Presseerklärung
vom Hasankeyf Solidaritätscamp
19.10.10
Wir, Einzelpersonen
und Organisationen aus verschiedenen Teilen der Welt und aus der Türkei,
haben vom 11.-17. Oktober 2010 am Hasankeyf Solidaritätscamp teilgenommen,
um gegen das Ilisu Staudammprojekt zu protestieren. Wenn der Staudamm
gebaut wird, wird er Natur und Kultur zerstören.
Seit Frühjahr 2010 laufen die Bauarbeiten für den Staudamm trotz Proteste
der Einwohner_innen und von anderen Teilen der Bevölkerung. Wir wehren
uns gegen die Vertreibung von mindestens 80 000 Menschen aus ihrem Lebensraum
und der Zerstörung von dem 12 000 Jahre altem Kulturerbe. Wir sind nicht
nur zusammengekommen um Hasankeyf zu schützen und den Verlust eines Natur-
und Kulturerbes so wie Halfeti, Zeugma und Allianoi, die jetzt unter Sand
vergraben liegen, zu verhindern. Es geht uns auch darum, dass es ein Umdenken
in der momentanen Wasserpolitik der Türkei geben muss, aufgrund derer
auch andere zerstörerische Projekte in anderen Teilen des Landes wie Munzur,
Hakkâri Cilo und der Schwarzmeerregion durchgeführt werden.
Wir haben darüber
nachgedacht, aus verschiedenen Perspektiven diskutiert, voneinander gelernt
und das Problem zusammen neu definiert.
Unser Ziel war es auch, die Aufmerksamkeit der nationalen und internationalen
Öffentlichkeit auf die aktuelle Entwicklung zu lenken, darauf dass in
den vergangenen 6 Monaten die historischen Ruinen in Hasankeyf für die
Öffentlichkeit gesperrt wurden, aufgrund von Steinfall, der durch die
von nationaler Seite finanzierten Bauarbeiten am Staudamm ausgelöst wurden.
Teil des Austausches
von Ideen und Erfahrungen der Teilnehmer_innen der sozialen Bewegungen
gegen Staudämme und Wasserkraftwerke waren Podiumsdiskussionen, Aktionen
des zivilen Ungehorsams, Konzerte, Wettbewerbe, Theaterperformances und
Tanzshows.
Trotz des Wetters und unserer begrenzenten Ressourcen, waren wir erfolgreich
und haben unsere Ziele erreicht.
Wir erklären hiermit, dass es dringend einer tiefgreifenden Veränderung
dieses Verständnisses von Staatsführung bedarf, das weder Natur noch Gesellschaft
mit einbezieht; das Lebensgrundlagen einzig ökonomisch betrachtet; dem
es einzig um Profit geht und keine ethischen Grenzen bei der Erreichung
der Ziele hat; das die Lebensgrundlage der kommenden Generationen, deren
Existenz auf dem Schutz dieser Ressourcen basiert, stiehlt, Verzweifelung
schafft und so tut als gehörten diese Ressourcen ihnen. Die sozialökologische
Zerstörung unter dem Vorwand von Fortschritt und Entwicklung geht einher
mit Beschuldigungen und Bestrafungen auf eine sehr aggressive Art und
Weise gegenüber allen Reaktionen zu dieser Zerstörung.
An die Stelle eines Verständnisses von Fortschritt und Entwicklung, dessen
sozialökologische Kosten sehr hoch sind, sollte eine neue Annäherung treten,
die ganzheitlich ist und darauf basiert, lebendes Naturerbe zu bewahren.
Nur wenn wir das geltende Paradigma verändern, das mehr Schädigung als
Fortschritt verursacht, mehr Zerstörerung als Entwicklung, werden wir
verhindern, dass Hasankeyf, Hakkâri-Cilo, Munzur, Allianoi, Loç, Palovit,
Yuvarlakçay und das Çoruh Becken und viele andere naturkulturellen Erben
weiter von Auslöschung bedroht sein werden.
Bedroht sind auch
Menschen oder andere Lebewesen, die Vergangenheit und die Zukunft. Daher
sollte unser Kampf ein universeller sein, und die kulturelle Vielfalt
der lokalen Kämpfe ein Teil davon. Wir werden mit den Folgen dieses globalen
Entwicklungsparadigmas nur umgehen können, wenn wir diese Universalität
einbeziehen.
Daher erheben wir im Anschluß an das Hasankeyf Solidaritätscamp unsere
Stimme noch lauter: Lasst Hasankeyf leben, nicht den Ilisu-Staudamm! Lasst
das Leben hochleben und nicht die Zerstörung!
Initiative zur Rettung
von Hasankeyf
www.hasankeyfgirisimi.com
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