Erklärung
zum 25. November – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
Lasst uns gemeinsam für eine gewaltfreie Welt streiten.
Genau vor 46 Jahren
wurden in der Dominikanischen Republik die Geschwister Patria, Minerva
und Maria Teresa von Soldaten des Diktators Trujillo vergewaltigt und
ermordet, nachdem sie aufgrund ihrer politische Arbeit von Trujillo öffentlich
zur Gefahr deklariert worden waren. 1960 erklärten die Vereinten Nationen
den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung jeder Form von
Gewalt gegen Frauen.
Gerade in der heutigen Welt ist es wichtig, den Geschwistern Mirabel zu
gedenken. Dafür haben wir viele Gründe, denn dieses Verbrechen ist weder
die erste noch die letzte ihrer Art.
Die Unterdrückung von Frauen ist die älteste Unterdrückungsform, die bis
heute einer der zentralen Widersprüche unserer Welt darstellt. Trotzt
unglaublicher Entwicklungen, die die Menschheit bislang zu verzeichnen
hat, ist es nicht gelungen, die Gleichstellung der Frau zu erreichen.
Körperliche, sexuelle, psychische, ökonomische, soziale und politische
Gewalt gegen Frauen sind weiterhin an der Tagesordnung.
Die Unterdrückung der Frau hat verschiedene gewaltsame Gesichter: Frauen
werden unter dem Vorwand der Ehre, der Eifersucht, ja sogar „aus Liebe“
ermordet. Genitalverstümmelung bei Frauen, Hinrichtung durch Steinigungen,
Frauenhandel und Zwangsprostitution, Zwangsehen, Vergewaltigung etc. stellen
nur die Spitze des Eisberges dar. Die Diskriminierung von Frauen geht
sogar soweit, dass Frauen das Recht, geboren zu werden, entzogen wird.
Presseberichten zufolge wurden allein in Indien innerhalb der letzten
20 Jahre 10 Millionen weibliche Embryos abgetrieben.
Obwohl das 21. Jahrhundert als das „Jahrhundert der Frauen“ deklariert
wurde, müssen wir feststellen, dass immer mehr Frauen im Zeitalter der
Globalisierung in die Armut getrieben werden. Die unzähligen Kriege, die
auf unserem Planeten geführt werden, wirken sich negativ vor allem auf
das Leben von Frauen aus. Von dieser Situation sind auch die kurdischen
Frauen betroffen. Die Hauptleidtragenden des nun mehr als 20 Jahren anhaltenden
Krieges und der Verleugnungs- und Vernichtungspolitik des türkischen Staates
sind die kurdischen Frauen. Neben gesellschaftlicher, traditioneller und
ökonomischer Unterdrückung sind Kurdinnen auch politischer Unterdrückung
ausgeliefert, daher sprechen wir von einer mehrfachen Unterdrückung.
In unterschiedlichen Initiativen und Organisierungsformen versuchen die
kurdischen Frauen seit Jahren, sich für die Beendigung des Krieges und
für die Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. Daher begrüßen wir den
jüngsten einseitigen Waffenstillstand der PKK und meinen, dass alle friedliebenden
demokratischen Menschen, Parteien und NGOs alles Mögliche unternehmen
sollten, damit dieser 5. Waffenstillstand in eine beidseitige Friedensphase
mündet.
Die Unterdrückung der Frauen ist grenzen-, klassen-, nationen- und religionsübergreifend
und daher universell. Auch wenn es den Anschein hat, als würde die Unterdrückung
zwischen den Entwicklungsländern und den Industrieländern unterschiedlich
sein, so entpuppt sich dieser bei genauem Hinsehen als lediglich Nuanceunterschiede.
Die geschlechtspezifische Gewalt ist eine Diskriminierungsform, die die
Gleichstellung der Frau verhindert. Daher kann diese Art von Gewalt nicht
nur bestimmten Traditionen, Religionen, Kulturen oder politischen Regimen
zugeschrieben werden, sondern muss als universelle Menschenrechtverletzung
aufgefasst werden. Die Frauenfrage ist eine Systemfrage, die aus der patriarchalischen
Herrschaftsmentalität und seiner Institutionalisierung resultiert.
Nur durch verstärkte Organisierung der Frauen in allen Bereichen des Lebens,
kann die patriarchalische Herrschaftsmentalität überwunden und an ihrer
Stelle Frieden und Demokratie etabliert werden, die den Bedürfnissen der
Frauen entspricht. Solange geschlechtsspezifische Gewalt besteht, können
wir nicht von Einhaltung von Menschenrechten, Demokratie und Frieden sprechen.
Frieden statt Krieg!
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