YEK-KOM
Föderation kurdischer Vereine in Deutschland

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YEKKOM: An die Presse und Öffentlichkeit

November 2005 , Die Ereignisse der letzten Monate in der Türkei haben besorgniserregende Dimensionen erreicht. Die Gewalt der Staatssicherheitskräfte, der Staatsterror und die militärischen Operationen der Armee haben die Gesellschaft an den Rand eines Bürgerkrieges getrieben.

Jegliche demokratischen Regeln sind aufgehoben, die Rahmenbedingungen für einen Dialog zerstört, der Rechtsstaat ist handlungsunfähig und Diskussions- und Lösungsansätze sind verboten worden.

Die neue Strategie wurde mit der kurdisch- türkischen Auseinandersetzung in Bozöyük, Trabzon und Rize eingeläutet und mit den Bombenanschlägen von Van, Hakkari, Yüksekova und Semdinli vertieft. Die Bombenanschläge in Semdinli und die Angriffe mit Schusswaffen auf die Bevölkerung zeigen deutlich, welch grausames Ausmaß diese Angriffsstrategie hat. Das gestrige Massaker von Yüksekova verdeutlicht nochmals die Dimension der Vernichtungspolitik gegen das kurdische Volk.

Der Bombenanschlag auf eine Buchhandlung in Semdinli durch zwei Offiziere der türkischen Armee sowie der bewaffnete Angriff eines Soldaten auf einen Staatsanwalt, der zum Ort des Geschehens kam, beweisen den vernichtenden Charakter der türkischen Armee gegen das kurdische Volk.

Die Bevölkerung von Semdinli hat der Weltöffentlichkeit den Staatsterror und die Massaker der türkischen Armee deutlich vor Augen geführt. Sie hat die Täter überwältigt und den Sicherheitskräften übergeben. Sie hat die “Todesliste” aufgedeckt, die Liste der zu bombardierenden kurdischen Firmen und Arbeitsstätten in den Timern der Soldaten gefunden und der Presse mitgeteilt. Die Bevölkerung von Semdinli hat von ihrem demokratischen Recht auf Protest Gebrauch gemacht, um ein juristische Verfolgung der Täter einzufordern. Daraufhin haben auch die Kurden in Hakkari, Yüksekova und anderen Kreisstädten mit Demonstrationen ihre Solidarität mit der Bevölkerung von Semdinli bekundet. Aber anstatt die Täter zur Verantwortung zu ziehen und die Befehlshaber der Bombenanschläge zu fassen, hat der türkische Staat das kurdische Volk bestraft. Türkische Armeekräfte haben in Semdinli 2, in Yüksekova 4 Kurden ermordet, dutzende Kurden wurden verletzt und hunderte festgenommen und gefoltert. Die Ereignisse in Semdinli sind eine neuer “Susurluk”- Skandal. Die Realität der Verstrickung von Mafia und Staat, die mit Susurluk aufgedeckt wurde, ist in Semdinli mit konkreten Beweisen offenkundig geworden. Der türkische Staat jedoch will diese Realität verdecken.

Die Bombenanschläge in der Region wurden den Kurden zur Last gelegt. Indem der türkische Staat die Anschläge der PKK untergeschoben hat, wollte er seine Verantwortung verschweigen. Mit falschen und erfundenen Nachrichten sollte die Öffentlichkeit getäuscht werden. Bedauerlicherweise ist ein Teil der europäischen Medien auf diese Tatsachenverfälschung eingegangen. Die Bevölkerung von Semdinli hat jedoch die Realität aufgedeckt und gezeigt, wer schuldig und terroristisch ist.

Die Türkei ist mit der EU einen Verhandlungsvertrag eingegangen, hat behauptet eine demokratische Phase einzuleiten und die kurdische Frage mit demokratischen Mitteln zu lösen. Es zeigt sich allerdings schon jetzt, dass der türkische Staat sein Wort nicht halten wird.

Die Türkei möchte ein Bestandteil Europas werden und hat Verhandlungen für eine Vollmitgliedschaft in der EU begonnen. Die Verletzungen der Menschenrechte und der Justiz sind nun auch zu einem innereuropäischen Problem geworden. Daher fordern wir von den EU-Staaten, zu dem Massaker des türkischen Staates am kurdischen Volk nicht zu schweigen, notwendige Schritte einzuleiten und seinen Partner Türkei zur Verantwortung zu ziehen. Gegen die Kurden in Semdinli und Yüksekova wird ein Massaker verübt. Wir hoffen, dass die EU- Staaten nicht Schweigen werden zu dem Massaker.

In diesem Sinne fordern wir:

1. dass die Regierungen und die demokratische Öffentlichkeit der EU-Staaten Schirtte für die Aufklärung des Staatsterrors in Semdinli und Yüksekova einleiten.

2. die Entsendung einer unabhängigen und unparteiischen Delegation nach Semdinli und Yüksekova.

3. dass die für die EU-Erweiterung zuständige Komission diese Ereignisse verfolgt und Schritte für die Aufdeckung der Verbrechen gegen die Bevölkerung einleitet.

4. die Einstellung der Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Türkei sowie der Kriminalisierung von in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden.