„Üble
Nachrede ist nicht hinnehmbar“ – Klage gegen deutsche
Zeitungen angekündigt
In
den deutschen Zeitungen "Der Tagesspiegel" vom 10.9.2004,
der "tageszeitung" vom 11.9. sowie dem österreichischen
"Standard Online" vom 10.9. werden schwere Vorwürfe
gegen den kurdischen Politiker Abdullah Öcalan erhoben. In
den Meldungen wird behauptet, Öcalan habe einen Tötungsbefehl
gegen den ehemaligen Europaverantwortlichen der PKK, Kani Yilmaz,
und die ehemalige Europasprecherin der PKK, Mizgin Sen, erteilt.
Dass diese Behauptungen unwahr sind, hat Abdullah Öcalan zuletzt
selbst im Gespräch mit seiner Anwältin Hatice Korkut am
15.9. erklärt.
Öcalan beauftragte seine Anwälte, seine demokratischen
Rechte in seinem Namen wahrzunehmen und in Deutschland auf materiellen
und ideellen Schadenersatz klagen. Dabei ist es Herrn Öcalan
insbesondere darum gelegen, ein Unterlassen der Verbreitung falscher
Behauptungen zu erwirken. Öcalan wörtlich: „Ich
gebe hier niemandem Befehle zu sterben oder zu töten. ... Ich
habe keinen Tötungsbefehl erteilt, ich habe niemanden irgendwohin
geschickt.“ Er betonte, dass erstens die Anwaltsgespräche
einer strikten Kontrolle durch die türkische Staatsanwaltschaft
stünden, und zweitens seine politische Grundeinstellung das
Ermorden Andersdenkender nicht zulasse. Insgesamt sei er aufgrund
seiner Haftsituation weit davon entfernt, Befehle zu erteilen: „Üble
Nachrede gegen mich ist nicht hinnehmbar."
Ganz im Gegensatz zu derartigen Beschuldigungen ist Herr Öcalan
der Architekt des Friedensprozesses, der sich seit 1999 entwickelt
hat. Er hat der Öffentlichkeit mehrfach in umfangreichen theoretischen
Werken (siehe z.B. Kurdische Frage und Europäisches Recht,
Köln 2002, ISBN 3-00-009366-4; Gilgameschs Erben. Von Sumer
zur demokratischen Zivilisation, Bremen 2003, ISBN 3-926529-15-6
und –16-4) und durch praktische politische Initiativen dargelegt,
dass Gewalt nicht zur Lösung der kurdischen Frage beitragen
könne.
Die durch die o.g. Presseerzeugnisse erhobenen schweren und unhaltbaren
Anschuldigungen gegen Abdullah Öcalan dienen dem Zwecke, seine
politische Reputation zu beschädigen, insbesondere in einer
Zeit, da eine pluralistische Lösung der kurdischen Frage mehr
als je zuvor an einem seidenen Faden hängt. Die Autorin des
ursprünglichen Tagesspiegel-Artikels „Die Rache der Partisanen“,
Susanne Güsten, arbeitet mit Unterstellungen, Spekulationen,
dem Suggerieren falscher Zusammenhänge zwischen Einzelaussagen
verschiedener Personen und deutlichen Fehlübersetzungen ihrer
schriftlichen Quellen (siehe Gegendarstellung im Anhang). Sie hätte,
ebenso wie die Redaktionen der o.g. Publikationen, vor der Veröffentlichung
derartiger Behauptungen von Öcalans Anwälten Informationen
einholen können. Es fällt auf, dass darauf verzichtet
und die Gesprächsprotokolle zwischen Öcalan und seinen
Anwälten aus einer vorurteilsbeladenen politischen Perspektive
heraus interpretiert wurden. Der in der Meldung erweckte Eindruck,
sie zirkulierten im Verborgenen, ist also keineswegs zutreffend.
Viele der Sätze, die Güsten Öcalan unterschiebt,
gehen aus diesen über Internet und Tagespresse öffentlich
verfügbaren Texten nicht hervor. Diese Form der Berichterstattung
bedeutet nicht nur einen persönlichen Angriff auf Herrn Öcalan,
sondern erschwert gleichzeitig die Bemühungen des kurdischen
Befreiungskampfs um Frieden und Demokratie. Umso trauriger, dass
eine solche Nachricht kurz vor der für Oktober erwarteten Urteilsverkündung
in Öcalans Revisionsprozess vor dem Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte lanciert wird. Es drängt sich der Verdacht
auf, dass solche reißerischen Behauptungen den Prozessverlauf
negativ beeinflussen.
