Die Isolation aufheben! Das Tor zum Frieden aufstoßen!
In diesen Tagen
eskaliert in der Türkei die militärische Gewalt. In ganz
Kurdistan führt die türkische Armee Militäroperationen
durch. Erstmals seit sieben Jahren flog in dieser Woche die türkische
Luftwaffe, in klarer Verletzung des Völkerrechts, Bombenangriffe
auf irakischem Territorium. Seit Wochen beschießen türkische
und iranische Artillerie zivile Siedlungen in Südkurdistan.
Gleichzeitig erlebt die Türkei eine Diskussion ganz neuer Art.
Erstmals wird offen über die Möglichkeit von Verhandlungen
mit der kurdischen Seite diskutiert. Die Front der Kriegstreiber hat
Risse bekommen. Immer mehr Menschen begreifen, dass die Türkei
mit diesem Krieg ihr Land und die gesamte Region in den Abgrund reißen
könnte.
Abdullah Öcalan, einer der bedeutendsten politischen Repräsentanten
auf kurdischer Seite, wird in der Türkei in Isolationshaft gefangen
gehalten. Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte war sein Verfahren nicht fair und muss wiederholt werden.
Die Türkei blockiert seit eineinhalb Jahren die Umsetzung dieses
Urteils, was zeigt, wie weit die Türkei noch von Rechtsstaatlichkeit
und europäischem Recht entfernt ist.
Dennoch hat der Kurdenführer zuletzt am 9. August erklärt,
dass er erneut einen Aufruf für einen Waffenstillstand an die
kurdische Guerilla richten könne. Dies sei möglich, wenn
die Türkei ernsthaft zeige, dass sie an einem Frieden interessiert
ist. Die Reaktion des Staates war bezeichnend: Die ohnehin beispiellose
Isolationshaft Öcalans wurde noch weiter verschärft, indem
er mit einer dreiwöchigen Bunkerhaft bestraft wurde. Isolationshaft
als Strafe für einen Aufruf zu Frieden und Verständigung
– das ist die klassische Reaktion der Kriegstreiber in der Türkei.
Provokationen dieser Art sollen jeden Weg zum Frieden verbauen, jede
Stimme des Friedens im Keim ersticken. Offensichtlich gibt es immer
noch Militärs und Politiker, die versuchen, den Frieden mit aller
Macht zu sabotieren.
Doch die Zeit der Kriegstreiber läuft ab. Immer mehr Menschen
begreifen, dass nur ein Dialog eine Perspektive für Frieden und
eine demokratische Lösung der kurdischen Frage schaffen kann.
Und immer mehr Menschen wollen diesen Dialog und diesen Frieden.
Die kurdische Seite hat ihre Verhandlungsbereitschaft zum wiederholten
Male unter Beweis gestellt. Mehrere Waffenstillstände sprechen
für sich, welche ohne Öcalan nicht zustande gekommen wären.
Deshalb sehen die Kurden in ihm einen Garanten für einen gerechten
Frieden. Sie erwarten ein Signal der anderen Seite. Die Isolationshaft
Öcalans muss unverzüglich aufgehoben werden. Jetzt ist die
Türkei am Zug. Mit einer klaren Geste muss sie deutlich machen,
ob sie die Waffen schweigen lassen und den Weg einer politischen Lösung
beschreiten will.
Auch die internationale Staatengemeinschaft ist aufgerufen, sich aktiv
für eine Lösung einzusetzen, anstatt wie Deutschland einseitig
Partei für die Türkei zu ergreifen und kurdische Politiker
willkürlich zu verhaften.