Türkei:
Weiterer Kriegsdienstverweigerer inhaftiert
Connection
e.V. startet online-Faxaktion
Pressemitteilung vom 31. März
2008
Am vergangenen Donnerstag wurde
erneut ein Kriegsdienstverweigerer in der Türkei inhaftiert. Nachdem am
16. März 2008 der Deserteur Ismail Saygi festgenommen worden war, wurde
nun Halil Savda verhaftet.
Seine Verhaftung erfolgte während einer Protestaktion, bei der sich Halil
Savda für Ismail Saygi einsetzte: "Ismail Saygi, der sein Leben unter
der ständigen Situation des zivilen Todes führen musste, wie alle anderen
Kriegsdienstverweigerer in der Türkei, wird nun in einen Teufelskreislauf
gezwungen zwischen Rekrutierungsbüro, Einheit, Militärgericht und Militärgefängnis."
Gegenüber den Militärbehörden betonte Halil Savda: "Ihr könnt nicht
den Glauben und die Überzeugung mit Befehlen, Hierarchie und militärischen
Methoden brechen."
Anlässlich der Verhaftungen von türkischen Kriegsdienstverweigerern ruft
Connection e.V. zu Protestschreiben gegenüber den türkischen Militärbehörden
auf. Heute startet eine online-Faxaktion, mit der die Anerkennung der
Kriegsdienstverweigerung und die sofortige Freilassung von Halil Savda
und Ismail Saygi gefordert wird.
Die Türkei erkennt das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht
an. Verweigerer wurden bis zu sieben Mal verurteilt. Zudem werden öffentliche
Äußerungen gegen das Militär unter Strafe gestellt. Etwa 50 Wehrpflichtige
haben bislang öffentlich ihre Kriegsdienstverweigerung erklärt. Zudem
entziehen sich in der Türkei Zehntausende der Ableistung des Militärdienstes.
Zu den Personen
Der 21-jährige Ismail Saygi war am 16. März 2008 in Istanbul festgenommen
worden. Er war nach sieben Monaten anlässlich eines Heimaturlaubs nicht
mehr zur Armee zurückgekehrt und damit desertiert. Am 15. November 2006
erklärte er in den Räumen des Menschenrechtsvereins Istanbul seine Kriegsdienstverweigerung:
"In den sieben Monaten, in denen ich im Militär war verstand ich,
dass die Ideologie der Gewalt, von Sterben und Töten, meiner Art und meinem
Verständnis zu leben widerspricht. Als Soldat verlor ich die Achtung vor
mir selber und anderen Menschen. Meine Psyche litt zunehmend darunter.
Deshalb habe ich beschlossen, dass es keine Verbindung mehr zwischen mir
und allen Institutionen, die Gewalt beinhalten, geben soll." Er wurde
inzwischen in das Militärgefängnis in Sarikamis überstellt, wo eine Anklage
wegen Desertion vorliegt und ihm eine erneute Einberufung zum Militär
droht.
Die Solidaritätsinitiative Ismail Saygi befürchtet, dass er wie andere
Kriegsdienstverweigerer vor ihm "im Militärgefängnis willkürlichen
Schikanen, Einschränkungen, Disziplinarstrafen und Folter ausgesetzt sein
wird".
Halil Savda war im März 2007
vom Militärgericht in Corlu zu insgesamt einem Jahr und dreieinhalb Monaten
wegen Desertion und Ungehorsam verurteilt worden. Wenig später erfolgte
eine zweite Verurteilung zu sechs Monaten wegen Befehlsverweigerung. Die
zweite Haftstrafe von sechs Monaten hat Halil Savda bereits verbüßt. Da
er gegen das erste Urteil in Berufung ging, wurde er im Juli 2007 freigelassen,
aber zugleich erneut zum Militärdienst einberufen. Dieser Aufforderung
kam er nicht nach. Kurz vor seiner Verhaftung wurde die erste Haftstrafe
von einem Jahr und dreieinhalb Monaten vom Berufungsgericht bestätigt.
Damit muss er jetzt diese Strafe verbüßen. Ihm droht wegen der Nichtbefolgung
der Einberufung weitere Strafverfolgung.
Mit der Verfolgung der Kriegsdienstverweigerer
verstößt die Türkei gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte vom 24. Januar 2006. Darin hatte das Gericht festgestellt,
dass wiederholte Anklagen gegen Kriegsdienstverweigerer in Verbindung
mit der Möglichkeit einer lebenslangen Strafverfolgung "im Missverhältnis
zu dem Ziel stehen, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen"
und damit die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen. Der Ministerausschuss
des Europarates hatte die Türkei zuletzt am 17. Oktober 2007 aufgefordert,
"ohne weiteren Verzug eine Gesetzesreform zu verabschieden, die notwendig
ist, um ähnliche Verletzungen der Konvention zu vermeiden.
Connection e.V. verurteilt
aufs Schärfste die Strafverfolgung von KriegsgegnerInnen in der Türkei.
"Die Türkei muss das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung unverzüglich
und uneingeschränkt anerkennen", ergänzte heute Rudi Friedrich. "Die
Kriminalisierung von Kriegsdienstverweigerern, AntimilitaristInnen und
Deserteuren muss beendet werden."
gez. Rudi Friedrich
Weitere Infos unter www.Connection-eV.de
oder 069-82375534. Die online-Faxaktion kann über www.Connection-eV.de/aktion
erreicht werden.
------------------------------------------------------------------------------------------
Fördern Sie die internationale Arbeit für Kriegsdienstverweigerer und
Deserteure
Spenden Sie online oder auf Konto 70 85 700 bei der Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 370 20 500. Spenden sind steuerlich absetzbar.
------------------------------------------------------------------------------------------
E-Mail-News von Connection e.V. abonnieren oder abbestellen:
http://www.Connection-eV.de/EmailNews.html
------------------------------------------------------------------------------------------
Connection e.V.
Gerberstr. 5, 63065 Offenbach
Tel.: +49-(0)69-82375534, Fax: +49-(0)69-82375535
E-Mail: office@Connection-eV.de
Besuchen Sie unsere Homepage:
http://www.Connection-eV.de |