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UA-036/2005-1 DRANGSALIERUNGEN / SORGE UM SICHERHEIT Weitere Informationen zu UA 36/05 (EUR 44/006/2005, 15. Februar 2005) Hüseyin Aygün, 35-jähriger Rechtsanwalt und Menschenrechtsverteidiger Der Rechtsanwalt und Menschenrechtler Hüseyin Aygün war im Februar 2005 Berichten zufolge von einem Gendarmeriekommandanten in der Provinz Tunceli mehrfach bedroht worden. Er erstattete daraufhin im selben Monat Anzeige bei der Staatsanwaltschaft der Provinz, die Ermittlungen einleitete. Während der laufenden Ermittlungen wurden aber im Zusammenhang mit der Anzeige auch rechtliche Schritte gegen Hüseyin Aygün eingeleitet. Insgesamt sind drei Verfahren gegen ihn anhängig, in denen die Anklagen auf Diffamierung und Rufschädigung des Gendarmeriekommandanten lauten. Hüseyin Aygün hielt am 13. Februar 2005 in Tunceli eine Pressekonferenz ab, um die Öffentlichkeit über die gegen ihn gerichteten Drohungen des Gendarmeriekommandanten zu informieren. Nachdem die Zeitung „Özgür Gündem“ die Stellungnahmen von Hüseyin Aygün veröffentlicht hatte, erstattete der Gendarmeriekommandant sowohl gegen Hüseyin Aygün als auch gegen den Chefredakteur und den Geschäftsführer von „Özgür Gündem“ Anzeige wegen Diffamierung. Sollten die drei Männer schuldig befunden werden, drohen ihnen Haftstrafen zwischen drei Monaten und einem Jahr oder eine Geldstrafe. Der Staatsanwalt hat einen Antrag gestellt, im Falle eines Schuldspruchs das Strafmaß zu erhöhen, da die drei Männer eine Straftat gegen einen Behördenvertreter im Dienst begangen hätten. In der zweiten Anhörung zu diesem Fall am 11. Juli 2005 entschied der Richter, ein zweites mit der Anzeige in Zusammenhang stehendes Verfahren mit dem vorliegenden Fall zusammenzulegen. Der Termin für die nächste Anhörung steht indes noch nicht fest. In dem dritten gegen Hüseyin Aygün eingeleiteten Verfahren fordert der Gendarmeriekommandant wegen Rufschädigung eine Entschädigung in Höhe von 30.000 Türkischen Lire (ca. 18.000 Euro). Die Anhörung in diesem Verfahren soll am 20. Juli 2005 stattfinden. Auch andere Menschenrechtler in der Provinz Tunceli sehen ihre Arbeit weiterhin gefährdet. Am 24. Juni 2005 fuhr ein Taxi auf eine Landmine, die im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Regierungstruppen und dem bewaffneten Flügel der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) gelegt worden sein könnte. Sicherheitskräfte, die für die Ermittlungen am Tatort zuständig waren, brachten Zettel an dem zerstörten Taxi an, von denen einige sich auf die Rolle von Menschenrechtlern und Rechtsanwälten bezogen: „Menschenrechtler, seht euch dieses Auto an? Rechtsanwälte der Anwaltsvereinigung von Tunceli, warum sagt ihr dazu nichts? Ihr gebt Presseerklärungen zu jeder Kleinigkeit heraus, werdet ihr auch hierzu eine Pressemeldung herausgeben? Wir warten mit Spannung.“ Offenbar sollte mit diesen Fragen impliziert werden, dass Menschenrechtsverteidiger mit bewaffneten Gruppierungen sympathisieren. Die Rechtsanwaltsvereinigung von Tunceli erstattete wegen dieser Zettel Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft, die Anweisung erteilte, die Blätter zu entfernen. Der Vorsitzende der Anwaltsvereinigung erklärte zudem: „Die Rechtsanwaltsvereinigung von Tunceli steht immer auf dem Boden des Gesetzes. Die Personen, die sich auf diese Weise äußern, haben Probleme mit der Arbeit der Rechtsanwaltsvereinigung von Tunceli und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.“ amnesty international vertritt die Auffassung, dass die Stellungnahmen auf dem zerstörten Taxi auch andere dazu veranlassen könnten, die Rolle von Menschenrechtsverteidigern zu untergraben. Des weiteren könnten derartige Äußerungen zu Drohungen und Angriffen auf Menschenrechtler führen, wie es in Vergangenheit immer wieder geschehen ist. amnesty international betrachtet es als wichtige Aufgabe der türkischen Behörden, diese Art von Stellungnahmen zu verurteilen und öffentlich die Legitimität der Arbeit von Menschenrechtsverteidigern und Menschenrechtsorganisationen zu betonen. Bislang haben die türkischen Behörden dies jedoch nicht getan und somit den verantwortlichen Behörden auf Regionalebene, den Justizbehörden oder den Sicherheitskräften keine Handlungsvorgaben gemacht. Zudem sollten die Behörden der Türkei alle gegen Menschenrechtsverteidiger eingeleiteten Ermittlungen einer genauen Prüfung unterziehen und rechtliche Schritte gegen Behördenvertreter einleiten, die das Rechtssystem missbrauchen, um falsche Anschuldigungen zu erheben. Vielen
Dank allen, die sich an dieser Eilaktion beteiligt haben. amnesty international
wird sich zukünftig mit anderen Aktionsformen für Hüseyin
Aygün einsetzen. Sie können abschließend weitere Telefaxe,
E-Mails oder Luftpostbriefe schreiben, in denen Sie APPELLE AN: Herrn
Cemil Çiçek, Ministry of Justice, Adalet Bakanligi, 06659
Ankara, TÜRKEI Mr
Abdulkadir Aksu, Ministry of Interior, Içisleri Bakanligi, 06644
Ankara, TÜRKEI KOPIEN AN: Mr
Abdullah Gül, Foreign Minister and State Minister for Human Rights,
Office of the Prime Minister, Basbakanlik, 06573 Ankara, TÜRKEI
(Außenminister – korrekte englische Anrede: Dear Minister) Botschaft
der Republik Türkei, Rungestraße 9, 10179 Berlin Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. August 2005 keine Appelle mehr zu verschicken. If
possible, please send a final round of appeals to arrive as quickly
as possible, in English or your own language: |
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amnesty
international, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn Telefon: 0228/983 73-0 - Telefax: 0228/63 00 36 - E-mail: info@amnesty.de Spendenkonto: 80 90 100 - BfS Köln - BLZ 370 205 00 |