Der
4. Komplott, mit dem sich die Kurden konfrontiert sehen
Auszüge aus den Gesprächsprotokollen
der Anwälte mit Öcalan
Nach vorliegenden Informationen
hat Abdullah Öcalan sich bei seinem Gespräch mit seinen Anwälten vor allem
mit der Strategie des türkischen Staates gegenüber den Kurden befasst.
In diesem Zusammenhang warnt er vor einem „4. Komplott, mit dem sich die
Kurden konfrontiert sehen“ würden. Im Folgenden beschrieb er die speziellen
Charakteristika des 4. Komplotts und der Gefahr des kulturellen Genozids,
dem sie dadurch unterworfen seien.
Öcalan: „In den [türkischen]
Medien werden die Umstände des Todes Özals umfassend diskutiert. Özals
Bruder Korkut erklärte: ‚Mein Bruder wurde ermordet, daran besteht für
mich nicht der geringste Zweifel.‘ Früher hat er nicht mit dieser Bestimmtheit
gesprochen. Es scheint, jetzt, wo das Alter fortschreitet, spricht er
das Unaussprechliche gelassener aus. Die Angst [vor den persönlichen Folgen]
rückt in den Hintergrund. An dem Tage, als die Verhandlungen zwischen
uns beginnen sollten, wurde Özal ermordet. Der erste, der sagte, Özal
wäre ermordet worden, war ich. Jene Tage standen unter dem Schatten eines
Komplotts. Die Ermordung Özals war ein Komplott gegen die Lösung der kurdischen
Frage, ein Komplott gegen uns. Das Komplott, dem wir jetzt gegenüberstehen
hingegen, ähnelt [in seiner Dimension] dem Komplott von 1925. Das war
unermesslich. Das gilt es zu begreifen. Mit dem Komplott von 1925 wurden
die Kurden schon einmal vernichtet.
Nach [dem Komplott von 1925] begann man, Mustafa Kemal in die Enge zu
treiben. Er wurde in Çankaya verschlossen, beschränkt aufs Symbolische
war er ohne wirklichen Einfluss. Wenn auch auf eine andere Art, so wurde
er doch so wie ich hier isoliert. Als er todkrank darniederliegt, vernimmt
er die Nachricht vom Tode İsmet İnönüs und übergibt den Kindern Inönüs
sein Erbe. So grenzenlos ist er von der Welt isoliert. Özal wurde ermordet.
Der Tod von Mustafa Kemal am Vorabend des 2. Weltkriegs ist mehr als fraglich.
Einer wie Mustafa Kemal wäre in den Gleichgewichten des 2. Weltkrieges
von erheblicher Bedeutung gewesen. Deshalb war für ihn im 2. Weltkrieg
kein Platz! Genauso wenig wie für Ecevit am Vorabend der US-Intervention
im Irak. All diese Entwicklungen hatten ihr Zentrum in London.“
Die vier Komplotte gegen die
Kurden
Öcalan: „Gegen uns gab es eine Reihe wichtiger Komplotte, insgesamt vier.
Die Zeit des ersten Komplotts war jene, die mit dem Tod Özals zusammenfiel.
Özal vertrat im Hinblick auf die Kurden eine mutige Lösung. Sagte sich:
‚Dieses Problem werde ich unbedingt lösen. Ich muss es tun.‘ Sein Sohn
Ahmed Özal hat dazu konkrete Informationen gegeben. Sagt: ‚Mein Vater
wollte das Problem auf jeden Fall lösen.‘ Damals trieben sie Özal mehr
und mehr in die Enge, alle innerhalb der Armee, die sich für eine Lösung
aussprachen, wurden von ihnen liquidiert. Eşref Bitlis, Bahtiyar Aydın
und ähnliche Offiziere, von denen sie glaubten, sie wären auch für die
Lösung, von denen sie glaubten, sie ständen ihnen im Wege, liquidierten
sie, töteten sie. In der Hinsicht hat auch Talabani eine Reihe wichtiger
Informationen. Er sagte: ‚Wir sind mit Eşref Bitlis in puncto Lösung einer
Meinung.‘ Talabani sagte mir das 1993. In der Zeit wurden auch Intellektuelle
wie Uğur Mumcu von ihnen liquidiert, getötet.
