Kurdish Centre for Human Rights
Centre Kurde des Droits de l'Homme
Kurdisches Menschenrechtszentrum


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Presseerklärung

Genf, 21.04. 2004


Ein juristischer und politischer Skandal seit 1994: Das DEP-Verfahren

Im Wiederaufnahmeverfahren wurde die 15jährige Haftstrafe bestätigt


Heute hat das Staatssicherheitsgericht Ankara im Wiederaufnahmeverfahren der DEP-Abgeordneten sein Urteil gefällt. Die Richter bestätigten die 15jährige Gefängnisstrafe aus dem Jahre 1994.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte eine ungerechte Verurteilung im DEP-Verfahren festgestellt und die Türkei zur Wiederaufnahme des Verfahrens aufgefordert. Die Wiederaufnahme hatte sowohl in der Türkei als auch weltweit zu Erwartungen geführt. Das Verfahren wurde weltweit mit Aufmerksamkeit verfolgt, denn der Ablauf dieses Verfahrens und das Urteil wirkt sich nicht nur auf die Freiheit von vier Personen, sondern auf die Freiheit eines ganzen Volkes – des kurdischen Volkes – aus. Das Urteil ist daher ein Spiegelbild der politischen Haltung der Türkei gegenüber der kurdischen Frage und gegenüber der Demokratisierung.

Die ehem. DEP-Abgeordenten Leyla Zana, Hatip Dicle, Orhan Dogan und Selim Sadak wurden im Jahre 1994, in einer Zeit, in der die Türkei gegen das kurdische Volk einen totalen Krieg erklärt hatte und mit aller Entschlossenheit die kurdische Freiheitsbewegung zu liquidieren versuchte, zu 15 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Obwohl seit 1994 auf der gesamten Welt wichtige Umbrüche stattgefunden haben und die kurdische Bewegung sehr wichtige Schritten zur Lösung der kurdischen Frage unternommen hat, hat sich in der Türkei, wie das Urteil erkennen läßt, kaum etwas verändert.

In den letzten Jahren geniesst die Türkei aufgrund der EU-Anpassungsgesetzte viel Lob in der internationalen Arena und wird sehr sensibel behandelt. Man kann nur dann von wichtigen positiven Veränderungen in der Türkei sprechen, wenn die ausweglose Haltung der Türkei in der kurdischen Frage ignoriert wird. Trotzt der Mahnungen des kurdischen Volkes und demokratischer Menschenrechtsorganisationen wird die Gefahr noch immer nicht erkannt. Die AKP kam an die Macht, weil sie garantiert hatte, an der bisherigen Verleugnungspolitik gegenüber den Kurden festzuhalten. Auf dieser Haltung beharrt sie, wie auch der folgenden Äusserung des Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan zu entnehmen ist: „Wenn du gar nicht an die kurdische Frage denkst, dann gibt es die kurdische Frage auch nicht“.
Das DEP-Verfahren ist das Resultat der ungelösten und geleugneten kurdischen Frage. Im DEP-Wiederaufnahmeverfahren ein anderes Urteil zu erwarten, ohne dass die kurdische Frage gelöst wäre bzw. ohne eine Haltung an den Tag zu legen, die eine Lösung ermöglichte, ist illusorisch.

Diese Realität sollten vor allem die EU und die europäischen Länder erkennen. Die EU hat bei jeder Gelegenheit von den türkischen Regierungsvertretern die Freilassung der DEP-Abgeordneten gefordert, ohne ernsthaft eine Initiative zur Lösung der kurdischen Frage ergriffen zu haben. Die Freiheit von Leyla Zana losgelöst von der Frage der Freiheit des kurdischen Volkes zu fordern wird, wie auch an dem Urteil zu sehen ist, zu keinem positiven Ergebnis führen. Es wird nur dazu dienen, in erste Linie sich selbst, dann aber viel mehr das kurdische Volk zu belügen. Die EU muss sich vorwerfen lassen, dass sie mit der Aufnahme des Volkskongresses Kurdistans (KONGRA-GEL) in die Liste der terroristischen Organisationen einen Beitrag zu diesem Urteil geleistet hat. Anlässlich dieses rechtswidrigen, undemokratischen Urteils gegen die DEP-Abgeordneten rufen wird die EU erneut zur Überprüfung ihres jüngsten Beschlusses (bezüglich des KONGRA-GEL) und zu ernsthaften Initiativen in der kurdischen Frage auf. Nur so kann ein Beitrag zur Freiheit von Leyla Zana und ihren Freunden geleistet werden.