PRESSEMITTEILUNG
27.03.2007
Kulturvernichtung
und Vertreibung mit deutscher und österreichischer Hilfe!
Die Regierungen aus
Deutschland und Österreich haben am Nachmittag des 26. März 2007 bekannt
gegeben, dass sie nun endgültig den Exportkreditgarantien für den Bau
des Ilisudamms in den kurdisch besiedelten Gebieten der Türkei zugestimmt
haben. Diese Entscheidung der beiden Länder hat uns, die Vertreter von
72 Organisationen aus den betroffenen Gebieten, sehr entsetzt.
Durch den Ilisu-Staudamm wird die über 10.000 Jahre alte Stadt Hasankeyf
am Tigris, die unter Denkmalschutz steht und von Experten zum Weltkulturerbe
gezählt wird, für immer in den Fluten eines gewaltigen Stausees versenkt.
Darüber hinaus führt der Staudamm zu einem gewaltigen ökologischen Desaster
und zur Vertreibung von mindestens 55.000 Menschen.
Deutschland und Österreich argumentieren, die Türkei hätte sich nun zu
Maßnahmen verpflichtet, die “weit über die bisher bei Staudammprojekten
geübte Praxis hinausgehen“. Dem müssen wir entschieden widersprechen:
- Wir, die von dem Staudamm betroffenen Menschen, wurden über das Bauvorhaben
kaum informiert. Unsere Anfragen und Gesprächsangebote wurden nicht beantwortet.
Im Gegenteil: Der Gouverneur der Provinz Mardin hat Staudammkritiker sogar
zu “Helfer von Terroristen“ erklärt. Gegen diese Verleumdung haben wir
Anzeige erstattet.
- Man will die wichtigsten vorhandenen Kulturschätze im antiken Hasankeyf
abbauen und in einem neu geschaffenen “Kulturpark“ wieder aufbauen. Damit
sollen sie angeblich gerettet werden. Wir bewerten die nur als Augenwischerei.
Namhafte Wissenschaftler aus der Türkei und Europa erklären, dass ein
solches Vorhaben technisch unmöglich sei. Die Bauwerke bestehen im Innern
aus Bindemittel und nicht aus Steinen. Sie können daher nicht transportiert
werden. Und wie will man beispielsweise Teile der Felsenburg, die vom
Wasser überflutet werden sollen, retten? Wie will man die einzigartigen
6000 Höhlen versetzen? Darüber hinaus werden in der Umgebung von Hasankeyf
weitere 300 archäologische Stätten überflutet. Nur bei vierzehn dieser
Fundorte konnte man bisher überhaupt nur mit den Ausgrabungen beginnen.
Wir sehen daher in
der Entscheidung der Regierungen aus Deutschland und Österreich einen
ungeheuerlichen Akt der Vernichtung eines unersetzlichen Weltkulturerbes.
Einzigartige Dokumente unserer Geschichte und unserer Kultur werden für
immer zerstört. Dagegen wehren wir uns. Wir appellieren noch einmal an
Deutschland und Österreich, an alle Menschen, Wissenschaftler und Politiker
in Europa und der ganzen Welt: Unternehmen Sie alles, damit dieses unverantwortliche
Staudammprojekt doch noch gestoppt wird!
Wir wollen eine Entwicklung in unserer Region ohne kulturelle und ökologische
Zerstörungen, eine Entwicklung, die den Menschen dient und sie nicht vertreibt.
Wir wollen selber über unsere Zukunft bestimmen!
Ercan Ayboga
Initiative zur Rettung von Hasankeyf
27.03.2007
Diyarbakir/Türkei
Tel: 0090-5366016259
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