Die von den o.g. Presseerzeugnissen als Quelle angegebenen Gesprächsprotokolle
sind nicht nur auf zahlreichen Internetseiten frei verfügbar,
sondern werden von Öcalans Anwälten selbst der Presse
und damit der Öffentlichkeit zugeleitet. Herr Öcalan verfolgt
das politische Prinzip, seine Überlegungen mit dem kurdischen
Volk und der ausländischen Öffentlichkeit zu teilen. Dies
hat er in der Vergangenheit getan und weicht davon auch heute trotz
erheblichen politischen Drucks nicht ab. Die wöchentlichen
Gespräche mit seinen Anwälten stellen seine einzige Verbindung
zur Außenwelt unter extremen Isolationsbedingungen auf der
Gefängnisinsel Imrali dar. Bei den Gesprächen kommentiert
er die Informationen, die ihm von den Anwälten übermittelt
werden bzw. die er den Zeitungen entnimmt. Da er als kurdische Führungspersönlichkeit
betrachtet wird, haben seine Kommentare für das kurdische Volk
große Bedeutung.
Herr Öcalan hat eine umfangreiche und realistische Lösungsperspektive
für die kurdische Frage und den Mittleren Osten vorgelegt.
Seine Rolle im kurdischen Befreiungskampf der letzten 30 Jahre war
ausschlaggebend dafür, die Kurden vor einer Instrumentalisierung
durch Fremdmächte zu bewahren. In der Vergangenheit hatten
Großbritannien, Deutschland und Frankreich wiederholt kurdische
politische Bewegungen in ihrem Interesse gegen die nahöstlichen
Zentralstaaten eingesetzt. Auch heute wird von EU-Seite nicht angemessen
auf die Forderungen des kurdischen Volkes reagiert. In den EU-Dokumenten
taucht noch nicht einmal der Name der Kurden auf. Die strategische
Partnerschaft mit der Türkei wird als Verleugnung der grundlegenden
sozialen, kulturellen und politischen Rechte der Kurden umgesetzt.
Dazu merkte Öcalan am 15.9. gegenüber seinen Anwälten
an, der EU-Gipfel am 17. Dezember müsste ein Engagement für
dauerhaften Frieden in Kurdistan durch klare politische Stellungnahmen
ausdrücken. Dazu gehörten einerseits die unmissverständliche
Aufforderung an die Türkei, einen Dialog zu starten, andererseits
aber auch durchaus das Bemühen, die PKK-Nachfolgeorganisation
Kongra Gel zur endgültigen Niederlegung der Waffen zu bewegen.
Öcalan wörtlich: „Wenn die EU zu diesem Thema keine
Entscheidung fällt, bedeutet das, dass sie zu einem Krieg aufrufen.
Es bedeutet, dass sie uns zum Kämpfen zwingen.“
Sowohl Kani Yilmaz als auch Mizgin Sen haben sich vom Kongra-Gel
und Herrn Öcalan wegen Meinungsverschiedenheiten getrennt.
Kani Yilmaz veröffentlicht beinahe täglich Presseerklärungen,
in denen er eine nationalistische Lösung für das kurdische
Volk unter Unterstützung durch die USA propagiert. Jeder Journalist,
der den Aufenthaltsort von Mizgin Sen erfahren möchte, kann
das in England ohne weitere Schwierigkeiten tun. Herr Öcalan
hat beide kritisiert, was sein natürlichstes Recht ist. Gewalt
hat er allerdings dabei niemandem angedroht. Dies sollte man nicht
verzerrt darstellen.
Die Anwälte von Abdullah Öcalan prüfen juristische
Maßnahmen gegen die oben genannten Zeitungen, insbesondere
eine Klage wegen übler Nachrede.
Erstunterzeichnende der Internationalen Initiative:
Mairead Maguire (Nobelpreisträger, Nordirland), Dario Fo (Regisseur
Autor, Schauspieler, Literaturnobelpreisträger, Italien), Adolfo
Perez Esquivel (Literaturnobelpreisträger, Argentinien), José
Ramos-Horta (Friedensnobelpreisträger, Ost-Timor), José
Saramago (Literaturnobelpreisträger, Portugal), Danielle Mitterrand
(Stiftung France Liberté, Frankreich), Ramsey Clark (Rechtsanwalt,
ehem. Justizminister, USA), Uri Avnery (ehemaliger Knessetabgeordneter,
Gush Shalom -Friedensblock- Israel), Prof. Dr. Noam Chomsky (Linguist,
Publizist, Massachusetts Institute of Technology, USA), Alain Lipietz
(Mitglied des Europaparlaments, Frankreich), Pedro Marset Carpos
(Mitglied des Europaparlaments, Spanien), Mrs. Jean Lambert ( Mitglied
des Europaparlaments, Großbritanien), Lord Eric Avebury (Vorsitzender
der parlamentarischen Menschenrechtsgruppe, House of Lords, Großbritannien),
Harry Cohen (Parlamentsabgeordneter, Labour-Partei, Großbritannien),
Cynog Dafis (Parlamentsabgeordneter, Plaid Cymru -Wallisische Partei-
, Großbritannien), Lord Raymond Hylton (House of Lords, Großbritannien),
Lord John Nicholas Rea (House of Lords, Großbritannien), Walid
Jumblat (Vorsitzender der Sozialistischen Fortschrittspartei, Libanon),
Rudi Vis ( Parlamentsabgeordneter, Labour-Partei, Großbritannien),
Paul Flynn (Parlamentsabgeordneter, Labour-Partei, Großbritannien),
Máiréad Keane (Vorsitzender der Abteilung für
Internationale Beziehungen, Sinn Fein, Nordirland), Domenico Gallo
(Jurist, ehem. Senator -CI-, Mitglied der Magistratura Democratica,
Italien), Livio Pepino (Jurist, Vorsitzender der Magistratura Democratica,
Italien), Xabier Arzalluz (Präsident der PNV / Nationalistische
Baskische Partei), Tony Benn (Parlamentsmitglied, Labour-Partei,
Großbritannien), Giovanni Palombarini (Jurist, ehem. Vorsitzender
der Magistratura Democratica, Italien), Heidi Ambrosch (Stellv.
