Proteste
gegen Staudammbau
„Rettet Hasankeyf“
forderten Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten aus der Türkei und Europa
mit einem am Sonntag zu Ende gegangenen einwöchigen Protestcamp in der
von Überflutung bedrohten Stadt im kurdischen Osten der Türkei. Durch
den Bau des Ilisu-Großstaudamms würden rund 200 Dörfer und die 11.000
Jahre alte Kleinstadt Hasankeyf mit ihren historischen Monumenten in den
Fluten des Tigris versinken und 65.000 Menschen vertrieben. Offiziell
dient das Staudammprojekt der Energiegewinnung. „Jeder weiß, dass das
Tigris-Tal überflutet werden soll, weil das hier PKK-Gebiet ist“, meint
ein Lehrer aus einem nahegelegenen Dorf. So sehen das auch Jura-Studenten
auf einer Spontandemonstration durch den Ort am Samstag. „Unser Leben
für Hasankeyf – Kurdistan wird das Grab des Kapitalismus werden“, skandieren
sie.
Bewohner umliegender Dörfer unterstützten das Camp ebenso, wie die linke,
von der Partei für Frieden und Demokatie BDP gestellte Stadtverwaltung
von Batman und Staudammgegner aus anderen Teilen der Türkei. Auf Veranstaltungen
wird über die Gefahren des Ilisu-Dammes und den Widerstand dagegen informiert.
Anwälte geben den von Vertreibung bedrohten Menschen Auskunft über ihre
Rechte. Einige Anwohner haben sich bereits mit Geldbeträgen vom Staat
kaufen lassen, mit denen sie ihre Familien allerdings kaum längere Zeit
ernähren könnten, wenn sie ihre Äcker gegen eine Wohnung in den Elendsvierteln
von Batman oder Diyarbakir eingetauscht haben. Seit Juni ist der Burgberg
der Stadt für Besucher gesperrt worden. Aus Sicherheitsgründen, erläutert
einer der Polizisten, die einen Eisenzaum um die Altstadt errichtet haben.
Doch die Bewohner von Hasankeyf, für die der Tourismus die einzige Einnahmequelle
ist, sehen darin nur einen weiteren Versuch, sie zu vertreiben. Um dagegen
zu protestieren, kettete sich der bekannte Menschenrechtsaktivist Oktay
Konyar am Samstag an dem Tor. „Hier ist die freie Republik Kurdistan.
Hier darf sich niemand einmischen“, erklärt der selber aus dem westtürkischen
Bergama stammende Aktivist, der nicht nur wegen seines großen Schnautzbartes
den Spitznamen „Asterix“ trägt.
Etwas Hoffnung gibt es wieder für Hasankeyf. Eine Studiengruppe der Technischen
Universität Ankara, eigentlich die Kaderschmiede der konventionellen Staudammbauer,
fand nämlich heraus, dass der Bau von fünf kleineren Staustufen besser
geeignet ist als das jetzige Ilisu-Projekt. Dann könnten Teile des Tigris-Tales
und vor allem Hasankeyf gerettet werden. Menschenrechtsaktivist Konyar
ist skeptisch: „Um Hasankeyf zu retten, ist Frieden in der Region die
Grundvoraussetzung.“
Erklärung einer deutschen Prozessbeobachterdelegation
in Diyarbakir
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