22. März 2007
Kurdische
Politikerin Sakine Cansiz in Hamburg festgenommen
Türkei begehrt ihre Auslieferung
Die Versuche der
türkischen Strafverfolgungsbehörden, mit Hilfe des
internationalen Haftbefehls die Auslieferung von politisch Verfolgten
aus Deutschland in die Türkei zum Zweck der Strafverfolgung
zu erreichen, reißen nicht ab. So wurden am Abend des
19. März die kurdische Politikerin Sakine Cansiz und ihre
Begleiter von einem 15-köpfigen Polizeiaufgebot in einem
portugiesischen Café in Hamburg festgenommen und in Handschellen
abgeführt. Die aus Dersim (türkisch: Tunceli) stammende
Kurdin war aufgrund ihres Engagements für die kurdischen
Interessen in der Schreckenszeit nach dem Militärputsch
1980 für 12 Jahre in türkischer Haft, aus der sie
1991 entlassen wurde.
1998 erhielt sie politisches Asyl in Frankreich.
Gegen Sakine Cansiz
besteht laut Haftbefehl des Staatssicherheitsgerichts in Malatya
vom September 2002 der Verdacht der „Zugehörigkeit
zu einer terroristischen Organisation“, was nach türkischem
Recht mit einem Höchststrafmaß von 22 Jahren und
6 Monaten Freiheitsstrafe bedroht wird. Sie soll als Hauptverantwortliche
des KADEK bzw. der PKK im Jahre 1993 an einer Guerillaausbildung
teilgenommen haben, ein Jahr später im Lager Mahsum Korkmaz
in Syrien tätig gewesen sein sowie 1998 drei Monate lang
dort Aktivistinnen ausgebildet haben. Ferner sei sie Mitglied
des PKK-Zentralkomitees und der „Frauenliga Kurdistans“
gewesen.
Nach Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts, das auf
Ersuchen der türkischen Justizbehörden den Haftbefehl
gegen Sakine Cansiz ausgestellt hat, handelt es sich in ihrem
Fall um eine „auslieferungsfähige Straftat“,
womit die Auslieferung der Verfolgten „grundsätzlich
zulässig“ sei. Dies auch, „weil die PKK in
der Bundesrepublik Deutschland und ihre Unterstützung strafbar“
ist.
Bisher haben in allen
uns bekannt gewordenen Fällen die Senate von Oberlandesgerichten
die Auslieferung von politisch Verfolgten in die Türkei
wegen eines bestehenden Auslieferungshindernisses für unzulässig
erklärt. In der Regel gebe es beachtliche Beweisanzeichen
dafür, dass im Falle der Auslieferung solchen Personen
politische Verfolgung drohe – bis hin zu Misshandlung
oder Folter bei zu erwartenden Ermittlungsmaßnahmen. In
dem der von der Türkei eingeleiteten Reformprozess seien
eher Rück- als Fortschritte festzustellen, so dass nach
wie vor von einer Gefährdungslage bei einer Auslieferung
ausgegangen werden müsse. Außerdem genügten
die von den türkischen Behörden vorgelegten Unterlagen
hinsichtlich der behaupteten Tatzeit, des Tatortes oder der
Tathandlung in keiner Weise dem europäischen Rechtsstandard.
Azadî
verurteilt das Vorgehen der türkischen Strafverfolgungsbehörden
aufs Schärfste und appelliert an das zuständige Hanseatische
Oberlandesgericht in Hamburg, eine kritische Haltung hinsichtlich
der Folgen einer möglichen Auslieferung in die Türkei
einzunehmen und das vorliegende Ersuchen der türkischen
Justizbehörden für unzulässig zu erklären
und den Haftbefehl gegen Sakine Cansiz aufzuheben.
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