Sehr geehrte Damen und Herren,
erlauben Sie uns Ihnen ein Informationsdossier über die jüngsten
Entwicklungen bezüglich der kurdischen Frage in der Türkei zuzusenden.
Wie ihnen sicherlich bekannt ist, weckte sowohl die Rede des türkischen
Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Diyarbakir, als auch
die Erklärung zur Waffenruhe durch den KONGRA-GEL, Hoffnungen auf
eine mögliche politische Lösung der kurdischen Frage. Leider
waren trotz dieser erfreulichen Entwicklungen die letzten Wochen weiterhin
von Militäroperationen, sowie zunehmender staatlicher Repressionen
gegen die Zivilbevölkerung und ihre Einrichtungen geprägt. Das
Dossier beschäftigt sich mit den neuren Entwicklungen seit der Rede
Erdogans und der Phase der einseitigen Waffenruhe in der Türkei/Kurdistan.
Es ist eine umfassende Dokumentation, die Ihnen einen Überblick über
die gegenwärtige politische Situation ermöglicht.
Mit dem 3. Oktober, dem Termin der Aufnahme der EU-Betrittsverhandlungen
mit der Türkei, ist auch die Erwartung gestiegen, dass die friedlich-demokratische
Lösung der kurdischen Frage immer mehr ins Rampenlicht der politischen
Agenda, sowohl der Türkei als auch der EU rücken wird. Wir hoffen
natürlich sehr, dass auch die bisherige Kurdenpolitik der Bundesrepublik
Deutschland, sich endlich von einer festgefahrenen Positionen löst
- und das Deutschland eine konstruktive Rolle bei der Lösung der
kurdischen Frage übernimmt.
Es ist Zeit, dass die humanistischen und demokratischen Kräfte sich
durchsetzen und das langjährige Blutvergießen beendet wird.
Die kurdische Seite hat unzählige Versuche unternommen einen Dialog
zu ermöglichen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein
Dialog auch mit der Bereitschaft für eine gemeinsame Lösung,
sowohl seitens der türkischen Regierung und des Militärs als
auch der europäischen Regierungen, beantwortet wird. Hierzu wären
erste Schritte:
• Ein beidseitiger Waffenstillstand und die endgültige Einstellung
der Militäroperationen
• Die Einrichtung einer Gerechtigkeitskommission nach südafrikanischem
Vorbild
• Die Neuaufnahme des Prozesses von Abdullah Öcalan vor einem
internationalen unabhängigen Gericht
• Die Anerkennung Abdullah Öcalans als politischer Gesprächspartner
• Eine Amnestie der politischen Gefangenen
• Ein strafloses Rückkehrrecht der Guerillas in die Gesellschaft
• Die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei und die Wiederaufbau
der zerstörten Dörfer
MfG
KNK-Deutschlandvertretung
Informationsdossier
über die jüngsten politischen Entwicklungen in der Türkei
im Rahmen der kurdischen Frage
Inhaltsverzeichnis:
Über die Phase der Waffenruhe in der kurdischen Frage
Eine
Chronologie der Entwicklungen
Meinungen
zur Initiative der Intellektuellen und den Äußerungen von Ministerpräsident
Erdogan
Die
Haltung des Militärs
Eine
die Phase sabotierende Versammlung des Nationalen Sicherheitsrats
Angriffsziel:
legale Politik
Die
Rolle der türkischen Medien: Destabilisierung, Chauvinismus und psychologische
Propaganda
Die
Isolationshaftbedingungen von Öcalan wurden verschärft
Angriffe
auf friedliche Demonstrationen und der Versuch, einen türkisch- kurdischen
Konflikt zu provozieren
Die
anti-kurdische Atmosphäre wird verschärft
Angriffe
auf kurdische Medien
Die
Haltung der Kurdinnen und Kurden in dieser Zeit
Die
Bevölkerung geht in die Operationsgebiete
Rückkehr
zum Ausnahmezustand
Eine
Gegenüberstellung der Haltungen beider Seiten
Kurze
Bilanz der Gefechte
Ein
Appell aus Europa für Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen
Konflikt
Schlussresolution
der Second International Conference of the EU-Turkey Civic Commission
(EUTCC) – „The EU, Turkey and the Kurds”
Erarbeitet von der
Deutschlandvertretung des Kurdistan Nationalkongresses
Chausseestr. 15, 10115 Berlin, tel: 030 – 24724196, fax: 030 –
24724902, email: knkberlin@gmx.de
Über die Phase der Waffenruhe in der kurdischen
Frage
„Immer noch
harrt die kurdische Frage einer gerechten und demokratischen Lösung.
Sie würde auch wesentlich zum Frieden im Mittleren Osten beitragen.
Die wieder aufgeflammten Kämpfe in kurdischen Gebieten in der Türkei
haben zu einer weiteren Verschärfung der gesellschaftlichen Probleme
des Landes geführt. Es besteht die Gefahr einer weiteren Eskalation.
In dieser kritischen Situation übernahm eine Gruppe von türkischen
Intellektuellen die Initiative und appellierte an die Konfliktparteien,
sämtliche militärischen Auseinandersetzungen einzustellen und
für eine vollständige Beendigung der Atmosphäre der Gewalt
zu sorgen. Die türkische Regierung wurde des Weiteren aufgefordert,
demokratische Schritte zur Lösung der kurdischen Frage zu unternehmen.
Inzwischen erkannte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip
Erdogan in einer Rede, die er am 12. August in Diyarbakir nach einem Gespräch
mit türkischen Intellektuellen hielt, die Existenz der kurdischen
Frage an. In dieser Rede gestand er erstmals Fehler in der türkischen
Politik und sprach sich dafür aus, eine Lösung der kurdischen
Frage im Rahmen einer Ausweitung des demokratischen Reformprozesses anzustreben.
Diesen Vorschlag halten wir für konstruktiv, da er die Chance bietet,
eine Basis für eine Lösung zu schaffen.
Auch die kürzlich ausgerufene einmonatige Waffenruhe von Kongra-Gel
ist in diesem Sinne als konstruktiver Beitrag zu einer friedlichen Lösung
zu werten. Die vergangenen Jahre der blutigen Kämpfe und der Tränen
haben gezeigt, dass sich die kurdische Frage nicht mit Gewalt lösen
lässt. Diese Einsicht ist für eine Vertiefung des jetzigen Prozesses
von Nöten, um letztendlich auf demokratischem Wege zu einem dauerhaften
Frieden zu kommen.
Die genannten Entwicklungen in der Türkei geben Anlass zu der Hoffnung,
die kurdische Frage in der Türkei könne in absehbarer Zeit gelöst
werden. Damit dies nicht bei Worten bleibt wie oftmals in der Vergangenheit,
bedarf es weiterer Schritte, die der Vertrauensbildung dienen müssen.
Deshalb fordern wir als europäische Intellektuelle, Künstler,
politisch aktive Menschen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen
von beiden Konfliktparteien, dass diese alle notwendigen Schritte unternehmen,
damit (…) aus der jetzigen Situation ein dauerhafter Frieden erwächst.
(…)“
So setzen sich, in einer konzertierten Aktion, Prominente aus den EU-Ländern
(u.a. der Schriftsteller Günter Grass aus Deutschland) in ihrem „Appell
aus Europa für Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen Konflikt“
(siehe Anhang) ein.
Trotz großer Hoffnungen und Erwartungen blieb auch diese Chance
ungenutzt. Zuvor wurden von der kurdischen Seite seit 1993 drei einseitige
Waffenstillstände ausgerufen, die die türkische Regierung jedes
Mal unbeantwortet ließ.
Am 20. September 2005 lief die einmonatige Waffenruhe des KONGRA-GEL ab.
In einer Erklärung vom 21. September 2005 (siehe Anhang) wurde die
Waffenruhe bis zum 3. Oktober verlängert.
Eine
Chronologie der Entwicklungen
Der Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan traf sich am 10. August
mit einer Gruppe von türkischen Intellektuellen. Zwei Tage später
unternahm er eine Reise mit drei Ministern und einem großen Beraterstab
nach Diyarbakir. In seiner Rede nannte er das kurdische Problem zum ersten
Mal beim Namen und durchbrach dadurch ein staatliches Tabu: „Ja,
wir haben ein kurdisches Problem. Wir sind bereit uns diesem Problem zu
stellen. Wir werden Euch ernst nehmen. Die kurdische Frage ist vordergründig
mein Problem.”
Als Antwort auf diese Entwicklung bereitete sich der Kongra-Gel darauf
vor, während einer Pressekonferenz, am 19. August in Brüssel,
einen einmonatigen Waffenruhebeschluss zu veröffentlichen. Mit diesem
Beschluss wollte die Organisation den Weg für einen gewaltfreien
Prozess ebnen.
Aber aufgrund von
Interventionen der türkischen Regierung bei den belgischen Verantwortlichen
wurde die Pressekonferenz, die Zübeyir Aydar, der Präsidiumsvorsitzende
des Kongra-Gel einberufen hatte, verboten. Die Erklärung der Waffenruhe
erfolgte daraufhin schriftlich und die Phase wurde trotz allem begonnen.
