Amnesty International

* Iran

ABSCHIEBUNG / DROHENDE FOLTER

UA-279/2008
Index:
MDE 13/147/2008
10. Oktober 2008

Frau MA'SOUMEH KA'BI, 31 Jahre
und deren Kinder:
SHIMA' NABGAN, 14-jährige Jugendliche;
ASIA NABGAN, 13-jährige Jugendlliche;
ASMA' NABGAN, elfjähriges Mädchen;
** IYAD NABGAN**, achtjähriger Junge;
IMAD NABGAN, vierjähriger Junge

Ma'soumeh Ka'bi und ihre fünf Kinder, die der arabischen Minderheit im Iran angehören, wurden am 27. September 2008 von Syrien in den Iran abgeschoben, was einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt. Die Mutter und ihre minderjährigen Kinder befinden sich derzeit im Iran in Haft. Die syrische Regierung hat sie abgeschoben, obwohl sie beim Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) als Asylsuchende registriert waren. Sie hatten geplant, nach Dänemark zu reisen, wo Habib Nabgan, Ehemann von Ma'soumeh Ka'bi und Vater ihrer Kinder, auf sie wartete. Ma'soumeh Ka'bi und ihre fünf Kinder sind gewaltlose politische Gefangene, die nur festgehalten werden, um Habib Nabgan zu zwingen, in den Iran zurückzukehren. Sie sind in Gefahr, Opfer von Folter oder anderen Misshandlungen zu werden.

Habib Nabgan ist ein bekanntes Mitglied der Partei "Lejnat al-Wefaq" (Versöhnungskomitee), die sich für die Rechte der arabischen Minderheit im Iran einsetzt. Er wurde vor zwei Jahren als Flüchtling in Dänemark aufgenommen. Ma'soumeh Ka'bi floh am 7. Mai 2008 mit ihren fünf Kindern aus dem Iran und beantragte beim UNHCR in Damaskus Asyl. Ihr Antrag wurde noch bearbeitet. Sie hatte von den dänischen Behörden die Erlaubnis erhalten, ihrem Mann nach Dänemark nachzureisen.

Nachdem die dänischen Behörden Ma'soumeh Ka'bi ein befristetes Reisedokument ausgestellt hatten, nahm sie am 9. September 2008 ihre fünf Kinder mit zum Büro der syrischen Immigrationsabteilung, um eine Ausreisevisum zu erhalten, mit dem sie das Land verlassen könnten. Sie und ihre Kinder wurden an dem Tag festgenommen und trotz des Einschreitens des UNHCR in Damaskus, der die Freilassung der Familie forderte, am 27. September 2008 in den Iran abgeschoben. Bei ihrer Ankunft in der iranischen Hauptstadt Teheran wurde die Familie eine Nacht in einer Hafteinrichtung am Flughafen festgehalten. Danach brachte man sie in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Teheran. Um den 29. September 2008 herum wurden die Kinder von ihrer Mutter getrennt. Alle Familienmitglieder wurden erneut verlegt, diesmal in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in der Stadt Ahvaz in der Provinz Chuzestan (Khuzestan). Dort ist Ma'soumeh Ka'bi noch immer getrennt von ihren Kindern inhaftiert. Andere Familienmitglieder im Iran erhielten einen Anruf von den Sicherheitskräften. Sie wurden über den Aufenthaltsort der Kinder informiert und gewarnt, keine Fragen über Ma'soumeh Ka'bi zu stellen.

