Verurteilung Leyla Zana´s bedeutet Verurteilung des Friedens

Gestern, am 11.12. 2008, wurde die Trägerin zahlreicher Friedenspreise und Aktivistin Leyla Zana durch ein türkisches Gericht in Diyarbakir zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Gericht wertete neun verschiedene Reden, die Leyla Zana seit ihrer Entlassung aus dem Gefängnis nach 11 Jahren Haft, am 9. Juni 2004 gehalten hatte, als Propaganda für die PKK. Leyla Zana ist eine international anerkannte kurdische Politikerin. Sie steht und arbeitet aktiv für eine politische und friedliche Lösung der kurdischen Frage.

Wir akzeptieren das Urteil dieses Gerichts in keiner Weise. Es ist offensichtlich, dass das Urteil eine Beschneidung der Meinungsfreiheit bedeutet. Zana selbst argumentierte vor Gericht, sie habe nur von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Bei den Reden, die als „Propaganda für eine verbotene Organisation“ eingestuft wurden, handelt es sich lediglich um Reden, in denen sie die antidemokratische, auf Krieg basierende Politik und Haltung der Regierung kritisiert. Es ist nicht zu billigen, dass ein Mensch aufgrund ihrer Gedanken zu zehn Jahren Haft verurteilt wird.
An diesem Fall ist erneut zu sehen, dass die Juristen in der Türkei nicht unabhängig von der offiziellen Ideologie handeln. Ohne Frage handelt es sich nicht um eine juristische, sondern um eine politische Entscheidung.

Von der kurdischen Bevölkerung, die für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage demonstrieren, zunehmend in die Ecke gedrängt, greift der türkische Ministerpräsident Erdoğan zu repressiven Maßnahmen, um die Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken. So auch Erdoğans jüngste auf die Kurden abzielende Äußerung: „Wer sich nicht hinter die Parole ein Staat, eine Sprache, eine Fahne stellt, soll das Land verlassen.“ Dies zeigt noch einmal deutlich, dass sowohl Erdoğan als auch seine Regierungspartei, die AKP, nicht auf eine Lösung der kurdischen Frage auf demokratischem Wege abzielen. Im Gegenteil, sie zielen weiterhin auf Leugnung und Vernichtung ab.

Zahlreiche Reformpakete und Gesetzesänderungen, die im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses entwickelt wurden, bestehen lediglich auf dem Papier. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Türkei in die 90-er Jahre zurückfällt, in denen Begriffe wie Menschenrechte und Meinungsfreiheit ohne Bedeutung waren, Menschen auf offener Straße ermordet, oppositionelle Haltungen nicht gebilligt wurden und Folter auf der Tagesordnung stand.

Das Urteil gegen Leyla Zana sehen wir als Urteil gegen die so notwendigen Friedensbemühungen. Leyla Zana soll zum Schweigen gebracht werden. Denn sie symbolisiert die Frau, die Widerstand leistet und kämpft. Somit sollen die Kurdischen Frauen zum schweigen gebracht werden. Zusammen mit Leyla Zana sollen die Chancen für eine friedliche Lösung ausgeschaltet werden. Leyla Zana hat erklärt, dass sie nicht schweigen wird.

Auch das kurdisches Frauenbüro für Frieden – Cenî, das sich zum Ziel gesetzt hat, für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage aus der Warte der Frauen zu streiten, erklärt, dass es auch weiterhin nicht schweigen wird.

Wir rufen alle Fraueneinrichtungen- und Organisationen auf, dieses Urteil nicht zu akzeptieren und ihre Unterstützung für Leyla Zana zum Ausdruck zu bringen. Entsprechende Botschaften können über Cenî an Leyla Zana weitergeleitet werden.

05.12.2008 - Kurdisches Frauenbüro für Frieden – Cenî
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