Dialog-Kreis:
"Die Zeit ist reif für eine politische Lösung im Konflikt
zwischen Türken und Kurden"
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1.
Juni 2004
Pressemitteilung
Das
Fenster für den Frieden offen halten!
Erneut
wächst Gewalt im türkisch-kurdischen Konflikt. Die PKK-Guerilla
hat gerade ihren etwa 5-jährigen einseitigen Waffenstillstand zum
1. Juni für beendet erklärt, da ihr Friedensangebot zu keiner
angemessenen Reaktion Ankaras geführt habe. Doch die internationale
Politik bemüht sich nicht, diesen Konflikt durch einen konstruktiven
Dialog beizulegen. Vor diesem Hintergrund wenden sich 19 Intellektuelle,
Politiker, Menschenrechtler, Friedens- und Kirchenleute an die Konfliktparteien,
aber auch an die EU-Staatengemeinschaft und die Bundesregierung.
Norbert Blüm, Andreas Buro, Hans-Peter Dürr, Heiner Geißler,
Ulrich Gottstein, Günter Grass, Jörn-Erik Gutheil, Inge Jens,
Walter Jens, Wolfgang Jungheim, Heiko Kauffmann, Hans Koschnick, Jürgen
Micksch, Jürgen Neitzert, Horst-Eberhard Richter, Gisela Penteker,
Herbert Schnoor, Mehmet Sahin und Manni Stenner sagen: „Ohne die
Lösung der kurdischen Frage kann die Türkei ihre menschenrechtlichen
Defizite nicht überwinden.... Eine Unterstützung des EU-Aufnahme-Begehrens
der Türkei bedeutet deshalb auch, alles zu tun, damit endlich im
Dialog und durch gezielte Schritte der Regierung der kurdischen Bevölkerung
eine gleichberechtigte Existenz in der Türkei gesichert wird.“
Die Aufforderung, zu einer friedlichen Lösung der Kurdenfrage im
Rahmen der staatlichen Einheit der Türkei zu kommen, muß auch
vor dem Hintergrund des Irak-Konflikts und einer Politik der Stabilisierung
der ganzen Region gesehen werden. Aktuell geht es deshalb darum, das Fenster
für den Frieden offen zu halten und den Dialog auf zu nehmen.
Der
Text der Erklärung hat folgenden Wortlaut:
Wer
über den EU-Beitritt der Türkei spricht, darf zur Kurdenfrage
nicht schweigen
„Die Türkei hat große Reformschritte unternommen, um
der Europäischen Union beitreten zu können. Bisher hat sie dabei
allerdings die Kurdenfrage weitgehend ausgeklammert. Das deutsche ‚Forum
Menschenrechte‘ erklärte jüngst: „Vor allem Menschenrechtler
und Angehörige kurdischer Parteien und Organisationen sind nach wie
vor in großem Umfang mit politischen Prozessen konfrontiert und
von Haftstrafen bedroht.“ Solange sich die Türkei nicht vom
Verfassungsprinzip eines Nationalismus verabschiedet, der in der Praxis
alle Staatsbürger ausgrenzt, deren Muttersprache nicht türkisch
ist, kann in der Türkei von einer Gleichbehandlung aller Staatsbürger
nicht ausgegangen werden.
Ohne die Lösung der kurdischen Frage kann die Türkei ihre menschenrechtlichen
Defizite nicht überwinden, da die schweren kulturellen, politischen,
sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen vor allem gegenüber
der großen kurdischen Bevölkerung selbst eine zentrale Verletzung
der Menschenrechte darstellen. Ein zentraler Schlüssel zur EU liegt
in der Lösung der Kurdenfrage.
Die ausgrenzende Behandlung der Kurden ist auch mit dem Selbstverständnis
der EU unvereinbar. Im Vielvölker-Kontinent Europa ist es absurd,
die Vielfalt von Kulturen, Völkern und Sprachen zu negieren.
Eine Unterstützung des EU-Aufnahme-Begehrens der Türkei bedeutet
deshalb auch, alles zu tun, damit endlich im Dialog und durch gezielte
Schritte der Regierung der kurdischen Bevölkerung eine gleichberechtigte
Existenz in der Türkei gesichert wird.
Wir bitten deshalb die Bundesregierung, die ein hohes Ansehen in der Türkei
genießt, und die für die Vorverhandlungen zuständige Kommission
der EU in Brüssel, im Dialog mit Ankara die Kurdenfrage auf die Tagesordnung
zu setzen. Wir bitten, um ein deutliches Signal zur Dringlichkeit der
Lösung dieses Problems.
An Türken und Kurden appellieren wir, auf Gewalt zu verzichten, und
die seit Jahrhunderten zwischen ihnen bestehende Freundschaftsbrücke
wieder zu begehen, um miteinander im Dialog und im gegenseitigen Respekt
die Aussöhnung zu suchen.“
Der
Dialog-Kreis lädt zusammen mit anderen engagierten Verbänden
für den 11. Juni 10.00-17.30 in das Berliner Abgeordnetenhaus zu
einer eintägigen Konferenz zum gleichen Thema ein. Neben Gästen
aus der Türkei werden dort u. a. Bürgermeister a.D. Hans Koschnick,
Staatsminister a.D. Herbert Schnoor und MdB Ruprecht Polenz sprechen.
Pressekonferenz dort von 12.15-12.45.
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