Ma'soumeh Ka'bi und ihr jüngster Sohn Imad, damals zwei Jahre alt, wurden zuvor bereits am 27. Februar 2006 festgenommen (siehe UA 065/2006). Sie wurden bis zum 28. April 2006 festgehalten und dann gegen Kaution freigelassen. Die anderen vier Kinder und die Mutter von Habib Nabgan wurden ebenfalls festgenommen, am nächsten Tag jedoch freigelassen. Habib Nabgan, der aus dem Iran geflohen ist, erhielt Drohungen, dass seine Familie gefoltert oder getötet würde, falls er nicht in den Iran zurückkehre.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Arabischstämmige Iranerinnen und Iraner leben größtenteils in der an den Irak grenzenden Region Chuzestan (Khuzestan). Die arabische Minderheit im Iran klagt über Diskriminierung, unter anderem in Bezug auf Zugang zu Rohstoffen, sowie Vertreibungen. Im April 2005 kam es zu Massendemonstrationen, nachdem mutmaßliche Pläne der Regierung bekannt wurden, die arabische Bevölkerung zu vertreiben beziehungsweise zu zwingen, ihre arabische Identität aufzugeben. Nach Bombenanschlägen in der Stadt Ahvaz im Juni und Oktober 2005, bei denen mindestens 14 Personen ums Leben kamen, und weiteren Anschlägen auf wirtschaftlich bedeutende Ölanlagen im September und Oktober desselben Jahres, wurden Hunderte Personen festgenommen. Weitere Bombenanschläge, denen mindestens sechs Menschen zum Opfer fielen, hatten weitere Massenfestnahmen zur Folge. Bislang sind mindestens 17 Männer wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an den Bombenattentaten hingerichtet worden. Unklar ist, ob ein weiterer Mann ebenfalls hingerichtet wurde oder in der Haft starb.

Artikel 15 der iranischen Verfassung besagt: "Die gemeinsame Sprache und Schrift des iranischen Volkes ist Persisch. [...] Der Gebrauch der einheimischen Sprachen und Dialekte in der Presse und anderen Medien wie auch der Unterricht der entsprechenden Literatur in den Schulen ist jedoch neben der persischen Sprache freigestellt." Die Partei "Leijnat al-Wefaq" wurde 1999 gegründet, um die Rechte der arabischen Minderheit im Iran zu fördern. Dazu gehören auch sprachliche und kulturelle Rechte. Die Partei wurde jedoch am 4. November 2006 verboten. In einer Stellungnahme des Büros der Staatsanwaltschaft von Ahvaz hieß es: "Mitgliedschaft in und Verbindungen zu dieser Partei werden streng verfolgt."

Berichten zufolge wurden 2006 vier iranische Männer, Mitglieder der arabischen Minderheit im Iran, aus Syrien in den Iran abgeschoben. (siehe UA 132/2006 und UA 067/2007). Mindestens einem dieser Männer droht die Todesstrafe.
EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

* Ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass Ma'soumeh Ka'bi und ihre fünf Kinder (bitte namentlich nennen) gewaltlose politische Gefangen sind, die nur festgehalten werden, um Habib Nabgan dazu zu zwingen, sich den iranischen Behörden zu stellen;
* die Behörden aufrufen, Ma'soumeh Ka'bi und ihre fünf Kinder sofort und bedingungslos freizulassen;
* Ihre Sorge um die Sicherheit der sechs Gefangenen zum Ausdruck bringen und bei den Behörden darauf dringen, zu gewährleisten, dass sie nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt werden;
* die Behörden auffordern, zu gewährleisten, dass Ma'soumeh Ka'bi und die Kinder Zugang zu Anwälten ihrer Wahl, ihrer Familie und gegebenenfalls notwendiger medizinischer Versorgung erhalten;
* die iranischen Behörden daran erinnern, dass Artikel 12(2) des Internationale Paktes über bürgerliche und politische Rechte ausdrücklich das Recht anerkennt, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen, und die Behörden auffordern, Ma'soumeh Ka'bi und ihren Kindern die Ausreise aus dem Iran zu gestatten;
* die Behörden daran erinnern, dass der Iran Vertragsstaat des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist, der vorsieht, dass "Festnahmen, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe [...] bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden" dürfen. Dem Wohl und die Entwicklung des Kindes sollten bei der Auswahl jeglicher Maßnahmen gegen Kinder die höchste Bedeutung beigemessen werden.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
His Excellency Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - Shahid Keshvar Doust Street
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@leader.ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi
Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri, Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@dadgostary-tehran.ir

GEHEIMDIENSTMINISTER
Gholam Hossein Mohseni Ejeie
Ministry of Intelligence
Second Negarestan Street,
Pasdaran Avenue, Teheran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)

KOPIEN AN
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Mohammad Mehdi Akhondzadeh Basti
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. November 2008 keine Appelle mehr zu verschicken.

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