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22. März 2007
Prozess
gegen kurdischen Politiker eröffnet
Riza
Erdogan: Kurdinnen und Kurden brauchen Organisations-, Gedanken-
und Meinungsfreiheit
In dem gestern gegen den kurdischen Politiker und Journalisten
Riza Erdogan eröffneten Prozess wegen mutmaßlicher
„Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“(§129
StGB) vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, verlas die
Bundesanwaltschaft ihre kurz- und allgemein gefasste Anklageschrift.
Diese war geprägt von den stereotypen Vorwürfen und
einer rückwärtsgewandten und jeglichen Entwicklung
der kurdischen Bewegung außer acht lassenden Sichtweise.
Taten, die dem Beschuldigten direkt vorgeworfen werden könnten,
wurden nicht vorgetragen, was allerdings dem Charakter des §
129 StGB entspricht, der Organisationsdelikte bestraft und individuelle
Schuld nicht nachgewiesen werden muss.
Riza Erdogan ging
in seiner Prozesserklärung neben der Schilderung seiner
persönlichen Verhältnisse und den Hintergründen
der Flucht in die Bundesrepublik auf die Anklage ein. Sein Aufenthalt
hier sei auch eine Folge der „kurdischen Frage“
und daher sei es „mehr als kurzsichtig“, wenn Menschen
wie er, die einen Beitrag zur Lösung des Konfliktes leisten
wollten, „lediglich als straffällige Mitglieder einer
kriminellen Vereinigung“ behandelt würden. Diesen
politischen Hintergrund, der als eine Tragödie bezeichnet
werden müsse, dürfe nicht einfach ignoriert werden.
Wenn die kurdische Bewegung, „die in den letzten Jahren
einen tief greifenden Wandel durchlaufen“ habe, im „Erscheinungsbild
der neunziger Jahre bewertet“ würde, könne dies
nur zu „irreführenden Ergebnissen“ führen.
Es habe ein „Übergang“ stattgefunden, der „die
demokratischen Rechte und Freiheiten respektiert und individuelle
Rechte unterstützt.“
In vier Hauptpunkten fasste Riza Erdogan die Kriterien dieses
Wandels zusammen, der eine freie Artikulation im eigenen Land
gewährleiste, die kulturellen, sprachlichen und sozialen
Belange der in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden unterstütze
und das System der Integration fördere. Statt einer zentralistischen
orientiere man sich auf eine konföderale, zivilgesellschaftliche
Organisierungsweise, welche alle Belange, Gruppen und Gemeinschaften
einbeziehe. Bei dem Aufbau von „Volksräten“
seien Kader entbehrlich. Insofern gebe es auch keine wie von
der Anklage beschriebene „Aktivitäten“. Diese
Betrachtung stamme aus längst vergangener Zeit. Freiwilligkeit
„sowohl für die Teilnahme am politischen Kampf als
auch für den Austritt“ sei bereits Grundlage seit
einigen Jahren. Dies gelte ebenso für die Bereitschaft,
den Kampf des kurdischen Volkes materiell zu unterstützen.
Die Bewegung arbeite intensiv an der Fortentwicklung der inneren
Demokratisierung, Vielstimmigkeit und am Mehrheitsprinzip.
Doch werde es den
Kurdinnen und Kurden in Deutschland durch die Verbotspolitik
äußerst schwer gemacht, diesen Wandlungsprozess in
freier Artikulation und Diskussion umzusetzen. Die Vereine und
ihre Mitglieder fühlten sich unterdrückt, was wiederum
zu sozialen und psychischen Problemen der Menschen führe.
„Soziale, kulturelle und organisatorische Aktivitäten,
die andere Volksgruppen und zivilgesellschaftliche Organisationen
ohne Schwierigkeiten durchführen können oder hierfür
sogar Anregung erhalten, gestalten sich für die Kurden
aufgrund von Verboten und Vorurteilen um einiges schwieriger,“
so Riza Erdogan.
Deshalb
fordert auch Azadî ein Ende dieser Kriminalisierungspolitik
und die Aufhebung des Betätigungsverbotes von PKK/KONGRA-GEL.
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