Die Zeit des zweiten Komplotts, das war 1997, 1998. Zu der Zeit war es
Erbakan, der sich mit der Möglichkeit einer Lösung auseinandersetzte.
Er war mehr noch als Kurtulmuş einer möglichen Lösung zugewandt. Kurtulmuş
sagte wie alle anderen auch: ‚Wir sind für jede Lösung ohne Öcalan offen.‘
Allein das zeigt schon, für wen er arbeitete. Sie haben sich dann auch
schnell zerstreut. Und werden wohl auch nie wieder zusammenkommen. Wie
Özal war auch Erbakan eine, zum Teil zumindest, einfache und ehrliche
Haut. Er trat mit uns in Kontakt. Zwischen '97 und '98 hatte er teils
über das militärische, teils über das zivile Lager mit uns Kontakt. Aber
Gladio war stärker. Ich las einen Artikel in der Zeitung Taraf. Dort wurde
die Frage gestellt: ‚Wer hat die Entwicklung sabotiert?‘ Das eben ist
die Frage. Zu einer Zeit, in der eine Lösung möglich schien, wurde immer
ein Komplott auf die Agenda gesetzt.
Die Zeit des dritten Komplotts, das war zwischen 2003 und 2004. Eine neue
Art des Komplotts wurde geschmiedet. Die Kurden sollten gespalten werden.
Aber auch darin blieben sie erfolglos.
Jetzt blicken wir der Ära eines vierten Komplotts ins Angesicht. Was mich
betrifft, so ist für mich klar, wofür Erdoğan steht. Ich kann jetzt einiges
ganz sicher und offen sagen. Wenn das Geschehen in Hakkari wirklich ein
Akt der Kontra war, wenn die Organisation also wirklich nichts damit zu
tun hatte, so sagt das genug aus.
Dies ist ein neues Komplott
mit eigenen Charakteristika
Die Komplotte vor dieser Regierung bezeichne ich als schwarze Komplotte.
Das jetzige hingegen bezeichne ich als grünes Komplott. Zwischen den Zeiten
der schwarzen Komplotte und dem jetzigen grünen Komplott bestehen entscheidende
Unterschiede. Während der Zeiten der schwarzen Komplotte war der JITEM,
der Kontra, den Kronzeugen unbegrenzte Befugnis übertragen worden. Sie
hatten die Befugnis, an jeder Ecke, an jedem Ort zu morden. Mitten auf
der Straße ermordeten sie z. B. Persönlichkeiten wie Musa Anter. Morde
an Menschen wie ihm haben sie mitten am Tage in den Straßen Diyarbakırs
und in vielen anderen Städten verübt. Die Befugnis dazu ist ihnen direkt
vom Staat verliehen worden. In jenen Tagen unterstand die türkische Gladio
direkt der höchsten Stelle. Tansu Çiller, Doğan Güreş. Sie haben den Befehl
erteilt. All diese Morde wurden mit deren Wissen verübt.
Es ist kein Zufall, dass gleich nachdem Özal ermordet worden war, gerade
jene Truppe erstarkte. Die türkische Gladio hat zu jener Zeit, gleich
jener in Italien, wen sie als ihnen im Wege stehend ansahen, ohne zu zögern
ermordet. So wie die Ermordung Özals. Genau wie die Gladio in Italien,
so hat auch sie jeden, den sie als im Wege stehend empfand, ermordet.