In der Erklärung
heißt es: „Aus all den Gründen wollen wir als KONGRA-GEL
den weiteren Weg für diesen Prozess freimachen, indem wir folgenden
Appell an alle nationalen demokratischen Kräfte, allen voran die
HPG, richten. Wir halten es für notwendig, dass alle legitimen Verteidigungskräfte
in der Zeit vom 20. August bis zum 20. September ihre bewaffneten Kräfte
vom Zustand der aktiven Verteidigung in den der passiven Verteidigung
bringen, um den Weg für eine friedliche und demokratische Lösung
zu eröffnen und auf diese Weise ihren Beitrag zur Entwicklung eines
Prozesses zu leisten, der zu einer Lösung führt. Es ist von
Bedeutung, dass außer erzwungener Selbstverteidigung gegenüber
Operationen mit Vernichtungsabsichten keine bewaffneten Aktionen durchgeführt
werden und somit eine gefechtsfreie Atmosphäre geschaffen wird. Wir
erachten es für wichtig, den Prozess in dieser Weise voranzutreiben,
um es so denjenigen Kreisen, die sich um eine Lösung des Problems
bemühen, zu ermöglichen, praktische Schritte zu unternehmen,
beziehungsweise zu verstehen, ob eine Lösung überhaupt gewünscht
ist. Wir als kurdische Seite kämpfen aus Überzeugung für
einen realistischen Frieden und eine demokratische Lösung. Es ist
für unsere Seite sehr wichtig, eine aufrichtige und lösungsorientierte
Herangehensweise der Gegenseite zu sehen. Wir erklären ganz offen,
dass wir politische Schritte, die auf eine realistische Lösung und
nicht auf die Vernichtung der einen Seite abzielen, nicht unerwidert lassen
werden.”
Meinungen
zur Initiative der Intellektuellen und den Äußerungen von Ministerpräsident
Erdogan:
Deniz Baykal, Vorsitzender der Republikanischen Volkspartei (CHP): „Der
Ministerpräsident versucht nun mit einem politischen Flirt etwas
zu erreichen. Dieser Flirt darf aber in keiner Weise die Kampfentschlossenheit
der Türkei gegen den Terror schwächen. (...)“
„Der Terror in der Türkei ist nicht nihilistisch. Hinter ihm
stehen politische Projekte. Der Kampf gegen den Terror muss auf der Grundlage
dieser Realität geführt werden.“
„Der Terror in der Türkei ist ein politisches Projekt. Mit
Demokratisierung kann dieses Problem nicht gelöst werden. Dieses
politische Projekt ist unabhängig von Demokratie. Mit dieser Politik
können keine Fortschritte erzielt werden. Dieser Weg, im Namen der
Demokratie, ist eine Zusammenarbeit mit der Gewalt. Es scheint, als wolle
der Ministerpräsident den Terror dadurch beseitigen, dass er die
Beteiligten zufrieden stellen will, das ist gefährlich. (...) Die
Regierung will die PKK legalisieren. Aber die Türkei wird Separatismus
nie akzeptieren.”
Yasar Okuyan, Vorsitzender der Freien Partei (HÜRPARTI): ”Es
ist ein ernstes Unglück für unser Land, dass jemand, der die
Funktion des Ministerpräsidenten der türkischen Republik bekleidet,
zum ersten Mal den Begriff „kurdisches Problem“ angewandt
hat. Die Erklärung des Ministerpräsidenten bezüglich der
kurdischen Frage ist ein wichtiger Beitrag zur Bestrebung der PKK sich
zu politisieren. Daher ist das in keiner Weise akzeptabel und vertretbar.“
Dogu Perinçek, Vorsitzender der Arbeiterpartei (Isçi Partisi,
IP): „Die kurdische Frage in der Türkei wurde im Hinblick auf
die demokratischen Rechte und Freiheiten gelöst. Die Intellektuellen
Soros [hier ist die Gruppe von Intellektuellen gemeint, mit denen sich
Erdogan getroffen hatte] und der Ministerpräsident Erdogan sind Figuren
eines Szenarios. Sie führen ein Theaterstück auf. Das Stück
heißt: Großes Mittel-Ost-Projekt. Die Rollen wurden von Washington
verteilt, und die Spieler erledigen ihre Aufgaben.”
Önder Kahveci, Vorsitzender der Gesundheitsgewerkschaft Türk
Saglik Sen: „Die Regierung hat mit diesem Gespräch [gemeint
ist das Treffen mit den Intellektuellen] indirekt sozusagen Friedensgespräche
mit der PKK aufgenommen.”
General Hursit Tolon erklärte bei der Einführung Ilker Basbugs
als 1. Armeekommandeur, dass die Intellektuellen die unteilbare Einheit
des Staates angreifen wollten, und kritisierte sie dafür, dass sie
Einfluss auf den Waffenruhebeschluss von Kongra-Gel hätten.
Erkan Mumcu, Vorsitzender der Mutterlandspartei (ANAP): „Der Ministerpräsident
hat sich nicht gescheut, beim Treffen mit den Intellektuellen Ausdrücke
zu verwenden, die bislang von jedem Minister der türkischen Republik
bewusst umgangen wurden, weil sie sozusagen der Urheberschaft der separatistischen
Organisation zugeschrieben werden. Es ist inakzeptabel, dass das Problem
als „kurdisches Problem” definiert wurde. Dies ist eine von
der separatistischen Organisation patentierte Definition.”
Devlet Bahçeli, Vorsitzender der Nationalistischen Bewegungspartei
(MHP): „Es ist höchst besorgniserregend, dass in einer Atmosphäre,
in der der Terror sich zuspitzt, die Diskussion um eine politische Lösung
auf die Tagesordnung der Türkei getragen wird. Den Antiterrorkampf
des Staates als Gewaltpolitik zu sehen, stellt den Staat mit der blutigen
Terrororganisation auf die gleiche Ebene. Das Ziel ist, die Türkei
in eine Verhandlungsatmosphäre zu drängen, indem die Kreise,
die ein separatistisches Ziel verfolgen, zu Gesprächspartnern auf
der Grundlage des Dialoges und der demokratischen Diskussion avancieren.
Eine Gruppe so genannter Intellektueller hat die Führung bei diesem
Vorstoß unternommen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan
hat in seinem letzten Gespräch mit dieser Gruppe die falsche Herangehensweise
unterstützt und somit eine unverzeihliche schwere Schuld gegenüber
der Geschichte und der Nation auf sich geladen.”
Mehmet Agar, Vorsitzender der Partei des Rechten Weges (DYP): „Welcher
Schritt zur Lösung welchen Problems war die Reise des Ministerpräsidenten
in Diyarbakir, die er tagelang vorbereitet hatte und für die er Öffentlichkeit
zu schaffen versuchte? Gab es eine Entwicklung im Antiterrorkampf? Wurde
die gesellschaftliche Übereinkunft auf der Grundlage der Einheit
des Landes unterstrichen? Wurde den Menschen eine Perspektive von Entwicklung
und Wohlstand gegeben? Nichts davon ist der Fall. Die Haltung des Ministerpräsidenten,
der diejenigen legitimiert, die eine ethnische Identität aufzwingen
wollen, ist für die Türkei ein Anzeichen riskanter Entwicklungen.”
Osman Baydemir, Oberbürgermeister von Diyarbakir: „Es ist notwendig,
dass jeder opferbereit ist, um eine neue Seite aufschlagen zu können.
Mit der Umsetzung dieser Erklärungen kann die Grundlage für
eine Demokratisierung geschaffen werden. Wenn die Anwendung von Gewalt
ein Ende findet, kann sich eine Vertrauensbasis bilden. Es ist äußerst
wichtig, dass der Ministerpräsident die kurdische Frage als solche
definiert hat. Wir haben einen Bericht angefertigt, den wir Erdogan übergeben
werden. Wir sind bereit, für gesellschaftlichen Frieden und Wohlstand
jede Aufgabe auf uns zu nehmen. Wir wollen alles in unserer Macht Stehende
tun, damit eine helle Zukunft, wie es der Ministerpräsident formulierte,
geschaffen werden kann.”
Zentrale der Demokratischen Volkspartei (DEHAP): „Wir bewerten es
als einen positiven Schritt, dass Ministerpräsident Erdogan gestern
beim Treffen mit einer Gruppe von Intellektuellen zum ersten Mal das kurdische
Problem als solches definierte. Der Ministerpräsident hat zum ersten
Mal die kurdische Frage beim Namen genannt und erklärt, dieses Problem
mit demokratischen Reformen lösen zu wollen. Diese Veränderung
in der Haltung des Ministerpräsidenten, der davon Abstand nahm, das
Problem für nichtexistent zu erklären, zu übersehen oder
ausschließlich auf ein Sicherheitsproblem zu reduzieren, erachten
wir als einen wichtigen Schritt.“
Yusuf Alatas, Vorsitzender des Menschenrechtsvereins (IHD): „Die
Äußerungen, die Tatsache, dass der Ministerpräsident zum
ersten Mal vom „kurdischen Problem” spricht und erklärt,
andere Lösungsansätze verfolgen zu wollen, sowie die Erklärungen
der Intellektuellen vor der Presse sind für uns höchst positive
Entwicklungen. Die nächsten Schritte müssen beobachtet werden.
Das passiert nicht zum ersten Mal in der Türkei. Für diese Regierung
ist das jedoch einmalig. Wir werden beobachten und sehen.”
Leyla Zana, Hatip Dicle, Orhan Dogan und Selim Sadak: „Wir glauben,
dass die Äußerungen: ‚Die Türkei besitzt das notwendige
Selbstbewusstsein und den Mut, sich ihren Problemen zu stellen. Wir streiten
die Existenz der kurdischen Frage nicht ab. Wir glauben, dass die kurdische
Frage eine Demokratiefrage ist.’, zum ersten Mal in der Geschichte
der Republik das Tabu in der traditionellen Staatspolitik durchbrochen
hat.
Aber das Leid, das trotz positiver Erklärungen erfahren wurde, ist
nicht vergessen. Die Erklärung des Ministerpräsidenten ‚Wir
streiten die Existenz der kurdischen Frage nicht ab’ ist mutig,
notwendig, bedeutsam und wichtig.
