13.
August 2006
Eine unendlich traurige Geschichte:
Der deutsche Staat und die Lösung der kurdischen Frage
Statt
Dialog wieder Verhaftungen
Am 8. August
nahmen Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) den kurdischen Politiker
und Journalisten, Muzaffer A., am Mannheimer Hauptbahnhof fest.
Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft ihm vor, seit Juli 2005 als
hauptamtlicher Kader der PKK bzw. des KONGRA-GEL das südliche
Bundesgebiet verantwortlich geleitet zu haben. Als mutmaßlicher
„Rädelsführer“ sei er damit als mutmaßlicher
„Rädelsführer“ im „Funktionärskörper“
der in Deutschland bestehenden und als „kriminelle Vereinigung“
eingestuften PKK beteiligt gewesen. Durch seine Tätigkeit
habe er dazu beigetragen, den „organisatorischen Zusammenhalt“
zu festigen.
Muzaffer A., der vor drei Jahren in die Bundesrepublik eingereist
war und erst kürzlich als politischer Flüchtling anerkannt
worden ist, verbrachte aufgrund seiner politischen Arbeit bereits
über zwanzig Jahre in verschiedenen Gefängnissen der
Türkei.
Seit Jahren setzt sich der Kurde auch journalistisch –
u.a. für die Tageszeitung „Özgür Politika“
– in zahlreichen Beiträgen, Analysen und Kommentaren
für einen Dialog und eine friedlich-politische Lösung
des Kurden-Konfliktes ein.
Ein weiterer
Haftbefehl richtete sich nur einen Tag später gegen den
kurdischen Journalisten Riza E., der am 9. August in Duisburg
festgenommen wurde. Er ist 1994 nach Deutschland eingereist
und hatte aufgrund politischer Verfolgung in der Türkei
hier Asyl beantragt und erhielt eine Anerkennung. Auch Riza
E. war wegen seiner journalistischen Tätigkeit in der Türkei
zu mehreren Haftstrafen verurteilt worden.
Die beiden
jüngsten Verhaftungen offenbaren wieder einmal mehr die
enge deutsch-türkische Kooperation. Während die Armee
weiterhin Soldaten, Kommando-Einheiten und Konvois mit Hunderten
von Panzern und Mannschaftswagen in das Dreiländereck mit
Irak und Iran verlegt mit dem Ziel, gegen die kurdische Guerilla,
die PKK und den KONGRA-GEL vorzugehen, flankiert Deutschland
die militärische Variante der Zerschlagung mit der strafrechtlichen.
Alles deutet darauf hin, dass sämtliche Ebenen der kurdischen
Organisierung ausgelöscht werden sollen. Für dieses
Vorgehen spricht auch, dass in nahezu allen Bundesländern
systematisch diejenigen Kurdinnen und Kurden, die sich in kurdischen
Vereinen, die der Föderation der kurdischen Vereine in
Deutschland – YEK-KOM – angehören oder in der
Vergangenheit dort in unterschiedlichen Funktionen aktiv waren,
der Asylstatus aberkannt, Einbürgerungsanträge negativ
beschieden oder Aufenthaltserlaubnisse nicht verlängert
werden. Die kurdische Bevölkerung soll eingeschüchtert
und mundtot gemacht werden. Sie soll daran gehindert werden,
sich für ihre legitimen Belange zusammenzuschließen.
Es ist als
ein Armutszeugnis zu betrachten, dass die politisch Verantwortlichen
in Deutschland bisher nicht in der Lage und willens waren, sich
politisch mit den hier lebenden Kurdinnen und Kurden und deren
vielschichtigen Problemen ernsthaft auseinanderzusetzen. Sie
ignorieren konstant alle Bemühungen der Kurden um Dialog
und Gesprächsbereitschaft. Offenbar will die deutsche Politik
diesen Krieg mit anderen Mitteln, die Kluft zwischen den Menschen
vertiefen und die Feindbilder aufrechterhalten.
AZADÎ
verurteilt in aller Schärfe die undemokratische und zerstörerische
Vorgehensweise der deutschen Politik gegen Kurdinnen und Kurden
und ihre Einrichtungen.
AZADÎ fordert die sofortige Freilassung der Gefangenen
und ein Ende der Kriminalisierung und politischen Verfolgung
in Deutschland.
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