Wie man weiß, hat die italienische Gladio sogar ihren eigenen Ministerpräsidenten
ermordet. Dieser Ministerpräsident, den sie ermordet haben, strebte ein
Bündnis mit den Kommunisten an. Das heißt, er brach ein ungeschriebenes
Gesetz. Deshalb ermordeten sie ihn. Auch die türkische Gladio gebärdete
sich auf ähnliche Weise. Aber danach hat sich die türkische Gladio-Kontra-Ergenekon
verselbstständigt. Als Karadayı sagte ‚wir sind da nicht involviert‘,
meinte er genau das. Auf Kıvrıkoğlu wurde in Zypern ein Attentat verübt.
Die Kugel streifte seinen Arm und traf den General, der hinter ihm stand.
Zu jener Zeit waren Çevik Bir und seine Mannschaft in der Gladio sehr
stark. Vieles ist auf sie zurückzuführen. Ja, in den Ergenekon-Ermittlungsakten
steht sein Name. Çevik Bir wird als Verantwortlicher für dieses Attentat
namentlich genannt.
In der jetzigen Zeit des Komplotts hingegen wird es keine Morde bzw. extralegale
Hinrichtungen in der althergebrachten Weise geben. Die Sache in Hakkari
passt da nicht ganz ins Raster. Darauf gehe ich aber später noch ein.
Früher hat diese Morde Gladio verübt. Gladio verfügte über die volle Befugnis
zur Verübung solcher Morde. Jetzt in der Zeit des grünen Komplotts gibt
es jedoch keine Gladio-Kontra, die der vorherigen entspricht. Die Ermordung
Einzelner auf offener Straße, mal hier, mal da, mal dort, das wird es
diesmal nicht geben. Das Neue jetzt ist, alles wird unter der Regie von
Erdoğan geschehen. Ohne sein Wissen wird nicht gemordet. Die Befugnis
zum Morden wird nicht mehr an andere delegiert. Das Geschehen in Hakkari
war die Antwort auf die Tötung eines Imams. Die Vernichtung von zehn Angehörigen
der Guerilla war von Ankara initiiert. Diejenigen, die die militärische
Operation durchführten, kamen extra aus Ankara. Sowohl die Vernichtung
der zehn Guerilla-Angehörigen als auch die Ermordung unseres Volkes durch
eine Bombe in Hakkari sind Antwort auf die Tötung eines Imams. Der Befehl
kam direkt aus Ankara. Eine spezielle Gruppe, die von Ankara geschickt
worden ist, ist gekommen, hat die Bombe platziert und hat anschließend
das Gebiet wieder verlassen. Das ist für mich ganz offensichtlich. Das
schließe ich aus der Erklärung Erdoğans zur Tötung des Imams. Die Zentrale
des grünen Komplotts ist Washington. Die Regie führt Washington.
Die Rolle Fethullah Gülens
ist vergleichsweise banal
Wenn man von Washington spricht, so sollte darunter auch nicht bloß Fethullah
Gülen verstanden werden. Die Rolle, die Fethullah Gülen dabei spielt,
ist vergleichsweise banal. Man sollte ihn nicht überbewerten. Es gibt
andere, die wichtiger sind. Es hat sich auch in den Nachrichten widergespiegelt:
Türkische Piloten haben in Afghanistan für die Taliban gekämpft. Die Beziehungen
unter ihnen sind sehr verwoben und haben noch ganz andere Aspekte als
die bekannten. Hanefi Avcı hat in seinem Buch auch über die Imame, über
eine Organisierung der Imame, gesprochen. Er erwähnte, dass in jeder Einheit
auch immer verantwortliche Imame waren. Er ist sich der Bedeutung dieser
Organisierung bewusst, deshalb erwähnt er sie auch. Ich bezeichne all
diese neuen Organisierungen als grünes Komplott, als grüne Kontra. Diese
haben sich überall, auf jeder Ebene organisiert.
Die internationale Arena
Die diplomatischen Aktivitäten [der letzten Tage und Wochen] auf internationalem
Parkett, deren Ziel die Liquidation der Organisation ist, bringen folgendes
Ergebnis hervor: Jene, die ihre Rechnung über die Türkei machen [d. h.
koloniale Ansprüche gegen die Türkei hegen] – einige Länder bzw. ausländische
Kräfte –, sind zu einer Lösung dieses Problems [der kurdischen Frage]
noch nicht bereit. Die Lösung des Problems hat sie unvorbereitet getroffen.