Wir glauben, dass die Lösung der kurdischen Frage mittels demokratischer
und friedlicher Mittel die Einheit der Türkei und die gemeinsamen
Werte schützen und darüber hinaus die Gefühle der Geschwisterlichkeit,
Freundschaft und Liebe festigen wird.“
Die Haltung des Militärs:
Am ersten Tag der
einmonatigen Waffenruhe, d.h. am 20. August, steigerte das Militär
seine Repressionen gegen die Bevölkerung in Hakkari. Nach der Verlagerung
von Militäreinheiten aus Bolu und Kayseri in die Stadt wurden in
der Nacht Hausdurchsuchungen durchgeführt. In den Straßen waren
ständig Panzer präsent, als wollte die Armee dadurch ihre Stärke
beweisen. Eine Delegation von zivilgesellschaftlichen Organisationen unter
Bürgermeister Metin Tekçe untersuchte die Situation in der
Stadt und fertigte einen Bericht an, den sie dem zuständigen Gouverneur
übergab. Am 24. August wurde in der Kreisstadt Yazihan bei Malatya
eine Hochzeit unter dem Vorwand gestürmt, dort sei die PKK-Flagge
angebracht worden. Die Gäste wurden verbal angegriffen. Die provokative
Haltung des Militärs hielt auch in den darauf folgenden Tagen an.
Eine
die Phase sabotierende Versammlung des Nationalen Sicherheitsrats
Am 23. August, auf der Versammlung des Nationalen Sicherheitsrats, wurde
die Entscheidung darüber getroffen, wie die Phase der einmonatigen
Waffenruhe beantwortet werden soll. Es wurden dort Beschlüsse gefasst,
die zur Sabotierung der Phase beigetragen haben. Die Armee legte einen
„Terrorbericht“ vor. Sie kritisierte Erdogan für seine
Rede in Diyarbakir und erklärte erneut: „In der Türkei
gibt es kein Kurdenproblem, sondern ein Terrorproblem.“ Der militärische
Flügel übte in dieser Versammlung psychischen Druck auf Erdogan
aus und beendete die Versammlung mit dem angestrebten Ergebnis. In der
Abschlusserklärung wurde auf die Aufgaben der Regierung verwiesen
und betont, dass die Armee ihren Einfluss in der Politik auch weiterhin
geltend machen werde: „Die Hauptaufgabe der Regierung ist es, ihre
in der Verfassung verankerten Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.“
Von vielen gesellschaftlichen Kreisen wurde diese Erklärung als Denkzettel
bewertet.
Angriffsziel: legale Politik
Die Äußerungen während der Versammlung des Nationalen
Sicherheitsrats trugen schon am nächsten Tag Früchte. Die eingeleitete
Untersuchung bezüglich des Abschlussberichtes der Ratsversammlung
der Provinzvorsitzenden der DEHAP endete mit Festnahmen. Der Parteivorsitzende
der DEHAP, Tuncer Bakirhan, wurde gemeinsam mit weiteren neun Parteifunktionären
dem Staatsanwalt vorgeführt, der ihre Verhaftung forderte, weil sie
angeblich wissentlich die PKK unterstützt hätten. Zwar wurde
dieser Forderung durch die 11. Große Strafkammer in Ankara nicht
entsprochen, es wurden jedoch Ausreiseverbote für die Betroffenen
erlassen, darüber hinaus eine wöchentliche Meldeauflage. Daraufhin
erklärte Bakirhan, dass mit diesem Urteil versucht werde, ihnen selbst,
der EU, der Regierung und den Kurden eine Botschaft zu übermitteln.
Am selben Tag ging Murat Karayilan auf die Forderungen, der Kongra-Gel
solle die Waffen bedingungslos niederlegen, ein und erklärte: „Wenn
wir die Waffen niederlegen wollten, wo sollen wir sie abgeben? Gibt es
einen Mechanismus, habt ihr eine Institution, welche die Waffen entgegennehmen
könnte?“
Die Rolle der türkischen Medien: Destabilisierung,
Chauvinismus und psychologische Propaganda:
Die Haltung der Presse entsprach in diesem einen Monat den Erwartungen
des Generalstabes. Mit der Fahnenprovokation zu „Newroz“ war
ersichtlich geworden, dass das Militär auf einen Knopf gedrückt
hatte. Die politische und gesellschaftliche Initiative und Hegemonie ging
nach diesem Ereignis auf die Armee über. Es wurde versucht die Bevölkerung
für die eigenen politischen Interessen auszunutzen, indem bewusst
nationalistische Gefühle geweckt wurden, um eine Hetzkampagne und
eine gewalttätige Atmosphäre gegen Kurdinnen und Kurden zu provozieren.
Zuletzt hatte der stellvertretende Vorsitzende des Generalstabes, am 17.
Juli in einem Instruktionsgespräch mit der Presse, sein Konzept eines
Vernichtungskrieges gegen die Kurdinnen und Kurden erläutert und
alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte – die Presse
einbezogen – dazu aufgerufen, sich geschlossen hinter dieses Konzept
zu stellen.
Der Aufruf des Kongra-Gel zur Waffenruhe wurde von der Presse am ersten
Tag in Form einer kurzen Meldung wiedergegeben. Am nächsten Tag begann
sie jedoch, den Kongra-Gel zur bedingungslosen Waffenniederlegung aufzufordern.
So erschien die Hürriyet am 21. August mit der Überschrift „Legt
die Waffen bedingungslos nieder“. Die Meldung vom 29. August, der
kurdische Schriftsteller Mehmet Uzun habe die Türkei nach Drohungen
der PKK verlassen, erwies sich schon sehr bald als Lüge. In dieser
Zeitspanne wurde über die Medien auch die Nachricht verbreitet, dass
die Tötung von 33 Soldaten 1993, womit der erste Waffenstillstand
faktisch beendet wurde, von Abdullah Öcalan befohlen worden sei (dabei
hatte Öcalan erklärt, dass der damalige verantwortliche Kommandant
Semdin Sakik auf eigene Verantwortung den Befehl gegeben und somit die
Friedensphase von 1993 sabotiert hatte). Mit einer derartig einseitigen
Berichterstattung wurde bewusst eine Destabilisierung der Verhältnisse
betrieben. Man kann in diesem Zusammenhang auch von psychologischer Kriegsführung
sprechen.
Die Isolationshaftbedingungen von Öcalan
wurden verschärft
Seit dem 1. Juni 2005 haben die Rechtsanwälte Abdullah Öcalans
keinen Kontakt mehr zu ihrem Mandanten, da Öcalan die Anwaltsbesuche
aufgrund einer seit dem Juni gültigen Gesetzesänderung verweigert,
welche u.a. die direkte Überwachung von Mandantengesprächen
durch die Staatsanwaltschaft vorsieht.
Seit dem 1. Juni 2005 hatten die Familienangehörigen Öcalans
nur viermal Kontakt zum Kurdenführer. Sie mussten sich bei diesen
Besuchen entwürdigenden Durchsuchungen unterziehen. Anderweitige
Besuche wurden bisher von den türkischen Behörden willkürlich
verhindert. Laut Aussage seines Bruders sind die ohnehin strengen Isolationshaftbedingungen
noch weiter verschärft worden.
Abgesehen davon, dass es den Rechtsanwälten Öcalans nur noch
äußerst eingeschränkt möglich ist, die Angelegenheiten
ihres Mandanten wahrzunehmen – zwölf Rechtsanwälte Öcalans
wurden von Amts wegen ihres Mandates entbunden, gegen mehrere Rechtsanwälte
wurden Verfahren eingeleitet und ein Ausreiseverbot verhängt –,
ist Öcalan nun zusätzlichen Schikanen wie ständigen Provokationen
des Wachpersonals ausgesetzt. Indes wurde der Hofgang auf eine Stunde
pro Tag begrenzt, was eine weitere Verschlechterung seines Gesundheitszustandes
zur Folge hatte. Laut Mehmet Öcalan, dem Bruder von Abdullah Öcalan,
haben sich seine Geschwülste am Kopf vergrößert, die chronische
Sinusitis verschärft und die Atembeschwerden aufgrund chronisch entzündeter
Atemwege massiv zugenommen. Ärztliche Hilfe würde sich ausschließlich
auf äußerliche Untersuchungen beschränken. Weiterhin berichtete
der Bruder Öcalans, dass dem Kurdenführer nur noch einmal im
Monat einige veraltete Zeitungen ausgehändigt würden. Doch viel
besorgniserregender sei, dass Abdullah Öcalan aufgrund der zunehmenden
Provokationen des Wachpersonals die Sicherheit seines Lebens nicht mehr
gewährleistet sehe.
Angriffe auf friedliche Demonstrationen und der
Versuch, einen türkisch-kurdischen Konflikt zu provozieren
Am 4. September 05 wollten Kurden aus unterschiedlichen Teilen des Landes
nach Gemlik, um dort zum einen gegen die Haftbedingungen ihres Vorsitzenden
Abdullah Öcalan zu demonstrieren und zum anderen zu erklären,
dass Öcalan ihren politischen Willen darstelle. Tausenden von Menschen
wurde der Weg nach Gemlik verwehrt. In manchen Orten wurde der Beginn
der Fahrt erst gar nicht zugelassen. Annährend 5.000 Menschen wurden
an der Grenze der Kreisstädte Inegöl und Kemalpasa bei Bursa
gestoppt. Darüber hinaus wurden Menschen, die aus Istanbul abgefahren
waren, von der Polizei an der Weiterfahrt gehindert. In den Stadtteilen
Sarigazi, Gazi Mahallesi, Kartal und Ikitelli kam es zu Protestkundgebungen.
