10. April 2008
Razzia
in kurdischem Verein und neun Objekten in Bremen
Vorwurf:
Bildung einer kriminellen Vereinigung
Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Vorstandsvorsitzenden
Kenan K. wurden in den heutigen Morgenstunden die Räumlichkeiten
des kurdischen Vereins BIRATI e.V. in Bremen sowie die Wohnungen
von neun Mitgliedern durchsucht, darunter die des ehemaligen
und derzeitigen Vorsitzenden. Die Betroffenen mussten sich einer
erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen; festgenommen
wurde niemand. Im Zuge der Durchsuchungen sind Vereinsunterlagen,
Zeitschriften, Bücher, Notizblöcke, Computer und handys
beschlagnahmt worden.
Laut Durchsuchungsbeschluss
des Amtsgerichts Bremen vom 4. April wird gegen Kenan K. wegen
„Bildung krimineller Vereinigungen“ (§ 129
Abs. 1 StGB) ermittelt. Er soll seit November 2007 als „Frontarbeiter“
für den KONGRA-GEL Spendengelder „eingetrieben“
haben und sich dabei der „in der Organisation geltenden
Hierarchie“ unterworfen haben. Er habe mit dazu beigetragen,
„dass jährlich etwa 5 Millionen Euro der PKK/KONGRA-GEL“
hätten „zugeleitet“ werden können. Der
Verdacht gegen ihn und weitere Aktivisten basierten auf durchgeführte
Telefonüberwachungsmaßnahmen.
Es offenbart sich
hier ein Novum in der strafrechtlichen Verfolgung, dass das
Sammeln von Spenden durch „Frontarbeiter“ nicht
als Verstoß gegen das Vereinsgesetz strafrechtlich geahndet
wird, sondern als Bildung einer kriminellen Vereinigung nach
§ 129 StGB. Die Kriminalisierung der kurdischen Vereine
wiederum begründen die Strafverfolgungsbehörden in
der Regel mit der Behauptung, dass alle Vereine, die der Föderation
kurdischer Vereine (YEK-KOM) angehören, den „legalen
Arm“ von PKK/KONGRA-GEL bilden und mit deren Ziele sympathisieren
würden. Während zahlreiche derartiger Verfahren mit
Geldstrafe oder einer Einstellung enden, müsste bei einer
Anklage nach § 129 StGB mit empfindlicheren Strafen und
mehrjährigen Bewährungszeiten, die ein quasi-Politikverbot
bedeuten, gerechnet werden.
Bisher angeklagte
Kurden nach § 129 StGB wurden wegen der Mitgliedschaft
in einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer
ausnahmslos zu Freiheitsstrafen verurteilt. In jüngster
Zeit mehren sich Verhaftungen von Aktivisten, denen eine Unterstützung
vorgeworfen wird. Eine Ausweitung der Vorwürfe auf die
Bildung einer kriminellen Vereinigung ist als eine Verschärfung
der strafrechtlichen Verfolgung zu werten. Damit wollen die
Behörden offensichtlich den juristischen Druck auf den
größten Teil der hier lebenden kurdischen Bevölkerung
erhöhen und sie von jeder politischen Parteinahme oder
Aktivität fernhalten.
Schließlich hatte auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
der Türkei erst kürzlich die Unterstützung der
Bundesregierung im Anti-PKK-Kampf zugesagt. In diesem Kontext
müssen die Repressionsmaßnahmen der letzten Monate
gesehen werden.
Sie bedeuten eine
Kampfansage an alle kurdischen Kräfte, die sich seit Jahren
darum bemühen, auf dem Wege des friedlichen Dialogs und
der Verhandlung eine Lösung der Konflikte zu finden. Es
scheint, dass sich die Falken in der internationalen Staatengemeinschaft
versuchen durchzusetzen, ganz im Gegenteil zu den zahlreichen
Interventionen und Initiativen zugunsten der Rechte der Tibeter
und seiner Autonomie.
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