkerrechtswidrigen
Verschleppung Abdullah Öcalan die Geschäftsstelle der
SPD besetzt worden. Das Gericht schloß aus der Tatsache, dass
Herr Z. verantwortlich für die Region Nordwest gewesen war,
dass er auch verantwortlich für die Besetzung gewesen sei.
Die Anklage wegen Geiselnahme des Kreisgeschäftsführers
Dirk Sielmann sah der Senat jedoch nicht.
Die Verurteilung von
zwei Jahren und sechs Monaten beruht also im wesentlichen auf der
Konstruktion einen „kriminellen Vereinigung“, §129
Strafgesetzbuch, nach der Ali Z. als „Funktionär“
der PKK automatisch „Mitglied einer verselbständigten
Teilorganisation“, die zu dem Zweck gegründet werden
sein soll, Straftaten zu begehen. Gerade dies hatten die Anwälte
in ihrem Plädoyer letzte Woche energisch widerlegt. Die „kriminelle
Organisation demonstrative Aktionen“ würde überhaupt
nicht existieren und ganz sicher nicht als von der PKK völlig
unabhängige Organisation, die nur den Zweck habe Straftaten
zu begehen.
Der Vorsitzende Richter
Ernst-Rainer Schudt betonte, dass er „erschüttert“
sei über die Situation in Kurdistan, und dass man den Krieg
dort als Vernichtungskrieg gegen die Kurden bezeichnen könne.
Herr Z. habe sich dem Gericht als Mensch gezeigt, der sich für
sein Volk und die Freiheit einsetze und gegen Gewalt sei. Man sei
daher deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft: drei
Jahre, neun Monate geblieben. Dennoch wurde er ein Jahr nach seiner
Festnahme zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
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