Die Sicherheitskräfte setzten gegen die Demonstranten Tränengas
und Schlagstöcke ein. Menschen wurden von rechtsradikalen Kräften,
den so genannten „Grauen Wölfen“, angegriffen. Die Polizei
verschloss während dieser Angriffe die Augen.
Die Kurdinnen und Kurden, die an ihrer Weiterfahrt nach Gemlik gehindert
worden waren, wurden während ihrer Rückreise in der Kreisstadt
Bozüyük bei Bilecik von einer großen Menschenmenge angegriffen
und an ihrer Weiterfahrt gehindert.
Die Feierlichkeiten zum Gründungsjahrestag der Stadt Bozüyük,
welche im Stadtstadion stattfinden sollten, wurden kurzfristig abgesagt,
um die Menschen an die Route der Gemlik-Demonstranten zu mobilisieren.
Die Busse der Demonstranten wurden angegriffen, die Insassen attackiert.
Die Menschen mussten gezwungenermaßen stundenlang in Todesangst
in den Bussen ausharren. Anschließend wurden sie zusätzlich
von Polizei- und Gendarmeriekräften angegriffen. Zivilgesellschaftliche
Organisationen wie der Menschenrechtsverein IHD, ÖDP und KESK haben
in unterschiedlichen Erklärungen ihre Besorgnis gegenüber dieser
Entwicklung zum Ausdruck gebracht und alle gesellschaftlichen Kräfte
zur Vernunft aufgerufen. Der DEHAP-Vorsitzende Tuncer Bakirhan kritisierte
die politisch Verantwortlichen, die keine Vorkehrungsmaßnahmen getroffen
hatten. Nach Angaben der Rechtsanwaltsvereinigung TUHAD-FED wurden bei
den Angriffen 200 Menschen verletzt, 3 Autos vollständig abgebrannt,
37 Autos beschädigt und die Privatgegenstände von 76 Personen
beschlagnahmt. Die Lynchversuche, die über die TV-Bildschirme ausgestrahlt
worden waren, führten dazu, dass die Empörung sich in kurzer
Zeit in der Region verbreitete. Am nächsten Tag fanden in Diyarbakir,
Siirt, Van und in vielen Stadtteilen Istanbuls Protestkundgebungen gegen
diese Lynchversuche statt.
Die
anti-kurdische Atmosphäre wird verschärft
Auf Demonstranten in Siirt wurde mit automatischen Gewehren geschossen.
Infolge des Angriffes kam der Demonstrant Abdullah Aydan ums Leben. In
Van wurde bei einem brutalen Angriff auf die Demonstranten Selahattin
Urgan verletzt. Die antikurdische Stimmung während der Demonstration
in Gemlik erreichte in Akçakoca bei Düzce ihren Höhepunkt.
Am 6. September wurden Haselnusspflücker aus Sirnak-Beytüssebap
im Dorf Karatavuk, nahe der Kreisstadt Akçakoca, von Dorfbewohnern
angegriffen. Hier wurde Abdülrezak Özdemir mit einem Gewehr
erschossen, weitere sechs Personen wurden verletzt. Während die Repressionen
gegen Kurdinnen und Kurden anhielten, wurden in Dersim, Siirt-Kurtalan
und Diyarbakir Militäroperationen begonnen. Ministerpräsident
Erdogan, der einen Volksaufstand befürchtete, erklärte am 10.
September: „Wenn die Demonstrationen zunehmen, werden auch die Angriffe
der Sicherheitskräfte zunehmen.”
Angriffe auf kurdische Medien
Den kurdischen Einrichtungen wurde nicht nur in der Türkei der Kampf
angesagt. Über diplomatische Beziehungen blieben auch kurdische Medieneinrichtungen
in Europa davon nicht verschont. Seit längerem schon hatten Vertreter
der Armee und Politik ihren Unmut über das Erscheinen der kurdischen
Tageszeitung Özgür Politika, die Arbeit der Nachrichtenagentur
MHA und die Ausstrahlung des kurdischen Fernsehsenders ROJ TV erklärt.
So äußerte der stellvertretende Generalstabsvorsitzende der
türkischen Armee Ilker Basbug in einer Presseerklärung am 19.
Juli 2005: „Einige Institutionen, Personen und zivilgesellschaftliche
Organisationen, die eine Verbindung zur Organisation unterhalten, die
diese unterstützen und Propaganda für sie machen, müssen
bekämpft werden. (...) Von der türkischen Presse erwarten wir,
keine Nachrichten zu veröffentlichen, die die Ziele der Organisation
stärken könnten. Das Hauptziel des Kampfes sollte es sein, die
Erfolgshoffnung der Organisation zu brechen und zu vernichten.“
Am 7. September 2005 war in der Hürriyet folgende Meldung zu lesen:
„Der Prozess der Schließung des PKK-Presseorgans in Deutschland
„Özgür Politika“ begann mit einem Brief von Außenminister
Gül an seinen deutschen Amtskollegen Fischer. Innenminister Schily,
dem diese Forderung durch Fischer mitgeteilt wurde, hat die Zeitung daraufhin
verboten.
Es heißt, dass der Brief von Außenminister Abdullah Gül
an seinen deutschen Kollegen Joschka Fischer bei der Schließung
von Özgür Politika, der Verknüpfungen mit der Organisationsstruktur
der PKK unterstellt werden, eine wichtige Rolle spielte. In dem Brief
vom 2. Juni hatte Gül ausführlich über die Tätigkeit
der PKK informiert. Gül, der auch ausführlich auf die Unterstützung
von Terroraktionen durch die Zeitung einging, forderte die Schließung
von Özgür Politika.
Fischer leitete umgehend die Forderung Güls an Bundesinnenminister
Otto Schily weiter. Dieser berief seinen Stab ein und ordnete an, das
Verbot von Özgür Politika vorzubereiten. Schily erklärte,
dass er nicht erneut mit der Behauptung ‚Deutschland verletzt die
Pressefreiheit’, die nach dem Verbot der Zeitung Vakit geäußert
worden war, konfrontiert werden wolle, und forderte daher höchste
Aufmerksamkeit. Die Untersuchungen seines Stabes ergaben die folgende
Formel: Nicht direkt die Özgür Politika sollte verboten werden,
sondern der Verlag E. Xani Presse und Verlag mit der Begründung einer
PKK-Unterstützung. Nach dem Verbot des Verlages wäre somit auch
die Herausgabe der Zeitung unterbunden. (...) In einer Erklärung
des Außenministers nach dem Verbot der Özgür Politika
wurde der Beschluss begrüßt. (...)“
Am 5. September 2005 wurden aufgrund eines Verbotserlasses des Bundesinnenministers
die Redaktionsräume der Tageszeitung Özgür Politika in
Neu-Isenburg sowie Privatwohnungen leitender Mitarbeiter des Blattes als
auch freier Autoren, die weder einen Mitarbeiterstatus noch eine Leitungsfunktion
im Verlag innehatten, in verschiedenen deutschen Städten durchsucht.
Zeitgleich führten die Beamten eine Durchsuchung in den Räumen
der Nachrichtenagentur MHA in Neu-Isenburg sowie der Musikproduktion MIR
in Düsseldorf und im Mesopotamiya-Verlag in Köln durch. Inzwischen
wurde auch die Nachrichtenagentur verboten. Am 30. August erklärte
General Yasar Büyükanit: „Der PKK-Sender ‚Roj TV’
sendet von Dänemark aus. Das kann ich nicht hinnehmen.“ Auch
in Dänemark wurde mit der Forderung, das Land solle die Lizenz zurücknehmen,
interveniert. Bei dem Verbot handelt es sich um einen eklatanten Verstoß
gegen die Pressefreiheit. Die Medienberichterstattung über die Situation
in der Türkei soll anscheinend auch in Europa gleichgeschaltet –
und jede kritische Berichterstattung ausgeschaltet – werden. Die
Vorwürfe gegen die Özgür Politika und den Verlag sind haltlos
und wurden sowohl von der Gewerkschaft der JournalistInnen (DJU) wie auch
von vielen EU-Politikern verurteilt. In Zukunft ginge es darum, derartige
Angriffe gegen die Meinungsfreiheit in Europa von vornherein zu verhindern,
war der einstimmige Tenor der Erklärungen. „Es geht bei einem
Beitritt der Türkei nicht darum, die EU bezüglich der Pressefreiheit
auf das Niveau der Türkei zu reduzieren“, kommentierte ein
Anwalt das Verbot.
Die Haltung der Kurdinnen und Kurden
in dieser Zeit
Während auf der Seite des Staates die Waffenruhe mit Unmut aufgenommen
wurde, war auf der kurdischen Seite das Gegenteil der Fall. Mit einer
schriftlichen Erklärung vom 23. August begrüßten unterschiedliche
kurdische Institutionen und Einrichtungen die einmonatige Waffenruhe des
Kongra-Gel. In dieser Erklärung appellierten sie an den Staat, den
Beschluss des Kongra-Gel positiv zu beantworten: „Wir unterstützen
jeden Schritt, der die finsteren Tage in Helligkeit führen, der zum
gesellschaftlichen Frieden beitragen kann und nicht auf den Tod, sondern
auf das Leben unserer Kinder abzielt.“ Die Unterschriftenkampagne
von Kurdinnen und Kurden für den kurdischen Volksvertreter Abdullah
Öcalan wurde auch in dieser Phase fortgesetzt. In diesem Zusammenhang
gingen allein bei der Konföderation kurdischer Vereine in Europa
(KON-KURD) 100.000 Unterschriften von in Europa lebenden Kurdinnen und
Kurden ein. Am 24. August ging die Erklärung des Vorsitzenden der
Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan (KKK), Murat Karayilan, durch die
Presse. Darin hieß es, dass im Falle vertrauenserweckender Schritte
die Waffenruhe verlängert und der Dialog mit gewählten Vertretern
begonnen werden könnte.