Das bedeutet, sie sind bisher auf eine Lösung des Problems nicht vorbereitet.
Die kurdische Frage ist Produkt von aus der Vergangenheit, aus Jahrhunderten
zuvor stammenden Ansprüchen und Forderungen. Dieses Komplott gegen die
Kurden wird seit 1920 vorbereitet. Eine Lösung [der kurdischen Frage]
wird all diese Pläne zunichtemachen und deshalb sind sie noch nicht bereit
zu einer Lösung. Die Zentrale dieses internationalen Komplotts ist Paris,
Berlin, Moskau und diverse andere. Allen voran richtet Washington danach
sein Handeln aus. Sie können den Druck weiter erhöhen. Möglicherweise
Roj TV schließen. Warum nur unterstützen sie gerade jetzt die AKP so sehr?
Früher hat Europa die AKP nicht wirklich akzeptiert. Aber jetzt ist das
anders. Weil Europa die AKP jetzt akzeptiert, versucht es ihr einiges
abzuhandeln und im Sinne seiner Interessen von ihr zu profitieren. Im
Gegenzug dazu lässt es die Kurden bluten. Die Kurden sollten sich aber
keine Sorgen machen. Dieses Bündnis ist nicht von Ewigkeit, wird nicht
lange halten. Die Kurden sollen ihre Arbeit fortsetzen wie zuvor. Ihr
diplomatisches Spiel wird ihnen [den Herrschenden] nichts nützen. Seht
nur, Israel ist beunruhigt über die Zusammenarbeit Türkei-Syrien-Iran,
deshalb hat es sich von dem Bündnis mit der Türkei zurückgezogen. Auch
die USA sind beunruhigt.
Ich sitze hier nicht untätig
herum
Es mag sein, dass es seit '99 welche gibt, die mich für ihre Pläne der
Liquidation missbrauchen wollen. Aber ich habe mich nicht missbrauchen
lassen. Nicht einer dieser Pläne der Liquidation, nicht ein Komplott gelang
ihnen. Tja, auch ich sitze hier nicht untätig herum. Einige sagen, mein
Kampf hier wäre ein großes Ringen. Aber das zeigt nur, wie wenig die kurdischen
Intellektuellen verstehen. Ist ihr Armutszeugnis. Sie sind einfach nicht
in der Lage, diesen unseren Kampf zu analysieren, zu verstehen.
Es ist eine neue Kontra, eine
grüne Kontra in Aktion
Die Linie von Kıvrıkoğlu und Ecevit ist im Gegensatz zu den anderen der
Unabhängigkeit etwas näher. Deshalb sind sie darum bemüht, einige dieser
Spielchen zu verhindern. Natürlich können sie im Gegenzug zu meiner Auslieferung
einige Zugeständnisse gemacht haben, aber auf alles werden sie sich wohl
nicht einlassen wollen. Anschließend haben sie Ecevit zu Grabe getragen.
Als 2005 der Ministerpräsident nach Diyarbakır kam und sagte: „Die kurdische
Frage ist mein Problem, ich werde es sein, der sie löst“, hätte die türkische
Gladio ihn ebenso wie Ecevit zunichtegemacht. Aber sie haben sich verständigt.
Allein in der Ära der AKP wurden vier Pläne zum Staatsstreich geschmiedet,
ähnlich dem unter dem Namen Balyoz bekannt gewordenen. Danach wurde zwischen
dem Ministerpräsidenten und dieser Gladio eine Übereinkunft getroffen.
Sie entschlossen sich zum gemeinsamen Vorgehen. Beim Treffen zwischen
Erdoğan und Bush wurde dann beschlossen, den Teil der türkischen Gladio-Ergenekon,
der außer Kontrolle geraten war, zu liquidieren, und es wurde ein Staatsstreichplan
wie Balyoz aufgedeckt und mit der Liquidation von Ergenekon begonnen.