Vorsitzende und Frauensprecherin der Kommunistischen Partei Österreichs),
Alain Calles (Präsident des MRAP, Frankreich), Renée
le Migmot (stellv. Generalsekretärin des MRAP, Frankreich),
Mag. Walter Baier (Vorsitzender der Kommunistischen Partei Österreichs),
Gianna Nannini (Künstlerin, Italien), Geraldine Chaplin (Schauspielerin,
Madrid, Spanien), Dietrich Kittner ( Satiriker, Schriftsteller,
Kabarettist, Deutschland), Jean-Jacques Kirkyacharian (Repräsentant
des MRAP bei der UNO, Frankreich), David MacDowall (Schriftsteller,
Großbritannien), Alice Walker (Schriftstellerin, USA), Franca
Rame (Autorin, Regisseurin, Schauspielerin, Italien), Chris Kutschera
(Schriftsteller, Frankreich), Prof. Dr. Jean Ziegler (Nationalrat
und Publizist, Schweiz), Dr. Diether Dehm (ehm. Stellvertretender
Vorsitzender der PDS, Deutschland), Prof. Dr. Angela Davis (University
of California, Santa Cruz, USA), Prof. Dr. Luigi Ferraioli (Professor
für Rechtsphilosophie, Italien), Prof. Dr. Uwe Jens Heuer (Professor
für Rechtswissenschaften, Berlin, Deutschland), Prof. Dr. Wolf-Dieter
Narr (Komitee für Grundrechte und Demokratie, Deutschland),
Prof. Dr. Werner Ruf (Völkerrechtler, Universität Kassel,
Deutschland), Prof. Dr. Norman Paech (Völkerrechtler, Hochschule
für Wirtschaft und Politik Hamburg, Deutschland), Prof. Dr.
Gerhard Stuby (Völkerrechtler, Universität Bremen, Deutschland),
Prof. Dr. h.c. Ronald Mönch (Rektor der Hochschule Bremen,
Deutschland), Prof. Dr. Elmar Altvater (Int. Lelio-Basso-Stiftung
für die Rechte der Völker Deutschland), Prof. Dr. Helmut
Dahmer (Professor für Soziologie, TU Darmstadt, Deutschland),
Prof. Jürgen Waller (Rektor der Hochschule für Künste
Bremen, Deutschland), Hilarion Carpucci (Erzbischof -syrisch-orthodox-
von Jerusalem), Christine Blower (ehem. Präsidentin der Britischen
Lehrergewerkschaft (NUT), Großbritannien), Ken Cameron (Generalsekretär
der Gewerkschaft der Feuerwehr - FBU-, Großbritannien), Josep
Lluis Carod Rouira (Vorsitzender der Republikanischen Linkspartei
von Katalonien, Spanien), † Michael Feeney (Flüchtlingsberater
von Kardinal Hume, Großbritannien), Gareth Peirce (Rechtsanwältin,
Großbritannien), Frances Webber (Rechtsanwalt, Großbritannien),
Norbert Mattes (Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V.,
Deutschland), Yayla Mönch-Buçak (Universität Oldenburg),
Mamoud Osman (Kurdischer Politiker, Großbritannien), Dr. Jutta
Bauer (Buchillustratorin, Deutschland), Rolf Becker ( Schauspieler,
IG Medien, Deutschland), Hans Branscheidt (Journalist, Deutschland),
Dr. Rolf Gössner (Rechtsanwalt, Publizist), Günther Schwarberg
(Journalist, Deutschland), Roland Ofteringer (Informationsprojekt
Naher und Mittlerer Osten e.V., Deutschland)