Freiheit
für Nuriye Kesbir – keine Auslieferung in die Türkei
Kurdische
yezidische Politikerin und Mitglied des Exekutivrates des KONGRA-GEL
soll in die Türkei ausgeliefert werden
Nuriye
Kesbir ist Mitglied des Exekutivrates des Volkskongresses Kurdistans
– KONGRA-GEL und seit vielen Jahren aktiv in dem Bemühen
um eine politische Lösung der kurdischen Frage und vor allem
in der Organisierung der kurdischen Frauen.
Nuriye Kesbir kam im September 2001 in die Niederlande und beantragte
politisches Asyl. Doch schon am Flughafen wurde sie festgenommen.
Die Türkei forderte ihre Auslieferung, ihr Antrag in den Niederlanden
auf Asyl wurde abgelehnt. Von September 2001 bis Dezember 2002 saß
Nuriye Kesbir in Zwolle/Holland in Haft. Ihr wurden verschiedene
militärische Aktionen im Rahmen der PKK zur Last gelegt, an
denen sie in führender Position beteiligt gewesen sein soll.
Nuriye Kesbir bestritt die Vorwürfe und erklärte im Rahmen
der kurdischen Bewegung vor allem für die Organisierung der
Frauen zuständig gewesen zu sein. Am 10. Dezember 2002 erklärte
der zuständige Richter zunächst: „Das Gericht hat
festgestellt, dass die Beschuldigungen gegen Kesbir durch den türkischen
Staat haltlos sind. Die Mitgliedschaft Kesbirs in der PKK stellt
in Holland keinen Strafbestand dar, weil die PKK in Holland keine
verbotene politische Organisation ist. Die politischen Aktivitäten
Kesbirs stellen in Holland ebenfalls keinen Strafbestand dar.“
Der Haftbefehl wurde am 17. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Türkei erhob Einspruch und lieferte angebliche neue Belege
für die Aktivitäten Kesbirs. Die Vorwürfe der Türkei
beruhen in erster Linie auf den Aussagen Semdin Sakiks, eines ehemaligen
PKK-Kommandanten, der sich in türkischer Haft befindet und
sich als Kronzeuge zur Verfügung stellte. Sakik ist für
eine Reihe von Vorfällen verantwortlich, die von der PKK selbst
als Verbrechen eingestuft worden sind, darunter der Mord an 33 unbewaffneten
türkischen Soldaten im Jahr 1993, womit gleichzeitig eigenmächtig
der von der PKK einseitig ausgerufene Waffenstillstand gebrochen
und ein Frieden in Kurdistan erneut in weite Ferne gerückt
wurde.
Damit ihr Verfahren in ihrer Auslieferungsangelegenheit endlich
ein Ende findet, ging Nuriye Kesbir trotz der Gefahr einer erneuten
Festnahme zu der Gerichtsverhandlung am 5. März 2004, auf der
über ihre Auslieferung entschieden werden sollte. Vor dem Gerichtsgebäude
wurde sie erneut festgenommen und befindet sich seitdem in Haft
in Breda.
Am 7. Mai wurde vor dem Kassationsgericht in Den Haag entschieden,
dass dem Antrag der Türkei stattgegeben wird und Nuriye Kesbir
in die Türkei ausgeliefert werden kann. Begründet wurde
die Verurteilung mit der angeblichen Teilnahme Kesbirs an „25
PKK-Anschlägen zwischen 1993 und 1995 gegen militärische
Ziele im Osten des Landes“. Mit der jetzigen Entscheidung
verband der Oberste Gerichtshof die Empfehlung an Justizminister
Donner, sich in Ankara um Garantien für ein faires Verfahren
gegen Kesbir zu bemühen. Nuriye Kesbir trat aus Protest gegen
die Entscheidung sofort in den Hungerstreik.
Zahlreiche kurdische Organisationen, darunter der KONGRA-GEL, die
Föderation der Demokratischen Alewiten, das kurdische Frauenbüro
für Frieden und das yezidische Kulturzentrum protestierten
gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Holland. Die
Entscheidung wird im Zusammenhang mit der Entscheidung der Europäischen
Union bewertet den KONGRA GEL auf die Liste der terroristischen
Organisationen zu setzen. Die kurdischen Organisationen weisen auf
die unzähligen Fälle von Folter und sexuellen Übergriffen
gegen Gefangene hin, die auch in zahlreichen Urteilen des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes dokumentiert sind. Auch wenn Nuriye
Kesbir der Todesstrafe entgeht, so sind ihr Folter und lebenslange
Haft sicher. Als einer Frau, die sich mit der Unterdrückung
nicht abfindet und als Yezidin, die in der Türkei doppelt verfolgt
werden, ist der Hass ihrer künftigen Verfolger voraussehbar.
Es gibt keine Garantien für ein faires Verfahren in der Türkei.
Eine Auslieferung Nuriye Kesbirs in die Türkei bedeutet die
Türkei in ihrer Logik der Vernichtung, Verleugnung und Vertreibung
der Kurden zu bestärken statt den kurdischen Bemühungen
um eine politische und demokratische Lösung Rechnung zu tragen.
Wir fordern die sofortige Freilassung Nuriye Kesbirs und ihre Anerkennung
als Asylberechtigte.
Wir rufen alle auf gegen diese Entscheidung beim holländischen
Justizminister zu protestieren:
Jan
Piet Hein Donner (Justizminister)
Justizministerium
Postbus 20301
2500 EH Den Haag
Tel: 0031 – 70 - 3 70 7911
Fax: 0031 - 70 - 370 79 37
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