Im Gegenzug konnte die Türkei das, was ihr wichtig war, international
durchdrücken, und Erdoğan glaubte, dass sie die Vernichtung der Kurden
verwirklichen würden. Jetzt in der Ära des grünen Komplotts wird nichts
passieren, was nicht unter ihrer Kontrolle geschieht. Es ist eine neue,
eine grüne Kontra in Aktion. Das ist eine Kontra neuen Typus. Wenn die
Ereignisse in Dörtyol ganz geklärt werden können, dann wird sich auch
die Dimension des Verhältnisses zwischen Erdoğan und der Kontra neuen
Typus klären.“
Frauen müssen lernen, sich
selbst zu verteidigen
Im Komplott des neuen Typus wird nach Meinung Öcalans vor allem auch die
Selbstbehauptung der Frau eine entscheidende Rolle spielen. In letzter
Zeit sind immer wieder Vorfälle von Kindesmissbrauch in Schulen und Internaten
bekannt geworden. Aber auch die Verheiratung von jungen Mädchen zwischen
13 und 14 Jahren, die als Saisonarbeiterinnen auf die Obst- und Gemüsefelder
in den Westen der Türkei ziehen, um dort das Geld zu verdienen, was ihre
Familien zum Überleben benötigen. Viele Mädchen und deren Familien würden
die Zukunft ihrer Töchter dann als „gesichert“ sehen und einer solchen
Ehe zustimmen, ja diese sogar noch als „Glücksfall“ betrachten. Dies ist
vor allem gehäuft in Rize der Fall. Die Äußerung des dortigen Bürgermeisters,
die Männer von Rize sollten sich der Polygamie bedienen und als Türken
auch noch ein kurdisches Mädchen heiraten, sind für Öcalan „nicht bloß
dahingesagte Worte“, sondern sehr ernst zu nehmen. Er warnt vor den Folgen
einer solchen Entscheidung. Die jungen Mädchen müssten sich klar sein,
dass es „letztlich nur darum geht, sie dort wie einen Sklaven billig arbeiten
zu lassen“, warnt Öcalan. Er rät den Frauen zu lernen, sich selbst zu
behaupten, auf sich aufzupassen. Darunter versteht er nicht ihr Verhalten
im Rahmen des traditionellen Ehrbegriffs, sondern sich die Realität der
Situation bewusstzumachen und daraus resultierend sich zu entscheiden
für ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben. „Die Frauen müssen lernen,
ihren Körper, ihren Geist und ihren Willen selbst zu verteidigen“, sagt
Öcalan.
Im Hinblick auf immer wieder bekannt werdende Missbrauchsfälle von kurdischen
Kindern in türkischen Schulen und Internaten nimmt Öcalan vor allem die
Frauenorganisationen in die Pflicht. Sie sollten sich mit Vorfällen dieser
Art beschäftigen. Sie sollten sich unermüdlich dafür einsetzen. Er sagt:
„Unsere hiesigen Bemühungen zum Thema müssen dort ihre Umsetzung finden.“
Er weist darauf hin, dass Kindesmissbrauch dieser Art im Kontext der allgemeinen
politischen Lage betrachtet werden müsse. „Er ist Teil des kulturellen
Genozids an den Kurden.“ Er rät den Frauenorganisationen dazu, das Bewusstsein
der Mädchen und Frauen mehr zu fördern, sich und ihre Organisationen und
Institutionen innerhalb eines Kongresses zu organisieren. Öcalan sagt:
„Dem kulturellen Genozid messe ich eine so große Bedeutung bei, dass ich
meinem nächsten Buch den Titel Die Kurden in den Fängen des kulturellen
Genozids geben werde.“
Bis zum 31. Oktober
stehe ich zur Verfügung
„Ich wollte
mich eigentlich schon lange zuvor zurückziehen. Aber sie kamen zu mir.
