Gegner kritisieren Ilisu-Konsortium wegen Falschinformationen

Österreichische Andritz AG und deutsche Züblin AG wollen weiter an Zerstörungsprojekt in Türkei festhalten

Wien/Berlin, 24. August 2006 – Die Organisationen ECA - Watch Österreich und WEED kritisieren nach dem gestrigen Gesprächstermin von Nichtregierungsorganisationen und dem Ilisu-Konsortium in Wien, dass die betreibende Andritz AG weiter an dem zerstörerischen Staudammprojekt festhalten will. Die Probleme des Projekts sind vollkommen ungelöst. Stattdessen verdrehte das Konsortium in einer Presseaussendung die wirklichen Tatsachen. „Leider setzt das Konsortium seine Linie der Falschinformation und Verzerrung der Tatsachen weiter fort“, so Heike Drillisch, Sprecherin der Nichtregierungsorganisation WEED, die sich massiv gegen das Staudammprojekt einsetzt.

ECA-Watch Österreich betont, dass obwohl - laut Angabe des Konsortiums - mit nahezu jedem Betroffenen in der Region in 8.500 Interviews gesprochen wurde, nur vier Prozent der Betroffenen angeben, ausreichend informiert worden zu sein. Insgesamt würden über 50.000 Menschen durch das Projekt ihre Lebensgrundlage verlieren. Nach Fertigstellung werden wahrscheinlich nur noch 420 Menschen am Damm arbeiten können. Pro Person sind gerade einmal elf Stunden im Jahr an Weiterbildungsmaßnahmen für die Vertriebenen vorgesehen. Die Tausenden derzeit hauptsächlich in der Landwirtschaft Tätigen stünden ohne Arbeit da. Über 80 Prozent der Bevölkerung vor Ort sprechen sich deshalb gegen den Staudamm aus und die Proteste nehmen weiterhin zu.

Falsch ist auch die Behauptung des Konsortiums, dass die internationalen Standards eingehalten würden. Wahr ist vielmehr, dass sieben Expertengutachten vorliegen, die nachweisen, dass die internationalen Standards in 32 Punkten missachtet wurden. Unter diesen Gutachten befindet sich auch eines von Dr. Michael Cernea, dem weltweit bekanntesten Gutachter zu Umsiedlungsprojekten, der auch an der Entwicklung der internationalen Standards der Weltbank und der OECD mitgearbeitet hat. „Daher wird auch eine Exporthaftung seitens der österreichischen und deutschen Bundesregierung nicht erteilt werden können. Diese haben die Einhaltung der Standards zu einer Voraussetzung erklärt“, glaubt WEED-Sprecherin Drillisch und warnt davor, dass die Genehmigung einer solchen Haftung das Risiko von den beteiligten Unternehmen auf die deutschen Steuerzahler abwälzen würde.

Ebenfalls falsch ist laut ECA die Behauptung des Konsortiums, dass die historisch bedeutsame Stadt „Hasankeyf“ im Zerfall begriffen wäre. Die Stadt hat 7.000 Jahre überdauert. Ohne ihre Überflutung könnten Erhaltungsmaßnahmen mit einem Bruchteil der Kosten realisiert werden. Im geplanten „Kulturpark“ werden hingegen mit den 100 Millionen Dollar nur einzelne Kulturgüter gerettet. Die gesamte Region protestiert dagegen, denn die lebendige Stadt wird dadurch in ein totes Museum verwandelt. Alle Menschen müssen die Stadt verlassen, denn ihre Häuser werden restlos überflutet. Auch die Aussage, es käme zu Neuinvestitionen in Infrastruktur und Entwicklung sind falsch. Die enormen Kosten von 800 Millionen Dollar entstehen durch die Zerstörung von Hunderten Häusern und der Vernichtung von 200 km2 fruchtbarer Ackerfläche (Kosten: 600 Millionen Dollar), sowie der Überschwemmung von Infrastruktur (Kosten: 200 Millionen Dollar) in der Region. Hierbei von Strukturhilfe zu sprechen, ist zynisch. Trotz hoher Kosten sind die Zwangsenteignungen fahrlässig schlecht geplant. Die Landtitel tausender Menschen sind ungeklärt, sie stehen damit vor dem Nichts.

Die Gegner des Projekts haben zudem nachgewiesen, dass sich nicht – wie fälschlich behauptet – die Wassermenge erhöhen, die Wasserqualität verbessern und sich dadurch Vorteile für den Irak und Syrien ergeben würden. Breuss von ECA-Watch Österreich weist weiters ausdrücklich darauf hin, dass der Staudamm energiepolitisch völlig unnotwendig ist. Allein mit der Reparatur der veralteten türkischen Stromnetze könnte mehr Energie eingespart werden als drei Ilisu-Staudämme an Strom produzieren würden. ECA Watch und WEED fordern daher den sofortigen Austritt der österreichischen Andritz AG und der deutschen Züblin AG aus dem Staudamm-Projekt. Eine Risikoabwälzung auf die österreichischen und deutschen Steuerzahler ist unverantwortlich. Von den Regierungen Österreichischs und Deutschlands erwarten die Gegner daher, dass keine Bürgschaft erteilt wird.

Weitere Informationen:

Nonno Breuss, ECA Watch Österreich, tel. ++43 - 650-5863912, email: eca-watch@gmx.at

Heike Drillisch, WEED, Tel. ++49 – 177 – 345 26 11, www.weed-online.org