dju
zum Verbot der Zeitung Özgür Politika in Neu-Isenburg
Am 5. September 2005 haben Beamte des Bundeskriminalamtes die Verlags-
und Redaktionsräume der in Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main
mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren erscheinenden türkisch-
und z.T. kurdischsprachigen Zeitung „Özgür Politika“
durchsucht Die Zeitung selbst wurde laut einer Mitteilung von Bundesinnenminister
Otto Schily verboten.
Ebenfalls durchsucht
wurden die Privatwohnungen leitender Mitarbeiter des Blattes. Laut
Polizeiangaben lautet der Grund für den Durchsuchungsbeschluss
„Verstöße gegen das Vereinsrecht“. In einer
Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums werden die Maßnahmen
mit einer angeblich nachweislichen Einbindung der Zeitung „in
die Gesamtorganisation der PKK“ begründet.
Der Redaktion wird vorgeworfen,
sie habe die Anhänger der PKK in Europa mit Informationen und
Vorgaben der Führung der in Deutschland verbotenen Kurdenpartei
versorgt. Für die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union
(dju) in ver.di ist das eine fragwürdige Begründung. Die
Zeitung habe zwar politische Grundsatzpositionen der kurdischen
PKK dokumentiert. „Dies ist nicht gleichzusetzen mit der Einbindung
in eine Befehl- und Kommandostruktur“, sagte der hessische
dju-Geschäftsführer Manfred Moos. Es dränge sich
vielmehr die Frage auf, ob der Bundesinnenminister zwei Wochen vor
der Bundestagswahl noch einmal seinen Ruf als sicherheitspolitischer
Hardliner festigen wolle.
Polizeiliche Aktionen
gegen eine Redaktion sind aus Sicht der dju besonders schwerwiegend.
Sie gefährden den Vertrauensschutz von Informanten gegenüber
der Presse und zugleich den grundgesetzlich garantierten Schutz
der Presse. Die dju hält die angeordnete Schließung der
Zeitung für völlig überzogen und fordert das Bundesinnenministerium
auf, bei allen Maßnahmen den hohen Rang der Pressefreiheit
zu beachten.
Von der Schließung
der Zeitung sind nach dju-Informationen rd. 20 Beschäftigte
betroffen, die nun arbeitslos sind. Eine im selben Gebäude
in Neu-Isenburg ansässige kurdische Nachrichtenagentur, die
nicht von der Verbotsverfügung betroffen ist, kann derzeit
wegen der Sperrung des Gebäudes ihre Tätigkeit nicht ausüben.
Die Verlagsleitung der
Zeitung Özgür Politika will gerichtlich gegen die Schließung
vorgehen. Dies sagte ein Sprecher auf Anfrage der dju.
Zunächst gemeldete
Festnahmen im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Redaktionsräume
haben sich nicht bestätigt.
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