Die
Bevölkerung geht in die Operationsgebiete
Nach der Versammlung des Nationalen Sicherheitsrats vom 23. August nahmen
die Militäroperationen erkennbar zu. Nach den Militäroperationen
in Besiri bei Batman wurde deutlich, dass dort seitens der türkischen
Armee Kriegsverbrechen verübt worden waren. Eine Guerillakämpferin
war verletzt festgenommen worden. Nach einem Verhör wurde sie mit
einem Kopfschuss hingerichtet. Ein weiterer Guerillakämpfer wurde
in seinem Versteck in einem Gebüsch lebendig verbrannt. Als diese
Fälle bekannt wurden, nahm die Empörung in der Bevölkerung
zu. Am 28. August begann sie in der Region einen Demonstrationsmarsch
in das Operationsgebiet. Über 2000 Menschen nahmen an diesem Protestmarsch
teil. Nach dem Verlassen von Besiri wurde seitens der Militärs interveniert.
Bei dem Angriff verlor der Demonstrant Hasan Is sein Leben. An seiner
Trauerfeier nahmen über 20.000 Menschen teil. Auch in anderen Städten
kam es zu Protestaktionen.
Nachdem die Menschen in der Region die Leichname der gefallenen Guerillakämpfer
auf großen Kundgebungen entgegennahmen und jede Trauerfeier zu einem
Volksaufstand wurde, forderte der Gendarmerie-Generalkommandant am 3.
September vom Justizministerium die Befugnis, die Leichen getöteter
Guerillakämpfer ohne Benachrichtigung ihrer Familien zu bestatten.
Der republikanische Staatsanwalt von Bingöl erklärte gegenüber
der Presse, dass die Leichen von HPG-Guerillas vernichtet worden seien,
und leitete am 28. August gegen den IHD-Vorsitzenden von Bingöl,
Ridvan Kizgin, ein Verfahren ein, weil der das Wort HPG benutzt hatte.
Rückkehr
zum Ausnahmezustand
Während PKK und Kongra-Gel eine waffen- und gewaltfreie Lösungsatmosphäre
forderten, konnte die Regierung der Haltung des Militärs, den Krieg
fortzusetzen und eine Atmosphäre der Destabilisierung und Gewalt
zu erzeugen, nichts entgegensetzen. Der vom Generalstabsquartier vorbereitete
Gesetzentwurf zur Terrorbekämpfung wurde von der Kommission des Justizministeriums
mit Mehrheit angenommen. Das Gesetz sieht vor: Nach der Neudefinition
des Begriffs „Terror“ kann jedes Vergehen als Terrorismus
bezeichnet werden. Auch wer kein Mitglied einer als Terrororganisation
eingestuften Vereinigung ist, kann wegen etwaiger Vergehen, die mit der
Organisation in Zusammenhang gebracht werden, quasi stellvertretend als
Mitglied dieser Organisation verurteilt werden. Wenn eine Gefährdung
des Untersuchungszieles vermutet wird, brauchen die Familienangehörigen
des Verdächtigen, nach dem Urteil des Staatsanwaltes, nicht in Kenntnis
gesetzt werden. Terrorverdächtige werden in für sie speziell
eingerichteten Einer- bzw. Dreier-Zellen untergebracht. Diejenigen, die
versuchen, die Ziele einer „Terrororganisation“ als legitim
darzustellen, oder Verständnis für die Aktivitäten zur
Verwirklichung ihrer Ziele entwickeln, können mit einer Gefängnisstrafe
von bis zu drei Jahren verurteilt werden. Auf diese Weise kann jede Meinungsäußerung
mit der Unterstellung, sie würde Ziele einer terroristischen Vereinigung
legitimieren – oder verstehen –, unterbunden werden. Den Polizisten
wird bei Operationen die Befugnis erteilt, notfalls zu schießen.
Das gesamte Gesetzespaket wird von Menschenrechtlern weltweit und Organisationen
wie Human Rights Watch kritisiert. Es stellt faktisch eine Rückkehr
zu Ausnahmezustandsregelungen dar und verhindert eine differenzierte Diskussion
lösungsorientierter Ansätze.
Eine Gegenüberstellung der Positionen beider
Seiten:
Die
kurdische Seite |
Der
Staat |
Auf
den Aufruf einer Gruppe türkischer Intellektueller und die Rede
von Erdogan, in der er die kurdische Frage anerkannte und erklärte,
sie mit demokratischen Rechtserweiterungen lösen zu wollen, erklärte
der Kongra-Gel eine einmonatige Waffenruhe.
|
Die
geplante Pressekonferenz von Zübeyir Aydar, Vorsitzender des
Präsidiums des Kongra-Gel in Brüssel, auf der er die einseitige
Waffenruhe deklarieren wollte, wurde auf diplomatischem Wege verhindert. |
Die
HPG hielten sich an die Waffenruhe, solange die Militäroperationen
eine Verteidigung nicht zwingend notwendig machten.
|
Weite
Kreise kritisierten die Äußerungen des Ministerpräsidenten
bezüglich der kurdischen Frage und definierten das Problem als
„Terrorproblem”. |
Die
Kurdinnen und Kurden bekundeten mit einer Vielzahl von Kundgebungen,
Versammlungen und Aktivitäten, dass sie für die sofortige
Beendigung der militärischen Gefechte seien. Hierfür begaben
sie sich in Batman in Operationsgebiete, um die Operationen zu verhindern.
Am 1. September, am Anti-Kriegstag, deklarierten sie erneut ihre Forderung
nach Frieden.
|
Die
Militäroperationen hielten den ganzen Monat über an, mit
hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Mit den Hetzkampagnen
des Militärs und einiger staatstreuer Presseorgane nahmen die
Lynchversuche gegen Kurdinnen und Kurden zu. Die Begräbnisfeiern
für getötete türkische Soldaten wurden zu „Racheschwüren”. |
An
den Begräbnisfeiern für gefallene Guerillakämpfer nahmen
Zehntausende Kurdinnen und Kurden teil. Sie forderten einstimmig Frieden
und verurteilten Nationalismus. |
Zusätzlich
zur Verhinderung der Besuche der Familienangehörigen wurden auch
die Anwälte von A. Öcalan daran gehindert, nach Imrali zu
fahren. Somit wurde in dieser Zeit der Kontakt Öcalans mit der
Außenwelt vollständig abgeschnitten. |
In
einer noch anhaltenden Unterschriftenkampagne erklären Kurdinnen
und Kurden, dass Abdullah Öcalan ihren politischen Willen repräsentiere.
|
Druck
und Repressionen gegen legale kurdische Parteien und Einrichtungen
nahmen zu.
Die Vorbereitungen zur Umsetzung eines Antiterrorgesetzes, mit dem
das Artikulationsrecht der Kurden erneut außer Kraft gesetzt
werden soll, wurden aufgenommen. |
Weitere Vorkommnisse:
• Das Innenministerium
leitete gegen den Oberbürgermeister von Diyarbakir, Osman Baydemir,
ein Verfahren ein, weil er für den Transport der Leiche eines Guerillas
eine Ambulanz zur Verfügung stellen ließ. Außerdem wurde
ein Untersuchung eingeleitet, weil Osman Baydemir bei seinem Gespräch
mit EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn ein Gutachten unter dem Titel „URBAN
AND REGIONAL SOCIO-ECONOMIC PROBLEMS – DEMOCRATISATION IN TURKEY
AND THE KURDISH QUESTION“ übergeben hat.
• Gegen den bekannten türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk
wurde ein Verfahren mit der Strafandrohung von bis zu drei Jahren Haft
eröffnet, weil er geäußert hatte, dass im Verlauf der
Geschichte 30.000 Kurden und 1 Million Armenier getötet worden seien.
• Acht kurdische Namen für Parkanlagen der Kommune Kayapinar
wurden mit der Begründung des „Separatismus” verboten.
Die einmonatige Waffenruhe vom 20. August ist nicht die erste Waffenruhe
der kurdischen Bewegung. Sie hatte bereits in den Jahren 1993, 1995 und
1998 einseitige Waffenstillstände erklärt. Auch die vorherigen
Bemühungen, den Weg für eine politische Lösung des Problems
zu ebnen, blieben unbeantwortet; niemals zuvor wurden die Militäroperationen
jedoch dermaßen intensiviert wie jetzt.
In der einmonatigen Zeitspanne wurden 35 Militäroperationen durchgeführt.
Am 20. August wurden innerhalb der Provinzgrenzen Sirnak und Siirt in
Besta und Herekol Operationen begonnen. Aufgrund von Bombardements aus
der Luft kam es im Gabargebiet zu großflächigen Waldbränden.
Diese Militäroperationen wurden am nächsten Tag durch neue Gefechte
in Dersim und Ordu ergänzt. Im Rahmen dieser Operationen wurden Wälder
in den Regionen Ahpanos, Kutu Deresi und Geyiksuyu in Brand gesteckt.
Die Bilanz der Gefallenen während der Militäroperationen in
Sirnak, Siirt, Dersim, Ordu, Batman, Bingöl und Diyarbakir war während
der einmonatigen Waffenruhe sehr hoch. Infolge der Gefechte verloren 22
Guerillakämpfer und 51 türkische Soldaten ihr Leben.
