WIR PROTESTIEREN GEGEN
DIE AUSLIEFERUNGSENTSCHEIDUNG DES NIEDERLÄNDISCHEN JUSTIZMINISTERS
UND FORDERN IHRE RÜCKNAHME
Wir protestieren
gegen die Bestätigung des Auslieferungsurteils gegen Nuriye Kesbir
durch den niederländischen Justizminister.
Als kurdisches Frauenbüro
für Frieden CENI bewerten wir diese Herangehensweise des Justizministers
Piet Hein Donner als rein politische Entscheidung, welche die Menschenrechtsverletzungen
und die Situation in den Gefängnissen der Türkei völlig
außer Acht lässt. Justizminister Donner gab bekannt, er habe
Garantien der türkischen Regierung bekommen.
Was hat den niederländischen Justizminister zu dieser Entscheidung
gebracht? Die gute Beziehung zur Türkei aufgrund politischer und
ökonomischer Interessen oder tatsächlich die von der Türkei
bezüglich Nuriye Kesbirs gemachten Zusagen?
Der Kampf und die Verdienste Nuriye Kesbirs für das kurdische Volk,
die kurdischen Frauen und gleichzeitig für den weltweiten Frauenkampf
sind nicht zu unterschätzen. Aus diesem Grunde bewerten wir die Entscheidung
des niederländischen Justizministers als Schlag gegen den Kampf des
kurdischen Volkes um Demokratie und den internationalen Kampf um die Befreiung
der Frau.
Wie sehr die türkische Regierung die Frauenrechte respektiert zeigt
sich auch in der sogenannten “Ehebruch- Diskussion“ der letzten
Tage. In dieser Diskussion sagte der türkische Ministerpräsident
R.T. Erdogan: “Wir versuchen zur Zeit das Nötige für die
Respektierung der Frauen zu tun. Wir schützen die Rechte der betrogenen
Frauen. Das ist die Arbeit die wir gemacht haben“ ( In der Türkei
wurde gerade ein neues Gesetz verabschiedet, welches Ehebruch unter Strafe
stellt.). Diese Worte allein bezeugen, wie unaufrichtig die Einstellung
zu Frauenrechten ist.
Wäre die türkische Regierung Frauen gegenüber respektvoll,
so müsste sie zu aller erst den Frauen gegenüber Respekt zeigen,
die aufgrund ihrer politischen Einstellung in der Haft sexualisierter
Gewalt, Vergewaltigung und Folter ausgesetzt sind. Warum wird das Recht
betrogener Frauen geschützt und nicht das der Frauen, die aufgrund
ihrer politischen Einstellung Vergewaltigung und jede Art von Angriffen
erdulden müssen?
Wenn die Türkei die Frauenrechte respektiert, warum wurde dann Fatma
Idem, Mitglied der YJA Star. der kurdischen Frauenguerilla, am Tag der
Auslieferungserklärung des niederländischen Justizministeriums
bezüglich Nuriye Kesbirs , in der kurdischen Stadt Siirt auf offener
Strasse ermordet, ihr Leichnam an einen Panzer gebunden und durch die
Strassen geschleift?
Bedeutet dies die Respektierung der Frauenrechte? Menschen aufgrund ihrer
politischen Ansichten auf diese Weise zu ermorden?
Auch zeigt der Vorfall selber auf, wie wenig aufrichtig die Versprechungen
der Türkei an die niederländische Regierung sind.
Wir glauben nicht
daran , dass diese Entscheidung des niederländischen Justizministers
eine gerechte und rechtmässige Entscheidung ist.
Diese Entscheidung ist gefällt worden, ohne die Warnungen vieler
kurdischer- und Menschenrechtsinstitutionen , darunter Amnesty International,
die Vereinten Nationen und der türkische Menschenrechtverein IHD
zur Kenntnis zu nehmen.
Wir wissen alle, dass die Folter, die sexualisierte Gewalt und Vergewaltigung
bis hin zur Isolationshaft in den türkischen Gefängnissen nach
den europäischen Menschenrechtsverträgen und den Verträgen
der Vereinten Nationen zu Folter, unmenschlicher und menschenunwürdiger
Behandlung widersprechen und als die Würde des Menschen verletzende
schlechte Behandlung angesehen werden. Daher misstrauen wir dem rechtlichen
Vorgehen des Justizministers. Wenn wirklich Gerechtigkeit gewollt ist,
dann rufen wir den niederländischen Justizminister dazu auf, sich
ernsthaft für die Verbesserung der Haftbedingungen und der Menschenrechtssituation
in der Türkei einzusetzen.
Wir als kurdisches
Frauenbüro für Frieden- CENI fordern die Rücknahme der
Auslieferungsentscheidung des niederländischen Justizministers und
die Freilassung Nuriye Kesbirs.
Die Dringlichkeit
und die Sensibilität der Situation vor Augen, rufen wir die Öffentlichkeit
allen voran die Fraueninstitutionen, die Menschenrechtsorganisationen
und die Intellektuellen in Europa und in der Türkei dazu auf, sich
dringlichst für die Rücknahme der Auslieferungsentscheidung
einzusetzen.
CENI- kurdisches Frauenbüro
für Frieden e.V.
07.08.2004
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