Solidarität mit ROJ-TV! Presse- und Meinungsfreiheit kurdischer Medien schützen! Am 4. März 2010 hat die Belgische Polizei die Studios des kurdischen Fernsehsenders ROJ-TV, das Büro des Kurdistan Nationalkongresses (KNK) und die Auslandsvertretung der türkischen Parlamentspartei BDP (Partei für Frieden und Demokratie) sowie Dutzende Wohnungen durchsucht. Die Sendeeinrichtung von ROJ-TV wurden dabei systematisch beschädigt. Unter den 15 Festgenommenen sind auch der Kongra-Gel Vorsitzende Remzi Kartal und dessen Vorgänger Zübeyir Aydar. Bereits letzte Woche gab es Razzien und Verhaftungen von kurdischen Aktivist_innen in Italien und Frankreich. Zudem wurde am 19. Januar 2010 der in Deutschland lebende kurdische Politiker Hasan Adir, bei der Einreise in die Niederlande festgenommen. Erneute Angriffe auf ROJ-TV ROJ-TV wird seit März 2004 von Kopenhagen aus über Satellit ausgestrahlt und ist seither auf Grundlage des deutschen Presserechts ihrer journalistischen Arbeit nachgegangen. ROJ-TV erreicht mit seinen Kultur- und Nachrichtensendungen in kurdischer, türkischer, arabischer und persischer Sprache täglich mehrere Millionen Menschen im Nahen Osten und Europa. In der Türkei, wo Nachrichtenssendungen in kurdischer Sprache weiterhin verboten sind, aber auch für Hunderttausende kurdischstämmiger Bürger_innen in Deutschland ist ROJ-TV eine wichtige alternative Nachrichtenquelle gegenüber den meist chauvinistisch aufgeladenen türkischen Medien. Weil in ROJ-TV auch kurdische Exilpolitiker_innen und Vertreter_innen der Befreiungsbewegung ihre Vorschläge für eine politische Lösung der kurdischen Frage vorstellen können, haben die Türkei und die USA seit langem auf eine Schließung des Senders gedrängt. Diesem Ansinnen ist das Bundesinnenministerium im Juni 2008 nachgekommen. Am 13. Juni 2008 wurde ROJ-TV in Deutschland verboten. Die in Deutschland ansässige Produktionsfirma VIKO wurde aufgelöst. Im Mai 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig allerdings beschlossen, dass ROJ-TV seine Tätigkeit in Deutschland vorerst fortsetzen kann, bis der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in einer Vorabentscheidung über die Frage entschieden hat, ob Deutschland den EU-weit verbreiteten Sender nach europäischem Recht überhaupt verbieten darf. Damit wurde der Sofortvollzug des Verbots aus dem Jahr 2008 wieder aufgehoben, weshalb der Sender seine Arbeit zunächst hätte fortführen können, würden nicht jetzt die belgischen Behörden zuschlagen. Die Festnahmen und Durchsuchungen stehen in direktem Zusammenhang mit der von den USA und der NATO betriebenen Strategie zur Neuordnung des Nahen Ostens. Hierzu gehört die schon mehrfach angedrohte Zerschlagung der kurdischen Bewegung mit allen ihren auch zivilgesellschaftlichen Institutionen. In den vergangenen Monaten waren hochrangige Vertreter der US-Regierung in Ankara, um Maßnahmen gegen die PKK zu beraten. Schon vor Jahren wurde ein solches Vorgehen gegen die kurdischen Organisationen in der sog. "Anti-PKK-Koordination" aus Vertretern der USA, der Türkei und des Irak sowie unter Mitwirkung europäischer Regierungen beschlossen. Kurz vor dem bevorstehenden kurdischen Neujahrsfest NEWROZ, soll eine (kritische) Berichterstattung über die Situation in der Türkei und im Norden des Irak gegen die kurdische Bevölkerung unmöglich gemacht werden. Die repressiven Maßnahmen gegen ROJ-TV stellen massive Angriffe auf die Presse- und Meinungsfreiheit dar. Die Politik verschiedener europäischer Regierungen ist ein Angriff auf die Stimmen der Kurdinnen und Kurden in Europa und steht im Einklang mit der repressiven und undemokratischen Politik der türkischen Regierung gegenüber fortschrittlichen kurdischen Kräften in der Türkei, die auf kriegerische Auseinandersetzungen statt einen Dialog der gesellschaftlichen Interessensgruppen orientiert. Die Friedenstimmen dürfen nicht zum Verstummen gebracht werden! Die kurdische Freiheitsbewegung hat ihre Bereitschaft zu Frieden und einem Dialog bewiesen. Die PKK hat mehrmals einseitige Waffenstillstände ausgerufen, die von türkischer Seite keine Entgegnung fanden. Trotz aller Friedensangebote seitens der PKK hält der türkische Staat an seinem Kriegskurs fest, infolgedessen es immer wieder zu Gefechten zwischen der türkischen Armee und kurdischen Guerillaeinheiten kam. In dieser prekären politischen Situation stellt das aktuelle Vorgehen gegen ROJ-TV in Belgien und die anhaltende Verfolgung kurdischer Politiker_innen in Europpa einen Beitrag zur Unterdrückung der freien und kritischen Meinungsäußerung da. Anstatt an einer friedlichen Lösung mitzuwirken, wird an der Waffenbrüderschaft mit den türkischen Militärs in ihrem Krieg gegen das kurdische Volk festgehalten. Eine Lösung der kurdischen Frage ist nur auf demokratischem Weg und unter Einbeziehung der kurdischen Seite möglich. Es macht keinen Sinn, die Bedeutung der von der PKK erschaffenen Bewegung dabei zu leugnen, die längst über enge Parteistrukturen und die Guerilla hinausgeht und in der Bevölkerung fest verankert ist. Die kurdische Bevölkerung hat sich für ihren Verhandlungspartner entschieden - es ist Abdullah Öcalan, der seit mehr als sechs Jahren unter strengster Isolation auf einer Gefängnisinsel gefangen gehalten wird. Von ihm gehen sämtliche friedenspolitische und demokratische Impulse aus - diese müssen endlich gehört werden! Unsere Solidarität gegen ihre Repression! * Schluss mit der Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung! * Weg mit dem Verbot der PKK! * Sofortige Freilassung von Remzi Kartal, Zübeyir Aydar und aller anderen Festgenommenen vom 4. März 2010! Lüneburg, 5. März
2010 http://www.antifa-lg.de/docs/100305.htm |