Kurze
Bilanz der Militärgefechte:
20. August: Bei den
Operationen am Tag des Beginns der Waffenruhe wurden in Dersim und Ordu
Militäroperationen durchgeführt, dabei verloren 2 Guerillakämpfer
ihr Leben.
22. August: Bei Operationen in Maçka bei Trabzon verlor 1 HPG-Guerilla
sein Leben, 2 HPG-Mitglieder wurden festgenommen. Etwa 100 Personen, die
die Operationen beobachteten, wollten die beiden gefangen genommenen Guerillas
lynchen.
22. August: In Herekol und Besta wurden die Operationen eingestellt.
22. August: In der Kreisstadt Semdinli bei Hakkari wurden Wälder
von Soldaten in Brand gesteckt.
26. August: In der Kreisstadt Besiri bei Batman verloren 7 HPG-Kämpfer
ihr Leben bei Militäroperationen.
7. September: Bei den Militäroperationen in Mazgirt bei Dersim verloren
2 Guerillakämpfer ihr Leben.
8. September: Auf dem Berg Munzur bei Dersim wurden 7 HPG-Kämpfer
von türkischen Militärs getötet.
9. September: Beim Besuch des US-Generals James Jones in Ankara forderte
die Türkei Zustimmung und Unterstützung für grenzüberschreitende
Militäroperationen.
10. September: Bei Militärgefechten der Gendarmerie in Çukurca
bei Hakkari verloren 2 Soldaten ihr Leben.
11. September: Bei Operationen in Sirnak wurden 4 Soldaten getötet.
Am selben Tag wurde 1 weiterer Soldat in Bingöl getötet, 2 wurden
verletzt.
11. September: Die Wälder in Ordu und Ovacik bei Dersim wurden in
Brand gesteckt.
12. September: Bei Militäroperationen in der Kreisstadt Genç
bei Bingöl und in den Bergen bei Sirnak verloren 8 Soldaten ihr Leben.
15. September: In der Kreisstadt Semdinli bei Hakkari kam es bei der Rückkehr
von Militäroperationen zu einer Minenexplosion, von der ein Militärtransporter
betroffen war. Hierbei wurden 2 Soldaten getötet, 6 weitere verletzt.
16. September: Bei Militäroperationen bei Semdinli kam ein HPG-Kämpfer
ums Leben.
Es ist Zeit, dass
die humanistischen und demokratischen Kräfte sich durchsetzen und
das langjährige Blutvergießen beendet wird. Die kurdische Seite
hat unzählige Versuche unternommen einen Dialog zu ermöglichen.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein Dialog auch mit der
Bereitschaft für eine gemeinsame Lösung, sowohl seitens der
türkischen Regierung und des Militärs als auch der europäischen
Regierungen, beantwortet wird. Hierzu wären erste Schritte:
- Ein beidseitiger
Waffenstillstand
- Die Einrichtung
einer Gerechtigkeitskommission nach südafrikanischem Vorbild
- Die Neuaufnahme
des Prozesses von Abdullah Öcalan
- Die Anerkennung
Abdullah Öcalans als politischer Gesprächspartner
- Eine Amnestie der
politischen Gefangenen
- Ein strafloses
Rückkehrrecht der Guerillas in die Gesellschaft
- Die Einhaltung
der Menschenrechte in der Türkei
Ein
Appell aus Europa
für
Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen Konflikt
Immer noch harrt die
kurdische Frage einer gerechten und demokratischen Lösung. Sie würde
auch wesentlich zum Frieden im Mittleren Osten beitragen. Die wieder aufgeflammten
Kämpfe in kurdischen Gebieten in der Türkei haben zu einer weiteren
Verschärfung der gesellschaftlichen Probleme des Landes geführt.
Es besteht die Gefahr einer weiteren Eskalation.
In dieser kritischen
Situation übernahm eine Gruppe von türkischen Intellektuellen
die Initiative und appellierte an die Konfliktparteien, sämtliche
militärischen Auseinandersetzungen einzustellen und für eine
vollständige Beendigung der Atmosphäre der Gewalt zu sorgen.
Die türkische Regierung wurde des Weiteren aufgefordert, demokratische
Schritte zur Lösung der kurdischen Frage zu unternehmen.
Inzwischen erkannte
der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in einer
Rede, die er am 12. August in Diyarbakir nach einem Gespräch mit
türkischen Intellektuellen hielt, die Existenz der kurdischen Frage
an. In dieser Rede gestand er erstmals Fehler in der türkischen Politik
und sprach sich dafür aus, eine Lösung der kurdischen Frage
im Rahmen einer Ausweitung des demokratischen Reformprozesses anzustreben.
Diesen Vorschlag halten wir für konstruktiv, da er die Chance bietet,
eine Basis für eine Lösung zu schaffen.
Auch die kürzlich
ausgerufene einmonatige Waffenruhe von Kongra-Gel ist in diesem Sinne
als konstruktiver Beitrag zu einer friedlichen Lösung zu werten.
Die vergangenen Jahre der blutigen Kämpfe und der Tränen haben
gezeigt, dass sich die kurdische Frage nicht mit Gewalt lösen lässt.
Diese Einsicht ist für eine Vertiefung des jetzigen Prozesses von
Nöten, um letztendlich auf demokratischem Wege zu einem dauerhaften
Frieden zu kommen.
Die genannten Entwicklungen
in der Türkei geben Anlass zu der Hoffnung, die kurdische Frage in
der Türkei könne in absehbarer Zeit gelöst werden. Damit
dies nicht bei Worten bleibt wie oftmals in der Vergangenheit, bedarf
es weiterer Schritte, die der Vertrauensbildung dienen müssen. Deshalb
fordern wir als europäische Intellektuelle, Künstler, politisch
aktive Menschen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen
von beiden Konfliktparteien, dass diese alle notwendigen Schritte unternehmen,
damit der sich anbahnende Friedensprozess nicht ins Stocken gerät.
Die internationale Gemeinschaft bitten wir, solche Bemühungen unterstützend
zu begleiten.
Wir rufen die Konfliktparteien
auf, den jetzigen Prozess im Geiste des Friedens, der Demokratie und der
Menschenrechte zu entwickeln, damit aus der jetzigen Situation ein dauerhafter
Frieden erwächst.
Die Europäische
Union bitten wir, eine aktive Rolle zu übernehmen, um den für
einen Friedensprozess notwendigen Dialog zu fördern,
und die internationalen
Institutionen fordern wir zur Unterstützung aller der Kräfte
und Institutionen in der Türkei auf, die mit ihrem Wirken zum Frieden
und zur Demokratie beitragen.
UnterzeichnerInnen:
Danielle Mitterand,
Fondation France Liberte, José Bové, Via Campesina –
World Confederation of Peasants, Spokesperson, M. Dominique Sopo, President
of SOS Racisme, Samuel Thomas, Vice-President of SOS Racisme, Alain Calles,
Sociologist, Joël Dutto, Regional Councillor, Delegate for Humanitarian
Mission, Bernard Granjon, Honorary President of Medecins du Monde, Sophie
Roudil, Secretary General of Solidarite-Liberte, Marseille, Georges Sinibaldi,
President, Solidarite-Liberte, Kleiv Fiskvik, Norwegian Trade Union Confederation
(LO), Thorvald Steen, Writer , Erling Folkvord, Former Norwegian Socialist
Party MP and Writer, William Nygaard, President, Norwegian Editors Union
and Member of Executive Council of Norwegian PEN, Björn Jacobsen,
Socialist Party Member of Parliament and Member of Parliamentary Foreign
Affairs Commission , Knut Kjeldstadli, Professor History, Oslo University,
M. Kristin Halvorsen, Socialist Party President, M. Reza Rezai, Socialist
Party International Relations Secretary, M. Hallgeir Langeland, Socialist
Party Member of Parliament, Esben Laukeland, Journalist, Peter M. Johansen,
Journalist, Lars Ohly, President, Swedish Left Party, Lotta Hedström,
Swedish Green Party Member of Parliament, Committee for Foreign Affairs,
Agne Hansson, Swedish Central Party, Siw Handros-Kelekay, Member of Kurdish-Finnish
Peace Council and Cultural Solidarity Association), Elina Järvenpää,
Engineer and Member of Kurdish-Finnish Peace Council and Cultural Solidarity
Association, Rune Lund, Red-Green Alliance Member of Parliament, Lord
Dholakia, House of Lords, Liberal Democrat, Lord Toby Harris, House of
Lords, Labour , Lord Rea, House of Lords, Labour , Alyn Smith MEP, Member
of European Parliament, John Austin MP, House of Commons, Labour, Hywel
Williams MP, House of Commons, Plaid Cymru, John McDonnell MP, House of
Commons, Labour, Hugo Charlton, Chair, Green Party of England, Scotland
and Wales, Mark Thomas, Comedian, Nick Hildyard, Policy Analyst , Stewart
Hemsley, Chair, Pax Christi, UK, Bill Speirs, General Secretary Scottish
Trades Union Council, Jacobo Venier, Spokesperson for International Relations
of Italian Communist Party, The Honourable Oliviero Diliberto, Deputy
and General Secretary of Italian Communist Party, Former Minister of Justice
, Hugo Van Rompaey, Honorary Senator , Jan Beghin, Deputy Socialist Party
Alternative, SPIRIT, Lionel Vandenberghe, Senator, SPIRIT, Mahfoudh Romdhani,
Vice- President of Brussels Parliament, Jan Loones, Deputy for Vlaamsblok
in Belgian Parliament, Massimo D'Alema, European Deputy of Socialist Group,
Italy, Jean Lambert, Green Goup Deputy, UK, M. De Heer Jean-Luc Dehaene,
European Deputy of PPE-DE-Belgium, M. Francis Wurtz, European Deputy and
President of the Co Federal Group of GUE (United Left Group), France,
M. Vittorio Agnoletto, European Deputy of the Co Federal Group of GUE,
Italy, Luisa Morgantini, European Deputy of the co federal group of GUE,
Italy, M. Alain Lipietz, European Deputy of Green Group ALE, Urs Miller,
Deputy of Basel Basta party and chef of fraction, Wettstein Annette, Deputy
of Basel Greens Party, Maya Heuschmann, Coordination of Amnesty International,
Switzerland, Meyer Jurg, Deputy of Basel Socialist Party, journalist,
Jams Beat, President of Basel Socialist Party, and MP, Imre Kertesz, Nobel
Prize Winner, Roland Appel, Dr. Norbert Blüm, Bundesarbeitsminister
a.D., Hans Branscheidt, Mezopotamian Development, Prof. Dr. Andreas Buro,
Koordinator, Dialog-Kreis, Manfred Coppik, Rechtsanwalt und Notar, ehem.
