31. Mai 2006
Prozesseröffnung gegen den kurdischen Politiker Halil D.
vor dem OLG Celle
Vor dem
Oberlandesgericht (OLG) Celle wird am 2. Juni 2006 das Hauptverfahren
gegen den kurdischen Politiker Halil D. eröffnet. Die Anklage
wirft ihm vor, von Anfang des Jahres 2000 bis zu seiner Verhaftung
als mutmaßlicher „Rädelsführer der PKK/KONGRA-GEL“
tätig gewesen zu sein. Er habe als „hauptamtlicher
Kader“ für das „Finanz- und Wirtschaftsbüro“
(EMB) des KONGRA-GEL die Verantwortung getragen und sei somit
für sämtliche finanziellen Angelegenheiten der Organisation
in Europa zuständig gewesen. Dies verdächtige ihn,
sich „im führenden Funktionärskörper der
PKK“ an einer bestehenden kriminellen Vereinigung beteiligt
zu haben, weshalb der Kurde nunmehr nach §129 Strafgesetzbuch
(StGB) angeklagt wird.
Halil D.
wurde am 18. Oktober 2005 auf der Grundlage eines Haftbefehls
des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (BGH) durch Beamte
des Bundeskriminalamtes (BKA) in Darmstadt fest- und in Untersuchungshaft
genommen.
Nachdem
der Bundesanwaltschaft (BAW) zunehmend die einst tragenden drei
Säulen der Anklage gegen kurdische Politiker abhanden kommen,
sie aber an der Fortsetzung der Strafverfolgungspraxis festhalten
will, scheinen die Chefankläger einen neuen Anklagepunkt
ersonnen zu haben – den Arbeitsbereich „Finanzen“.
Hierüber und möglicherweise mit Hilfe anderweitiger
Paragrafen des Strafgesetzbuches soll versucht werden, das Maß
an Strafandrohung zu erhöhen und den Verfolgungsdruck auf
politisch aktive Kurdinnen und Kurden zu verstärken.
Obwohl die im kürzlich erschienenen Verfassungsschutzbericht
2005 aufgelisteten kurdischen Veranstaltungen und Aktivitäten
in Deutschland (und im benachbarten Ausland) keinerlei Hinweise
auf unfriedliche Verläufe aufweisen, beharrt die Politik
auf ihrer unversöhnlichen Haltung gegenüber einem
Großteil der hier lebenden kurdischen Bevölkerung.
Die Aufrechterhaltung der Verbotspraxis in Deutschland und die
Sprach- und Kritiklosigkeit der politisch Verantwortlichen gegenüber
den seit Monaten durchgeführten massiven militärischen
Operationen, Razzien und Angriffe der türkischen Sicherheitskräfte
auf die kurdische Bevölkerung und ihre Zivilorganisationen,
unterstützt und bestätigt deren Vorgehen. Die Aufhebung
des seit 13 Jahren bestehenden PKK-Verbots und eine Bereitschaft
zum Dialog wäre das richtige Signal auf dem Weg zur Lösung
eines politischen Konflikts. Das Strafrecht eignet sich hierzu
nicht.
Der Prozess
in Celle beginnt am
Freitag,
den 2. Juni 2006, um 9.00 Uhr, in Saal 94, Kanzleistraße
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