Menschenrechtsverein (IHD) Diyarbakir/ Türkei 6. April 2006
Seitdem 28. März 2006 gibt es fast keine Lebensbereiche mehr ohne willkürliche und systematische Menschenrechtsverletzungen!
Nach der Beerdigungsfeier von vier der am 24. März 2006 in Mus-Bingöl getöteten Guerilleros am 28. März 2006 in Diyarbakir ereigneten sich in unserer Provinz und in der Region weitverbreitet Vorfälle und Menschenrechtsverletzungen. Wir haben uns versammelt, um den von unserer Vereinszentrale darüber vorbereiteten Bericht Ihnen vorzulegen. Im Laufe der Woche haben wir viele sehr wichtige Anträge und Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen erhalten, worüber wir immer wieder kurz Stellung nahmen. Da sich weiterhin Menschen sich an uns wenden, werden wir in den folgenden Tagen weitere Berichte veröffentlichen. Seit über einer Woche sind wir Zeugen von Gewalt, die Diyarbakir und viele Orte der Türkei überzieht. Die Nachrichten über Gewalt beunruhigen uns mehr denn je. Als Verfechter der Menschenrechte bringen wir bei jeder Gelegenheit zur Sprache, dass demokratische Rechte und Forderungen mit gewaltlosen Mitteln eingefordert werden müssen. Deshalb ist es nicht akzeptabel, dass Demonstranten, die vom Recht nach Versammlung und Demonstration Gebrauch machen, Geschäfte und öffentliches Eigentum mit Steinen beschädigen. Doch während es selbst in diesem Fall für staatliche Sicherheitskräfte die Möglichkeit gibt, im Rahmen eines Rechtsstaates einzuschreiten, wurde seitens der Sicherheitskräfte unverhältnismäßig und übertrieben Gewalt angewendet. Durch Einsatz von Feuerwaffen und verletzenden Gegenständen wurde ganz offen das Recht auf Leben von Bürgern verletzt. Mit dem 28. März wurde mittels Feuerwaffen und anderer Einsatzmittel das Lebensrecht von zehn Bürgern, davon fünf Kinder, in unserer Provinz und von zwei Bürgern in Kiziltepe gebrochen. Das Lebensrecht ist überall und unter allen Umständen heilig und unantastbar; wer auch immer dieses Recht auf Leben verletzt, hat eine Straftat begangen, und die Leidtragenden sind nicht nur die Getöteten und ihre Angehörige, sondern die ganze Menschheit. Der im Anhang veröffentlichte Bericht zeigt deutlich, dass bei Festnahmen und Inhaftierungen willkürlich gehandelt wurde. Unter den von Sicherheitskräfte festgenommenen und vom Strafrichter am 5. April abgeurteilten Personen befinden sich auch Vorstandsmitglieder der DTP (Demokratische Gesellschaftspartei) und Mitglieder der Demokratieplattform, was auf die angesprochene Willkürlichkeit ganz klar hinweist. Es ist in der Praxis so, als ob von der Polizei und der Armee die demokratischen Rechte und Freiheiten mit einem unausgesprochenen Putsch ausser Kraft gesetzt wurden. Während es keine einzige Beschwerde oder Anklage gegen Sicherheitskräfte eingeleitet wurden, werden die Führungskräfte der Nichtregierungsorganisationen und politischen Parteien ohne genannte Gründe inhaftiert, womit von den schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen abgelenkt werden soll. Unabhängig davon, von wo die Gewalt kommt und gegen wen sie sich richtet, kann sie unsererseits nicht akzeptiert werden. Dass in den vergangenen Tagen in Istanbul durch einen Molotow-Cocktail-Angriff auf ein Linienbus die Bürgerinnen Zübiye Karasu (62), Sibel Özkan (23) und Sinem Özkan (19) getötet wurden, hat uns sehr tief betroffen und beunruhigt. Wir verurteilen diese Tat. Auch der Tod von Salim Sahin (50) durch einen Bombenangriff ist zu verurteilen. Wir betonen, dass Gewalt keine Lösung für keine Probleme sein kann. Durch die ansteigende Gewaltbereitschaft werden nur unsere Völker verlieren. Wir stellen fest, dass das jetzt hervorgetretene Bild der Gewalt durch die fehlende Lösung der anstehenden Fragen mit demokratischen und friedlichen Methoden, vor allem der kurdischen Problematik, verursacht wird. Aus diesem Anlass fordern wir von der Regierung, vom Parlament und von den verantwortlichen Stellen, für die Lösung der kurdischen Frage mit demokratischen Mitteln dringende Schritte zu unternehmen, die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Diyarbakir und der Region zu untersuchen und die das Lebensrecht verletzenden verantwortlichen Sicherheitskräfte zur Verantwortung zu ziehen und das Leid der betroffenen Familien zu teilen und gewissenhafte und entspannende Erklärungen abzugeben. Wir teilen mit, dass wir als IHD die begangenen Menschenrechtsverletzungen national und international Ebene auf Ebene der Einrichtungen verfolgen werden und alle Maßnahmen treffen werden, um die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen Mit dem Anliegen auf Land ohne Menschenrechtsverletzungen, in dem keine Verstorbenen zu den Familien zurückkehren, die verschiedenen Bevölkerungen schwesterlich zusammen leben…
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