MdB, Prof. Dr. Frank Deppe, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Landes Verband Baden-Württemberg,
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK), Gruppe Frankfurt, Helga Dieter, Komitee für Grundrechte
und Demokratie, Prof. Dr. Barbara Dietrich, Prof. em. Dr. Dr. h.c. Hans-Peter
Dürr, Max-Planck-Institut, Vorsitzender Global Challenges Network
(GCN), Dr. Ute Finckh, Vorsitzende, Bund für Soziale Verteidigung,
Jürgen Gerdes, Landessprecher, Freie Humanisten Niedersachsen, Jan
Gildemeister, Geschäftsführer, Aktionsgemeinschaft Dienst für
den Frieden (AGDF), Gabriele Gillen, Redakteurin/Autorin, WDR, Jürgen
Glökler, Prof. Dr. med. Ulrich Gottstein, Vorstandsehrenmitglied,
IPPNW, Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga
für Menschenrechte, Günter Grass, Nobelpreisträger, Friedel
Grützmacher, MdL, Rheinland-Pfalz, Gabi Kutsche, Landesgeschäftsführerin,
Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen, Nina
Hagen, Künstlerin, Enno Hagenah, MdL, Niedersachsen, Dieter Hildebrandt,
Kabarettist, Prof. Dr. Joachim Hirsch, IPPNW – Deutsche Sektion
der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung, Ernst-Ludwig Iskenius, Refugio VS,
Hubertus Janssen, Pfarrer, Ulla Jarusch, Öffentliche Aufforderung
zum gewaltfreien Wiederstand gegen Rüstung und Krieg, Dr. Dr. h.c.
Inge Jens, Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Jens, Wolfgang Jungheim, Pater, Heiko
Kauffmann, Vorstandsmitglied, Pro Asyl / Aktion Courage, Dietrich Kittner,
Kabarettist , Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Hans Koschnick,
Bürgermeister a.D., Claudia Küchenbauer, Leiterin, Arbeitsstelle
für gewaltfreie Konfliktbearbeitung der ELKIB, Felicia Langer, Autorin,
Juristin, Georgia Langhans, MdL, Niedersachsen, Herbert Leuninger, Pfarrer
i.R., Dr. Manfred Lotze, IPPNW, Dr. Gerald Mader, Präsident, Österr.
Studienzentrum f. Frieden und Konfliktlösung, Heidi Merk, MdL, Landesministerin
a.D., Dr. Jürgen Micksch, Vorsitzender, Interkultureller Rat in Deutschland,
Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Prof. Dr. Oskar Negt, Br. Jürgen Neitzert,
Koordination Gerechtigkeit und Frieden der Franziskaner, Horst Oberkamp,
Pfarrer, Solidaritätsgruppe TUR ABDIN und Nord Irak, Prof. Dr. Norman
Paech, Peggy Parnass, Schriftstellerin, Journalistin, Annette Paschke,
Pax Christi, Kommission Asyl-Flüchtlinge, Dr. med. Gisela Penteker,
Türkeibeauftragte, IPPNW, Filiz Polat, MdL, Niedersachsen, Republikanischer
Anwältinnen- und Anwälteverein e.V., Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard
Richter, Manfred Richter, Pfarrer, Beate Roggenbuck, Geschäftsführerin,
Helsinki Citizens Assembly, Prof. Dr. Roland Roth, Komitee für Grundrechte
und Demokratie, Mehmet Sahin, Geschäftsführer, Dialog-Kreis,
Bernd-Jürgen Salzmann, Pax Christi Ravensburg, Joachim Schaefer,
Jugendnetz Wetzlar, Dr. h.c. Schmalstieg, Oberbürgermeister von Hannover,
Thomas Schmidt, Generalsekretär, Europäische Vereinigung von
Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der
Welt e.V., Dr. Herbert Schnoor, Staatsminister a.D., Dr. Alexander Schubart,
Heide Schütz, Vorsitzende, Frauennetzwerk für Frieden e.V.,
Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch, Christa Stolle, Geschäftsführerin,
Terre des Femmes e.V., Prof. Dr. Klaus Traube, Bodo Ulrich, Fernsehregisseur
, Willi van Ooyen, Frieden- und Zukunftswerkstatt e.V., Friedrich Vetter,
Pfarrer, Kathrin Vogler, Sprecherin, Kooperation für den Frieden,
Dr. Rheinhard Voß, Generalsekretär, Pax Christi Deutschland,
Günter Wallraff, Autor / Schriftsteller, Stefan Wenzel, MdL, Niedersachsen,
Rudolf Wessler, Pfarrer, Prof. Dr. Dr. Ernst Woit, Gemeinschaft für
Menschenrechte im Freistaat Sachsen (GMS) e.V., Karaman Yavuz, Regisseur,
TV-Journalist, Andreas Zeddel, Friedensgruppe Altenholz
Zweite
Internationale Konferenz “Die EU, die Türkei und die Kurden”
der EU - Bürgerkommission zum Thema Türkei (EUTCC) 19.-20. September
2005- Europäisches Parlament- Brüssel
MitorganisatorInnen:
Rafto Foundation (Norwegen), Kurdish Human Rights Prolekt (Großbritanien),
Medico International (Bundesrepublik Deutschland), Bar Human Rights Committee
of England and Wales (Großbritanien)
Präambel
der Abschlußresolution
Während der Zweiten
Internationalen Konferenz der EUTCC trafen sich Mitglieder des Europaparlaments,
andere PolitikerInnen, MenschenrechtlerInnen, SchriftstellerInnen, AkademikerInnen,
AnwältInnen und ExpertInnen, um Ideen auszutauschen und den Dialog
über den Beitrittsprozess der Türkei in die EU zu vertiefen
und weiter zu entwickeln.
Die zweitägige
Konferenz fand im Europaparlament statt und wurde vom Europarat unterstützt.
Die EUTCC gründete sich als Resultat der Ersten Internationalen Konferenz
zum Thema “Die EU, die Türkei und die Kurden” die vom
22-23 November 2004, im Europäischen Parlament in Brüssel stattfand.
Das Ziel der Kommission ist den Beitritt der Türkei in die EU, unter
bedsonderer Berücksichtigung der Menschen- und Minderheitenrechte,
sowie einer nachhaltigen friedlichen und demokratischen Lösung der
kurdischen Frage, zu befördern. Um dieses Ziel zu erreichen führt
die EUTCC, zusätzlich zu den regulären Prüfungen der Europäischen
Kommission, ein Monitoring der vollständigen Einhaltung der Aufnahmekriterien
durch die Türkei, wie sie in den Aufnahmeverträgen der EU festgelegt
sind, durch. Darüber hinaus gibt die EUTCC Empfehlungen zu Maßnahmen,
welche die Einhaltung der Menschenrechte vorantreiben und gewährleisten
können; sie dient als Kontakt und Austauschstelle mit und zwischen
den Institutionen der EU, sowie anderen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen;
darüber hinaus lenkt sie die öffentliche Aufmerksamkeit auf
die Themen ihrer Arbeit.
Ein zentrales Anliegen
der Zweiten Internationalen Konferenz der EUTCC war die Evaluation von
Fortschritten in Bezug auf den Aufnahmeprozess der Türkei, seit das
Europäische Parlament, am 17. Dezmeber 2004, entschied eine Aussicht
auf den Beginn der Beitrittsverhandlungen zu geben. Als besonders beunruhigend
nehmen die TeilnehmerInnen der Konferenz den Militärischen Konflikt
in der Südöstlichen Türkei, sowie das Versagen einiger
staatlicher Institutionen dabei, ihre Verpflichtungen gegenüber den
Europäischen Konventionen bezüglich der Menschenrechtre einzuhalten
bzw. die eigenen gesetzlichen Reformen entsprechend zu gestalten oder
umzusetzen, war. Die Klage gegen Orhan Pamuk ist nur eines der nennenswerten
und irritierenden Beispiele dafür.
