YEK- KOM Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. | |
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18. März 2006 |
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Anläßlich des 18. März, des Tags der politischen Gefangenen, erklärt die Föderation kurdischer Vereine in Deutschland, YEK-KOM e.V.: Die Bedingungen und die Situation der Gefängnisse in der Türkei sowie die Haltung gegenüber den politischen Gefangenen hängt sehr stark vom Demokratieverständnis des türkischem Regimes ab. In bestimmten Phasen gehen zunehmende staatliche Repressionen gegen die Bevölkerung mit verschärften Angriffen in den Gefängnissen einher. Während des Militärputsches vom 12. September 1980 wurden 650.000 Menschen festgenommen, 230.000 Menschen verurteilt, und 299 Personen verloren in den Gefängnissen ihr Leben. Dieser Putsch gilt als der Beginn für die systematische Gewaltanwendung und Repression in den Gefängnissen. Trotzt all den Menschen verachtenden Haftbedingungen waren die Gefängnisse in der Türkei auch Orte eines würdevollen Kampfes, Orte, an denen Widerstand geleistet und für Menschenrechte und Freiheit gekämpft wurde. Die politischen Gefangenen, die gegen Unterdrückung und Grausamkeiten Widerstand leisteten, haben bei der Entwicklung des Bewusstseins und des Widerstandsgeistes in der Gesellschaft eine wichtige Rolle gespielt. Das Regime war ständig bemüht, seine Gefängnispolitik mit all seinen Institutionen und all seinen Regierungen mit immer neuen Unterdrückungsformen und entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu erneuern. Es ist tragisch und komisch zugleich, dass die Türkei versucht, die EU-Anpassung an der Frage der Gefängnisse umzusetzen. So wurden die F-Typ Gefängnisse und die Hochsicherheitsgefängnisse errichtet. Die F-Typ-Gefängnisse und das Sicherheitskonzept sind die einizigen Themen, in denen sich die Türkei die EU zum Vorbild genommen hat. Die Gefängnispolitik der Türkei sieht in der Praxis folgendermaßen aus: Am 24. September 1996 wurden im Gefägnis von Diyarbakir Dutzende Gefangene zwischen zwei eiserne Gefängnistüren gedrängt und mit Schlagstöcken und Knüppeln geschlagen. Im folge dieses Angriffs wurden 10 Gefangene bestialisch zu Tode geprügelt, die restlichen schwer verletzt. Die Verantwortlichen für diesen Gräueltat wurden schließlich in einem Scheinprozess zu niedrigen Strafen verurteilt und später amnestiert. Dieser Vorfall zeigt die Verbindung dieser menschenverachtenden Taten zum Staat auf. Später wurde am 19. Dezember 2000 durch eine Operation mit dem zynischen Namen „Rückkehr zum Leben“ die politischen Gefangenen auf brutalste Weise in F-Typ-Gefängnisse abtransportiert. Bei diesem Angriff wurden erneut 12 Personen getötet. Das Todesfasten gegen diesen Angriff und gegen die F-Typ Gefängnisse halten weiterhin an und haben bislang über 120 Menschen das Leben gekostet. Dieser Art von Operationen, die in Massentötungen münden, sind in der Türkei fast schon Routine. Zweifellos sind auch Isolations- und Haftbedingungen des politischen Repräsentanten des kurdischen Volkes, Abdullah Öcalan, auf der Gefängnisinsel Imrali, beispiellos – selbst nach türkischen Maßstäben. Er ist der einzige Gefangene auf dieser Insel. Die Kontrolle über diese Gefängnisfestung unterliegt dem sogeannten Krisenzentrum, das keinerlei rechtliche Grundlage hat. Die Isolationsbedingungen werden immer weiter verschärft. Willkürliche Rechtsverletzungen sind das Resultat einer politischen Haltung des Staates, die jegliche Lösung der kurdischen Frage blockiert. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit wir Herr Öcalan einer Hinrichtung auf Raten ausgesetzt. Imrali steht beispielhaft für die Isolation des kurdischen Volkes, für die gegen sie angewandte willkürliche Verleugnungs- und Vernichtungspolitik. Die verhärtete Politik gegen Imrali wird etappenweise auch gegen die anderen Mitglieder des kurdischen Volkes angewandt. Die Kurden sollen von der Außenwelt abgeschottet und somit einer totalen politischen Isolation ausgesetzt werden. Daher ist Imrali nicht nur der Name für ein Gefängnis, sondern Imrali bezeichnet ein System. Wenn eine der Säulen, auf die sich dieses System stützt, Nationaler Sicherheitsrat heißt, so heißen die anderen beiden Säulen USA und EU. Hierbei spielt Deutschland eine besondere Rolle. Seit 13 Jahren sind Kurdinnen und Kurden, die sich politisch für ihre Anliegen engagieren, einer anhaltenden Kriminalisierungs- und Strafverfolgungspraxis ausgesetzt. Das sogenannte PKK-Verbot, im November 1993 erlassen, hat nach wie vor Bestand. Und es wurde in den letzten Jahren systematisch ausgeweitet auf KADEK und jetzt auf KONGRA-GEL. Eine politische Betätigung für eine dieser Organisationen wird entweder als Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§129 StGB) verfolgt oder als Verstoß gegen das Vereinsgesetz geahndet. Für viele Freunde bedeutet das mehrjährige Haft- oder hohe Geldstrafen. In letzter Zeit heißt die Bestrafung für politische Aktivitäten aber verstärkt: Widerruf von Asylanerkennungen, Abschiebungen, Verweigerung von Einbürgerungen oder gar Ausbürgerung. Die umfassenden Friedens- und Demokratisierungsbemühungen der kurdischen Bewegung in den vergangenen Jahren blieb bislang unbeantwortet. Statt auf die Dialogbereitschaft der Kurd(inn)en einzugehen, verschließt sich die Politik unseren berechtigten Anliegen oder antwortet mit weiteren Verschärfungen. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden. Das PKK-Verbot darf nicht weiterhin Instrument der Unterdrückung eines Teils der hier lebenden Bevölkerung sein. Es gehört aufgehoben. Es ist überholt, ungerecht, undemokratisch und unterstützt letztlich den staatlichen Terror der Türkei gegen das kurdische Volk . Die Feststellung, dass Imrali das erste Beispiel eines Gefängnisses vom Typ Guantanamo ist, an dem die USA ihre Politik ausprobiert haben, ist nicht übertrieben Weder das Imrali- noch Guantanamo-Regime richten sich nur gegen ein bestimmtes Volk. Daher können sie nicht nur als das Problem bestimmter Volksgruppen gesehen werden. Sie müssen als Teil der Sicherheitspolitik und der Bekämpfung oppositioneller Kräfte durch die internationalen Mächte gesehen werden. Folglich muss auch der Widerstand dagegen sich auf internationale Solidarität stützen. Wir rufen anlässlich dieses Tages in unserem Kampf gegen die bisherige unmenschliche Gefängnispolitik der Türkei, vor allem gegen seine Imrali-Politik, zur internationalen Solidarität auf. |