INTERNATIONAL
INITIATIVE BRIEFINGS:
Öcalan dementiert Aufruf zum Krieg
Nach sechswöchiger Totalisolation traf Abdullah Öcalan
erstmals wieder mit seinen Anwälten zusammen. In den vergangenen
Wochen wurden ihm die wöchentlichen Anwaltsbesuche stets verwehrt.
Nach Beendigung des langjährigen einseitigen Waffenstillstands
durch die kurdische Guerilla, welcher am 1. Juni 2004 sein Ende
fand, kam es vermehrt zu Spekulationen über die Ursachen. Insbesondere
in den türkischen Medien, aber auch in verschiedenen internationalen
Medien, wurde Abdullah Öcalan als Initiator dieses Beschlusses
bezichtigt, obwohl die kurdischen Rebellen klarstellten, der Entschluss
zur Aufkündigung der Waffenruhe sei aus eigenem Ermessen gefasst
worden. Als Grund gaben diese die zunehmenden militärischen
Operationen der türkischen Armee gegen die in der Türkei
verblieben Guerillakräfte an. Desweiteren habe die türkische
Regierung keine ernsthaften Schritte zur Lösung der kurdischen
Frage unternommen.
Nach Auskünften der Öcalananwälte habe ihr Mandant
die genannten Vorwürfe in scharfer Form zurückgewiesen.
Weder habe er zum Krieg aufgerufen, noch würde er dies in Zukunft
tun. Derartige Behauptungen dienten nur der Legitimierung seiner
rechtswidrigen Haftsituation. Jedoch habe er auch für den Entschluss
der kurdischen Guerilla Verständnis. Demnach sei jener vom
legitimen Recht auf Selbstverteidigung gedeckt. Dennoch bedeute
dies nicht automatisch einen erneuten Krieg. Andererseits gäbe
es vermehrte Anzeichen für eine Verleumdungskampagne im Zusammenwirken
von Vertretern der USA, Europa und kurdischen nationalistischen
Kreisen. Diese habe die Ausgrenzung des Kurdenführers und seiner
Bewegung von einer Lösung der kurdischen Frage zum Ziel. Insbesondere
die Äußerungen des Vorsitzenden der süd-kurdischen
(nord-irakischen) Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Jelal Talabani,
Öcalan habe zum Krieg aufgerufen, könnten nur als Provokation
aufgefasst werden. Eine solche Haltung würde weder den Kurden,
noch den Türken dienen. So sei die Sicherheit und Stabilität
in der Türkei nur über die Gewährung der Rechte des
kurdischen Volkes möglich. Deshalb appelliere er erneut an
die Türkei, sich für eine Lösung des Problems zu
öffnen.
Quellen:
Asrin Hukuk Bürosu, Rechtsanwaltsbüro der Öcalananwälte,
22. Juni 2004; DIHA, 22. Juni 2004; MHA, 22. Juni 2004; Özgür
Politika, 23. Juni 2004