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27.6.2007

Profit vor Umwelt und Kultur

München: Kritische Aktionäre protestierten aus Anlaß der HypoVereinsbank-Hauptversammlung gegen Beteiligung von deren Schwesterinstitut Bank Austria an Staudammprojekt in Türkei


Die türkische Regierung plant bekanntlich seit Jahren ein Wasserkraftwerk mit einer gigantischen Talsperre, dem Ilisu-Staudamm (jW berichtete zuletzt am 27.4. darüber). Die deutsche Regierung will den Bau mit einer Hermes-Bürgschaft in Höhe von 200 Millionen Euro absichern. Am Dienstag wurde das Projekt, das unter anderem Umweltzerstörungen in unabsehbarem Ausmaß und die Vernichtung einer antiken Stadt nach sich ziehen würde, am Rande der Hauptversammlung der HypoVereinsbank (HVB) in München thematisiert - von Mitgliedern des Dachverbandes der Kritischen Aktionäre und der Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisation WEED.

Die Verbände wiesen darauf hin, daß die HVB selbst nach eigenen Aussagen von einer direkten Beteiligung an der Finanzierung des Staudamms absieht. Ihr »Schwesterinstitut« Bank Austria dagegen, die wie die HVB zur italienischen UniCredit Group gehört, wolle 280 Millionen Euro in das Projekt stecken. Vor der Hauptversammlung warnten die beiden Gruppen, eine Beteiligung der UniCredit Group »an einem Projekt mit derart gravierenden sozialen und ökologischen Folgen würde auch den Ruf der HVB gefährden, die in diesem Falle eine Vorbildfunktion einnimmt, indem sie Umwelt- und Sozialverträglichkeit über kurzfristige Profitinteressen setzt«, sagte Heike Drillisch von WEED. Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, forderte UniCredit und ihren Chef Alessandro Profumo auf, »auf den Rückzug der gesamten Gruppe aus diesem Projekt hinzuwirken«. Profumo ist auch Aufsichtsratschef der HVB. Dufner wies darauf hin, daß das Ilisu-Projekt nach Meinung von Experten »das Völkerrecht bricht und die finanzierenden Banken zur Rechenschaft gezogen werden« könnten.

Die - wahrscheinlich letzte - HVB-Hauptversammlung in München wurde derweil eher von zornigen Kleinaktionären aufgemischt. Hintergrund der Proteste war das Bestreben von UniCredit, sich der letzten Minderheitsaktionäre zu entledigen. Aktionärsschützer warfen UniCredit ein rücksichtsloses Vorgehen gegenüber der HVB und ihren Kleinaktionären vor. »UniCredit hat die HVB ausgeschlachtet«, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Dienstag unter großem Beifall. Jetzt würden die letzten Minderheitsaktionäre für eine viel zu geringe Abfindung »einfach hinausgeschmissen«.

UniCredit hatte die angeschlagene HVB im Juni 2005 für gut 15 Milliarden Euro zu 95 Prozent übernommen. Nun will sie die Minderheitsaktionäre, die noch 4,55 Prozent halten, gegen Zahlung einer Abfindung zwangsweise ausschließen und die HVB von der Börse nehmen. Bergdolt kündigte Klagen gegen dieses Vorgehen an. Zuvor hatte ein Aktionär die Eröffnung der Versammlung mit Zwischenrufen gestört und war beim Versuch, aufs Podium zu stürmen, von Ordnern abgedrängt worden und gestürzt. Bergdolt sagte, die HVB habe ihr »Tafelsilber« an die UniCredit »verschleudert« und die profitable Bank Austria weit unter Wert abgegeben. Wegen des Verkaufs der Bank Austria an den Großaktionär UniCredit haben bereits mehrere Investorengruppen Sonderprüfungen beantragt. In München und Wien sind Schadenersatzklagen anhängig. HVB-Vorstandschef Wolfgang Sprißler erklärte dagegen am Dienstag, UniCredit habe der HVB die Bank Austria sogar zwölf Prozent über dem damaligen Aktienkurs abgekauft.(jW/AP)