Die Konferenz begrüßt
aber dennoch die Erklärung des Türkischen Premierministers vom
12. August 2005, daß es weiterer demokratischer Reformen bedürfe.
Sie begrüßt ebenfalls die positive Antwort der KurdInnen auf
die Erklärung. Mit Besorgnis betrachtet die Konferenz dagegen den
Tenor der letzten Debatten über die Entscheidung zum etwaiigen Beginn
der Beitritssverhandlungen. Die Konferenz wiederholt erneut ihre Unterstützung
der Entwicklung eines multikulturellen Europas und fordert die PolitikerInnen
auf die Debatte in diese Richtung zu lenken. Im Besonderen wendet sich
die Konferenz an die Britische EU- Ratspräsidentschaft - sicherzustellen,
daß die Beitrittsgespräche wie geplant am 3. Oktober beginnen
können - und die Türkei und die EU- Mitgliedsstaaten dazu zu
drängen ein Klima des Friedens und der Demokratie zu schaffen. Ein
derartiges Klima ist Voraussetzung für die Etablierung einer demokratischen
Plattform, als Grundlage für einen Dialog zwischen TürkInnen,
KurdInnen und anderen Bevölkerungsgruppen und Minderheiten, die in
der Türkei leben.
Abschlußresolution
Den Beiträgen
der Delegierten und TeilnehmerInnen zufolge, hat die Konferenz einmütig
folgende Erklärung bezüglich des EU Beitrittsprozesses der Türkei
beschlossen - und initiiert die folgenden von der EUTCC und anderen relevanten
Parteien zu unternehmenden Schritte:
1) Die Konferenz bekräftigt
ihre Unterstützung des Beitrittsprozesses der Türkei zur EU,
wie das bereits in der Abschlußresolution der ersten Konferenz 2004
zum Ausdruck kam;
2) Die Konferenz erklärt
ihre weitere Unterstützung für den Beginn der Beitrittsverhandlungen
am 3. Oktober 2005 und fordert die Regierungen aller Mitgliedsstaaten
dazu auf diesen Prozess zu unterstützen;
3) Die Konferenz nimmt
die rechtlichen Reformen, die seitens der Türkischen Regierung eigeleitet
wurden, war, bringt aber ihre Sorge über deren mangelnde Umsetzung
bezüglich der Menschenrechte, besonders seit Dezember 2004, zum Ausdruck.
Die Konferenz fordert die Regierung auf, den Reformprozess mit Beginn
der Beitrittsverhandlungen zu erneuern und die Reformen dann auch entsprechend
umzusetzen;
Die Menschenrechte und der Beitritt
4) Die Konferenz unterstützt,
daß die EU stärkere Reformen bezüglich der Grund- und
Menschenrechte, der Demokratie und der Umsetzung des Rechts im Zuge der
Beitrittsverhandlungen fordert und begrüßt die Verpflichtung
des Kommittees das Monitoring des Reformprozesses fortzusetzen;
5) Die Konferenz sieht
weiterhin, daß die Türkei den politischen Teil der Kopenhagener
Kriterien noch nicht erfüllt hat und wiederhohlt, daß ihre
Unterstützung des Beitrittsprozesses davon abhängt, ob die EU
verstärkt auf die Einhaltung ihrer Aufnahmekriterien besteht. Es
sollte keine weiteren Kompromisse in Richtung einer nur ausreichenden
– aber nicht vollständigen - Erfüllung der Kopenhagener
Kriterien geben;
6) Insbesondere fordert
die Konferenz, sowohl die Türkische Regierung als auch die EU auf,
sicherzustellen, daß die Türkei ihren Verpflichtungen bezüglich
der Menschenrechte in den Punkten Folter, Vertreibung aus den Dörfern,
und dem Schutz der Frauen und Kinder, nachkommt;
7) Die Konferenz fordert
die Türkei auf die Rahmenkonventionen der UN zum Schutz der Minderheiten,
sowie weitere Regelungen der UN, die die Minderheitenrechte betreffen,
zu ratifizieren und die Kulturellen- und Minderheitenrechte aller Gruppen,
einschließlich der Assyrer in der Türkei zu respektieren;
Die kurdischen
Frage ist der zentrale Punkt
8) Die Konferenz stellt
fest das die Lösung der kurdischen Frage Vorasssetzung für die
Entwicklung einer stabilen, demokratischen und friedlichen Türkei,
welche in der Lage ist der EU beizutreten, ist. Eine wirklich demokratoische
Reform kann nur stattfinden, wenn die Türkei ihre staatliche Institutionen
reformiert und den ethnnischen Nationalismus überwindet, der die
Wurzel des Konfliktes und der Instabilität des Landes ist;
9) Um das zu ermöglichen
hält die Konferenz für notwendig, daß die Teilnahme der
kurdischen Bevölkerung und ihrer gewählten VertreterInnen am
Beitrittsprozess und jeder Debatte um eine zukünftige demokratische
Verfassung der Türkei, gewährleitet wird;
10) Die Konferenz
nimmt die Anerkennung der Existenz der kurdischen Frage durch Premierminister
Erdogan am 12. August 2005 als einen positiven Schritt war;
11) Die Konferenz
begrüßt die einmonatige Waffenruhe, die der Kongra Gel als
Antwort auf die Initiative des Premierministers, ausrief;
12) Letzlich, stellt
die Konferenz fest, daß von beiden Seiten mehr getan werden muß
und mehr getan werden kann und ruft dazu auf folgende Vorschläge
zu Vertrauensbildeneden Maßnahmen anzunehmen;
Vertrauensbildende
Maßnahmen
13) Hiermit fordert
die Konferenz alle an bewaffneten Konflikten beteiligten Parteien dazu
auf jegliche militärische Operationen in der Region einzustellen
und sofort eine friedliche Lösung des Konfliktes voranzutreiben;
14) Darüber hinaus
ruft die Konferenz alle politischen Parteien in der Türkei dazu auf,
dabei zu helfen, die Voraussetzungen für eine demokratische Plattform
des Dialogs zu schaffen;
15) Die Ausweitung
der Waffenruhe anstrebend, ruft die Konferenz die Europäische Kommission
dazu auf sich anhnd ihres Einflusses darum zu bemühen, positiven
Einfluss auf die Entwicklung einer demokratischen Plattform, in deren
Rahmen die Konstituierenden Kräfte der Türkei, einschliesslich
der kurdischen Bevölkerung und ihrer VertreterInnen, frei in einen
Dialog treten können, um über eine mögliche Reform der
Verfassung zu diskutieren;
16) In diesem Punkt
greift die Konferenz die folgende Erklärung aus dem Bericht der EU
Kommission von 1998 auf: “Bezüglich der Situation im Südosten
der Türkei muß eine zivile- und nicht militärische Lösung
gefunden werden, besonders seit Verletzungen des zivilen- und politischen
Rechts im Zusammenhang mit dieser Frage beobachtet werden können”
17) Des Weiteren greift
die Konferenz den Aufruf des “Außschusses für Auswertige
Angelegenheiten”, des Europäischen Parlaments, vom Dezemeber
2004 auf: “alle beteiligten Kräfte sollen die Anfeindungen
im Südosten des Landes beenden” und sie lud die türkische
Regierung dazu ein: “mehr aktive Schritte zu einem Interessensausgleich,
mit den kurdischen Kräften, die sich dafür entschieden die Waffen
ruhen zu lassen, zu unternehmen.”;
18) Die Konferenz
ruft die Türkische Regierung dazu auf, alle internationalen Regulierungen,
die Menschen- und Minderheitenrechte betreffen - und die Menschen- und
Minderheitenrechte, die durch die Europäische Konvention garantiert
werden - einzuhalten; insbesondere solche, die die Freie Meinungsäußerung,
sowie das Recht der Organisierung ohne Diskriminierung betreffen, um sicherzustellen,
daß eine derartig demokratische Debatte stattfinden kann;
19) Insbesondere fordert
die Konferenz die Türkische Regierung dazu auf sicherzustellen das
alle legalen, demokratischen , kurdischen Parteien sich ohne ständige
Einmischung und Androhung der Schließung friedlich politisch betätigen
können. Das entspricht den Artikeln 10 und 11 der Europäischen
Menschenrechtskonvention;
20) Die Konferenz
fordert die Türkische Regierung des Weiteren dazu auf alle Urteile
des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes anzuerkennen, insbesondere
jene, die die kurdische Frage betreffen. Die Konferenz weist diesbezüglich
besonders auf den Bericht der Europäischen Kommission von 2004 hin,
in dem das Urteil des Gerichts
im Fall Abdullah Öcalan gegen die Türkei hervorgehoben wird;
21) Demzufolge ruft
die Konferenz die Türkische Regierung dazu auf in der Türkei
eine öffentliche Debatte über die verfassungsmäßige
Verankerung der Existenz der Kurdischen Bevölkerung zu beginnen;
22) Die Konferenz
fordert alle Mitgliedsstaaten der EU dazu auf eigenständig die Entwicklung
der oben genannten demokratischen Plattform zwischen TürkInnen und
KurdInnen zu fördern und sich vollständig an die eigenen Regelungen
der Artikel 10 und 11 der Europäischen Menschenrechtsskonvention,
auch in Bezug auf kurdische Organisationen und Individuen, zu halten;
23) Die Konferenz
unterstützt die Empfehlungen der Vertreter des Europarats auf dieser
Konferenz bezüglich der Gründung eines Gerechtigkeits- und Aussöhnungsausschusses;
24) Um diesen Prozess
zu unterstützen, stimmt die Konferenz der Gründung des “Kommittes
für Nationale- und Kulturelle Versöhnung” unter der Schirmherrschaft
des EUTCC, zu, in dem führende europäische, türkische und
kurdische PolitikerInnen sowie VertreterInnen von NGO`s, AkademikerInnen,
Intelektuelle und MenschenrechtlerInnen arbeiten sollen; und
25) Schließlich
mandatiert die Konferenz die EUTCC, ihre LeiterInnen und Kommittees sich
auf zivilgeselschaftlicher- und politischer Ebene dafür einzusetzen,
daß der Beitrittsprozess der Türkei in die EU, unter den in
der Resolution skiziierten Voraussetzungen, entwickelt wird.
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