2006 wollten sie meine Hilfe für den Frieden. Ich habe 2006 für den Frieden
zum Waffenstillstand aufgerufen. Jetzt sehe ich das alles deutlicher.
Eigentlich war das im Jahre 2006 ein Plan zur Liquidation. Diese Zeit
sollte näher untersucht werden. Seit der Zeit habe ich mich fünf Jahre
lang hier für den Frieden eingesetzt.
Bis zum 31. Oktober verbleiben
fünfzehn Tage. Bis zum Ende des Monats werde ich abwarten. Wenn sie bis
zum 31. Oktober nicht im Sinne einer Lösung zu mir kommen, dann ziehe
ich mich – und sollte mich das auch mein Leben kosten – zurück. Ich werde
mich nicht auf ihr Spiel einlassen. Wenn sie dann kommen und sich nicht
im Sinne einer Lösung an mich wenden, werde ich auch keine Erklärungen
mehr abgeben. Sollten sie sich aber im Sinne einer Lösung an mich wenden,
dann werde ich auch mit meiner Meinung nicht zurückhalten. Aber ich will
noch kurz auf Folgendes eingehen: Zuvor erwähnte ich schon einmal die
Formel der ‚zwei Protokolle‘. Darauf will ich hier noch einmal kurz zurückkommen.
Das erste ist das Protokoll über die Sicherheit, beim zweiten handelt
es sich um ein Protokoll der demokratischen Rechte, dies beinhaltet natürlich
auch die Verfassung. In dem Brief, den ich zuvor geschrieben habe, habe
ich Stellung zu der Formel der zwei Protokolle genommen. Die Antwort auf
meine an den Staat und an Kandil gerichteten Briefe steht weiterhin aus.
Bis zum 31. Oktober werde ich abwarten, danach werde ich dann gegebenenfalls
nicht mehr als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Ich ziehe mich zurück
und anschließend wird die KCK die Verantwortung tragen und wird ihre Beschlüsse
in eigener Sache selbst treffen.
Der Spezialkrieg steht
vor der Tür
Tja, der Spezialkrieg
steht vor der Tür. Sie [die Türkei] stärken jede Art von Verteidigung,
stärken ihre Selbstverteidigung. Sie beziehen das Volk in ihre Bemühungen
mit ein. Gestern haben sie das Mandat für grenzübergreifende Operationen
vom Parlament bestätigen lassen. Es kam zur geheimen Sitzung des Parlaments.
Wie „geheim“ das war, nun das liegt auf der Hand. Die NGOs der Region
und Diyarbakırs sind nicht besonders über die Politik des [kulturellen]
Genozids der Regierung orientiert, verstehen nicht, was da vor sich geht.
Wenn der Staat die Politik des Genozids in die Tat umsetzt, dann wird
das keinen Unterschied zwischen den Menschen machen, es wird alle Kurden
treffen.“
Die Suche nach individualistischen Wegen wird nichts bringen, sagt Öcalan:
„Jene, die nur auf die Interessen einiger Holdings, nur auf den individuellen
Vorteil bedacht sind, auch sie werden [vom Spezialkrieg] überrollt werden.
Wenn sie schon nichts tun wollen, so sollten sie jedenfalls eine neutrale
Position beziehen. Sollten die NGOs der Region eine Formel für eine Lösung
zu bieten haben, sollten sie diese vorstellen. Sollte diese nicht von
mir akzeptiert werden, dann werden sie natürlich wieder kommen und sagen:
‚Öcalan hat es nicht akzeptiert.‘ Aber wenn sie keinen Lösungsvorschlag
vorzuweisen haben, dann sollten sie sich zumindest nicht als Mittel des
kulturellen Genozids missbrauchen lassen. Das ist auch keine Frage, die
man daran festmachen kann, ob man dieser oder jener Partei seine Stimme
gegeben hat, ob man bei der Volksabstimmung mit Ja oder mit Nein gestimmt
hat.“ (…)
ANF News Agency; 15.
Oktober 2010
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