AZADI RECHTSHILFEFONDS
            für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

18. März 2004

Soll die kurdische Bewegung rechtlos bleiben? Zum Tag der politischen Gefangenen

Noch immer verbüßen kurdische Aktivist(inn)en in deutschen Gefängnissen jahrelange Haftstrafen. In den Urteilen werden ihnen seit 1998 fast ausnahmslos Verstöße gegen §129 StGB (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung) vorgeworfen.
Wenn es die Absicht des Innenministers war, die kurdische Demokratiebewegung mit dem §129 im öffentlichen Bewusstsein auf die Stufe eines Drogenkartells oder Menschenhändlerringes zu stellen, dann scheint dieses Kalkül aufgegangen zu sein.
Auch die Verfolgungsmethoden gegen die kurdische Bewegung gleichen immer mehr den sonst nur gegen Drogen- und Menschenhändlerringe angewandten: umfassende Telefonüberwachung und Versuche, Spitzel, Provokateure und Kronzeugen anzuwerben, gehören zur Normalität.
Der §129 gestattet die Bestrafung auch ohne konkrete Tatvorwürfe, allein wegen der Zugehörigkeit zu einer von den Verfolgungsbehörden als kriminell eingestuften Organisation, wovon durch die Oberlandesgerichte noch heute extensiv Gebrauch gemacht wird.
Zusätzlich müssen die wegen Landfriedensbruchs Verurteilten häufig auch noch für die Kosten des Polizeieinsatzes bzw. für Telefon-Abhörmaßnahmen aufkommen, in Einzelfällen teilweise über 100.000 Euro betragen. Trotz der Auflösung der PKK und der Neugründung des der inneren und äußeren Demokratisierung verschriebenen Kurdischen Volkskongresses (KONGRA-GEL) wird dieser durch Innenminister Schily als illegale Nachfolgeorganisation eingestuft, bleibt der rechtlose Status der kurdischen Bewegung in Deutschland erhalten und kann die Repression je nach innen- oder außenpolitischer Konstellation willkürlich verstärkt oder abgeschwächt werden.
Die Demokratisierung der kurdischen Gesellschaft und ihrer Bewegung geschieht jedoch aus sich selbst heraus und ist tief in dieser verwurzelt. Sie hat eine eigene Dynamik und folgt eigenen Zielen, die nicht immer ins Konzept deutscher Interessenspolitik passen oder sich ihr gar unterordnen lassen.
Deshalb sind die Aufhebung des PKK-Verbots, ein Ende der Kriminalisierung sowie eine freie und legale politische Betätigung von Kurdinnen und Kurden nach wie vor Forderungen auch im Interesse der linken und demokratischen Öffentlichkeit, und sollten von ihr unterstützt werden. Die vollständige Erklärung finden Sie unter: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azadi/presse/2004/03/05.htm

(Der Internationale Tag der politischen Gefangenen wurde erstmals am 18. März 1923 ausgerufen. Auf diese Weise sollte das Bewusstsein für die Lage der Gefangenen erzeugt und die Solidarität mit ihnen weltweit verankert werden. 1933 wurde dieser Tag von den Nazis verboten. Seit 1996 wird der 18. März in Deutschland wieder als Tag der Solidarität mit den politischen Gefangenen propagiert.)


 
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