02.
März 2005
Dr.
Remzi Kartal wieder frei !
OLG Bamberg weist Auslieferungsantrag der Türkei
zurück
AZADI begrüßt die gestrige Entscheidung des Oberlandesgerichts
Bamberg, das den Antrag der Türkei auf Auslieferung von
Dr. Remzi Kartal zurückgewiesen und den bestehenden Haftbefehl
aufgehoben hat. Die Richter haben ihren Beschluss damit begründet,
dass die von den türkischen Behörden am 25. Februar
vorgelegten Auslieferungsunterlagen „in einem solchen
Maße unzureichend und widersprüchlich“ gewesen
seien, dass sich das Gericht außer Stande gesehen habe,
„darauf eine Haftentscheidung zu stützen.“
In einem dem OLG vorgelegten „Steckbrief“ des
14. Schwurgerichts in Istanbul vom 9. August 2004 sei Dr.
Kartal als Tat lediglich “Angehörigkeit in der
terroristischen Organisation“ vorgeworfen worden, ohne
zu benennen, um welche Organisation es sich hierbei handelt.
„Tatort“ und „Tatzeit“ sowie anzuwendende
Strafvorschriften hätten völlig gefehlt. Beweismittel
als Grund zur Verhaftung seien ebenso wenig vorgelegt worden.
Eine „solche, weitgehend inhaltsleere Haftbefehlsurkunde“
hat nach Auffassung des Senats „weder europäischem
Standard noch rechtsstaatlichen Grundsätzen“ entsprochen
und habe somit „keine Rechtswirkung entfalten“
können. Auch habe sich die Schilderung des Sachverhaltes
„in wesentlichen Teilen“ lediglich mit der Beschreibung
des „politischen Werdegangs des Verfolgten“ begnügt.
Im
Kernpunkt ist dem kurdischen Politiker also nur der Vorwurf
gemacht worden, stellvertretender Vorsitzender des KONGRA-GEL
zu sein. Die Behauptung des türkischen Justizministeriums,
die Organisation bezwecke die Loslösung eines Teils der
Türkei, erfülle laut Oberlandesgericht Bamberg nach
deutschem Recht nicht den Tatbestand der Bildung einer terroristischen
Vereinigung (§ 129a StGB).
Auch
die Tatsache, dass PKK/KADEK/KONGRA-GEL am 2. Mai 2002 in
die EU-Liste terroristischer Organisationen aufgenommen worden
sei, entbinde nach Meinung des Gerichts nicht von der Verpflichtung,
konkrete Tatsachen vorzutragen, aus denen sich „die
Begehung oder zumindest Androhung schwerster Straftaten“
ergäben.
Der
Anregung der Staatsanwaltschaft beim OLG Bamberg, die Frist
von 40 Tagen zur Vorlage ergänzender Auslieferungsunterlagen
zu verlängern, wollten die Richter nicht entsprechen,
weil sie rechtliche Zweifel daran hatten, dass die mangelhaften
Unterlagen „überhaupt ergänzungsfähig“
seien. Die Frist der Dauer einer vorläufigen Auslieferungshaft
gem. Art. 16 Abs. 4 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens
(EuAlÜbk.) darf 40 Tage nicht überschreiten. Diese
wäre am 3. März abgelaufen.
Dr.
Remzi Kartal war am 22. Januar 2005 auf dem Weg zu einer Kulturveranstaltung
von einem Sondereinsatzkommando in der Nähe von Würzburg
im Zug festgenommen und am nächsten Tag verhaftet worden.
Grundlage war ein Internationaler Haftbefehl, mit dem das
türkische Justizministerium über Interpol um vorläufige
Festnahme von Herrn Kartal ersucht hatte, um ihn in der Türkei
wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung nach türkischem Strafgesetzbuch strafrechtlich
zu verfolgen.
AZADI
wünscht Herrn Dr. Kartal alles Gute und weiterhin die
Kraft, sich als stellvertretender Vorsitzender des KONGRA-GEL
frei und unbehelligt für die legitimen Freiheitsrechte
der Kurdinnen und Kurden einzusetzen.