Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

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Düsseldorf, 4. April 2005

Racheakte: Delegationsreisender in der Türkei verschleppt

Wie schon berichtet ist der deutsche Unterstützer der “Lebenden Schutzschilde”, Martin Dolzer, in der Türkei zusammen mit einer Gruppe von 75 AktivistInnen festgenommen worden. Dem Haftrichter der Provinzstadt Derik vorgeführt, sollte er seine “Rädelsführerschaft” zugeben, verweigerte aber wie alle anderen Gefangenen die Aussage. Daraufhin wurde die gesamte Gruppe freigelassen.
Statt freizukommen, war Martin Dolzer plötzlich verschwunden und über Stunden unauffindbar. Erst nach massiven Bemühungen seines Anwaltes, der Europa-Abgeordneten der PDS Feleknaz Uca sowie der deutschen Botschaft konnte sein Verbleib recherchiert werden.
Entgegen der richterlichen Anordnung war Martin Dolzer in einer Nacht und Nebel-Aktion von türkischen Antiterroreinheiten zur Ausländerpolizei nach Mardin verschleppt und dort über Stunden verhört, bedroht und schikaniert worden. Kontaktaufnahme zu seinem Anwalt wurde ihm untersagt. Am nächsten Tag wurde er von Schwerbewaffneten nach Istanbul gebracht, wo er wiederum stundenlang verhört und bedroht wurde.
Gestern ist er dann nach Deutschland abgeschoben worden. Es war für ihn selbst sehr offensichtlich, dass die Antiterrorkräfte wütend waren, weil sie durch die Anwesenheit der Unterstützungsgruppe aus Deutschland nicht wie üblich mit brutaler Gewalt gegen die AktivistInnen der „Lebenden Schutzschilde“ vorgehen konnten. Auch die direkte Freilassung der gesamten Gruppe ist unüblich. In der Regel verbringen die festgenommenen DemonstrantInnen mindestens ein bis zwei Monate im Gefängnis.
Dies wird auch dadurch bestätigt, dass vor zwei Tagen die nächste Gruppe der “Lebenden Schutzschilde” brutal angegriffen, 27 Personen festgenommen, dem Haftrichter vorgeführt und heute ins Gefängnis überstellt wurden. Dies ist die übliche Vorgehensweise der türkischen Behörden gegen die FriedensaktivistInnen unter Abwesenheit der internationalen Öffentlichkeit.
In den kurdischen Gebieten der Türkei geht derweil die größte Militäroperation seit 6 Jahren weiter. Die “Lebenden Schutzschilde” gehören der Friedensbewegung in der Türkei an und versuchen sich zwischen das Militär und die kurdische Guerilla zu stellen. Sie fordern ein Ende der Militäroperationen und des Krieges sowie die friedliche Lösung der kurdischen Frage über eine umfassende Demokratisierung der Türkei.
Die Delegation des kurdischen Frauenbüros für Frieden - CENI, bestehend aus Delegierten der Antifa, der Roten Hilfe e.V., der VVN und Studierenden der Universität für Wirtschaft und Politik wollte die Einhaltung der Menschenrechte in den Krisengebieten der Türkei beobachten und die Friedensbewegung der “Lebende Schutzschilder” (Canli Kalkanlar) unterstützen.
Wir protestieren gegen das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte gegen die Friedensbewegung und erwarten auch durch die europäischen Regierungen ernsthafte Maßnahmen zur Unterstützung eines gesellschaftlichen Friedensprozesses.
Wir rufen die internationale Öffentlichkeit auf, den mutigen Kampf der “Lebenden Schutzschilde” in der Türkei zu unterstützen. Nur so, mit einem breiten internationalen Widerstand, können wir die Regierungen zu ernsthaften Schritten in Richtung des Friedens zwingen.

Düsseldorf, 4.4.2005
CENI - Kurdisches Frauenbüro für Frieden