Delegationsbericht
von Wan
Am 21.10. besuchte
unsere Delegation die kurdische Metropole Wan, mit ca. 700.000 EinwohnerInnen.
Wie in den meisten Metropolen kommen viele der Menschen, die dort leben
aus der Zwangsmigration unterschiedlicher Vertreibungswellen aus den Dörfern.
In der Provinz Wan wurde in den letzten Jahren ein großer Teil der Dörfer
zerstört und die Menschen flohen in die Metropolen in Kurdistan, der Türkei
oder nach Europa. Die Provinz Wan ist bis heute sehr stark vom Krieg betroffen.
Die Großstadt Wan, wie auch die meisten Städte der Provinz werden von
der linken, prokurdischen Friedens- und Demokratiepartei (BDP) regiert.
Ihre Lage in der Nähe der iranischen Grenze führt zu einer weiteren Militarisierung.
Der Krieg hat die Landwirtschaft nahezu vollständig zum erliegen gebracht,
so dass die große Teile der Bevölkerung auf Schmuggel angewiesen ist.
Der Schmuggel von Benzin, mit dem sich die Menschen ihren Lebensunterhalt
kaum verdienen können ist lebensgefährlich, denn nach Auskunft von Menschenrechtsorganisationen
sterben fast wöchentlich Menschen im Grenzgebiet durch Übergriffe türkischer
oder iranischer Soldaten. Die Region ist außerdem von Minen und herumliegender
Munition verseucht, die regelmäßig Todesopfer fordern.
TOD EINES POLITISCHEN
GEFANGENEN HINTER GITTERN
Am 19.10. starb der seit 1993 inhaftierte und schwer kranke kurdische
politische Gefangene aus der PKK Rasım Gençer (40) an einem Herzinfarkt.
Der Vater von 5 Kindern, war 1993 festgenommen und zu lebenslänglicher
Haft verurteilt worden. Er war einer von den landesweit mind. 43 kurdischen
politischen Gefangenen, die tödlich erkrankt sind und trotzdem nicht entlassen
werden. Ihnen wird eine adäquate medizinische Versorgung verweigert. Nach
Angaben des Gefangenenhilfsvereins TUHAD-Der wird Gefangenen allgemein
eine angemessen vitaminreiche Ernährung verweigert. Weiterhin führt dies
gerade bei für lange Zeit Inhaftierten zu schweren Erkrankungen. In vielen
kurdischen und türkischen Städten finden Kampagnen für die Freilassung
der kranken Gefangenen statt. Da es nach einer Gesetzesreform seit einigen
Jahren den Angehörigen verboten ist, Nahrung in den Knast zu schicken,
haben sie keine Möglichkeit frisches Obst geschweige denn Spezialdiäten
zu erhalten. In Wan fand heute eine Demonstration in Protest für die Freilassung
der Gefangenen und gegen die Tode hinter Gittern statt. Diese Demonstration
wurde von der Polizei angegriffen, es kam zu mehreren Festnahmen. Ein
hohe Polizeipräsenz war deutlich an zusammengezogenen und mit Waffen und
schweren Gerät ausgerüsteten Polizeieinheiten zu sehen.
Dann fuhren die Menschen in Bussen zum Vorort von Wan, der BDP Hochburg
Bostanıcı. Der dortige Trauerzug verwandelte sich ebenfalls in eine politische
Demonstration unter Parolen für die kurdische Arbeiterpartei PKK und ihren
Vorsitzenden Abdullah Öcalan, den Verstorbenen und für Frieden und Freiheit.
Der Zug, an dem mehrere hundert Menschen teilnahmen endete am Trauerzelt,
wo Reden gehalten wurden, die den deutlichen Wunsch nach Frieden und Anerkennung
der Rechte der kurdischen Bevölkerung zeigten. Insgesamt war die Stimmung
voller Trauer und Kraft. In einer Rede erklärte ein Mitglied des Gefangenhilfsvereins
TUYAD-DER, dass die Gefängnisse zu einem Ort geworden sind, an dem an
den Gefangenen Rache genommen wird. Mütter berichteten der Delegation
von ihren gefallenen Kindern und der Enttäuschung über die Rolle Europas
in dem Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und ihre Freiheitsbewegung.
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