Gegen die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung
– Dialog statt Repression!
Bei Razzien
in Paris sind am Montag 13 Personen kurdischer Herkunft festgenommen worden.
Eine weitere Person wurde an der Grenze nach Belgien aufgrund eines europäischen
Haftbefehls festgenommen. Die Razzien fanden zeitgleich früh morgens im
Kurdischen Kulturzentrum Ahmet Kaya, im Informationszentrum Kurdistan
sowie in mehreren Privatwohnungen statt. Im Verein und im Informationszentrum
wurden in Abwesenheit der Nutzer die Türen aufgebrochen und die Einrichtung
verwüstet. Beschlagnahmt wurden mehrere Akten und Computer.
Wir verurteilen die
polizeilichen Durchsuchungsaktionen und Festnahmen aufs Schärfste. Die
seit 20 Jahren anhaltende Verbots- und Kriminalisierungspraxis bedeutet
vor dem Hintergrund der grundlegenden Veränderungen der kurdischen Bewegung
und ihrer Bemühungen um politisch-demokratische Konfliktlösungen eine
inakzeptable Provokation. Eine solch repressive Politik hat bisher nicht
ein einziges der kurdischen Frage zugrunde liegendes Problem gelöst –
weder in Europa noch in der Türkei.
Die Versuche, die Menschen mit dem Instrument des Polizei- und Strafrechts
davon abzuhalten, sich in ihren Vereinen für ihre legitimen politischen,
sozialen und kulturellen Anliegen und Rechte zu betätigen, waren und sind
ein untaugliches Mittel. Aktivitäten von kurdischer Seite als politischen
„Extremismus“ oder gar als „Terrorismus“ zu disqualifizieren und zu diskreditieren,
ist nicht nur kurz gedacht. Wir halten diese Art der Einschüchterung und
Kriminalisierung der politischen Arbeit für eine unzulässige und undemokratische
Herangehensweise gegenüber der kurdischen Bevölkerung, die seit Jahrzehnten
einem massiven Verfolgungsdruck ausgesetzt ist.
Gleichzeitig sind wir uns dessen bewusst, dass es sich bei dieser jüngsten
Repressionsmaßnahme um eine politische und nicht um eine strafrechtliche
Entscheidung handelt. Bei den Festgenommenen handelt es sich um politische
Repräsentanten der kurdischen Bewegung, die sich seit Jahren offen für
die grundlegenden Rechte der Kurden einsetzen. Die Anschuldigungen gegen
sie sind aus der Luft gegriffen und dienen lediglich als Vorwand.
Die Razzien und Festnahmen haben stattgefunden, nachdem die so genannten
„PKK-Koordinatoren“ der USA und der Türkei sich zu einer Sitzung in Deutschland
getroffen und kurz danach französische, britische und US-amerikanische
Verantwortliche in Istanbul zusammen gekommen sind. Gleichzeitig hat das
Sekretariat des Ministerkomitees des Europarats die Empfehlung abgegeben,
den Prozess Abdullah Öcalans nicht erneut aufzurollen. In der Türkei wird
unterdessen mit Blick auf das Öl in Kerkuk über eine
grenzüberschreitende Militäroperation gegen die PKK auf irakischem Territorium
in Südkurdistan debattiert und die durch die Medien angeheizte nationalistische
Hetze hat einen vorläufigen tragischen Höhepunkt in der Ermordung des
armenischen Journalisten Hrant Dink auf offener Straße in Istanbul gefunden.
Wie Tausende andere Kurden und Kurdinnen in Europa auch fordern wir hier
in Hamburg eine Umkehr der herrschenden Politik und rufen alle demokratischen
Kräfte dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Kriminalisierung beendet
wird und sich Kurdinnen und Kurden frei und offen artikulieren können.
Das PKK-Verbot muss aufgehoben und ein ernsthafter Dialogprozess vonseiten
der politisch Verantwortlichen begonnen werden.
Es ist die Aufgabe Frankreichs und Europas, einen Friedensprozess in Kurdistan
und der Türkei aktiv zu fördern, indem unterstützend an der Entwicklung
von Rahmenbedingungen für den Beginn eines Dialoges zwischen der kurdischen
Bewegung und dem türkischen Staat gearbeitet wird. Das Vorgehen Frankreichs
zeigt dagegen, dass kein Interesse an einer Lösung der kurdischen Frage
mit demokratischen Methoden und damit auch nicht an einer Stabilität der
Türkei besteht. Im Gegenteil wird der türkische Staat dadurch nur ermutigt,
seine letztendlich selbstzerstörerische Verleugnungs- und Vernichtungspolitik
fortzusetzen.
Als in Hamburg lebende Kurdinnen und Kurden und sich mit ihnen solidarisch
erklärende Organisationen und Menschen fordern wir die Regierung Frankreichs
dazu auf, die festgenommenen Kurdinnen und Kurden unverzüglich freizulassen,
die beschlagnahmten Gegenstände zurück zu geben und eine Stellungnahme
zu der Repressionswelle gegen die kurdische Bewegung abzugeben. Gleichzeitig
möchten wir betonen, dass auch diese Repression uns nicht zum schweigen
bringen wird. Es ist kein Verbrechen, für grundlegende Rechte organisiert
zu kämpfen. Diesen Kampf werden wir fortführen. Für einen demokratischen
Dialog sind wir als Unterzeichnende jederzeit bereit.
Die kurdische
Bewegung lässt sich nicht verbieten – Dialog statt Repression
Sofortige Freilassung der in Frankreich festgenommenen kurdischen PolitikerInnen
Volkshaus Kurdistan,
Verein freier Frauen aus Mesopotamien, ISKU-Informationsstelle Kurdistan
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