Presseerklärung
Kampagne Tatort Kurdistan
Proteste gegen
Korruption in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak. Zahlreiche Tote
und Verletzte
Angesichts der seit
10 Tagen andauernden Proteste in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak
hat die Regionalregierung am Donnerstag den Ausnahmezustand über die bislang
von Unruhen verschonte Hauptstadt Erbil ausgerufen. Peshmerga-Milizen
riegelten die Zufahrtsstraßen zur Stadt ab. Bis Sonntag, dem 27.02.2011,
dürfen keine dort nicht gemeldeten Personen in die Stadt einreisen. Die
Studierenden der Salahaddin-Universität wurden zur »Gefahrenabwehr« bis
01.04.2011 nach Hause geschickt.
Die Proteste der zumeist jugendlichen Demonstranten richten sich gegen
die allgegenwärtige Korruption unter der von der Demokratischen Partei
Kurdistans (KDP) des kurdischen Präsidenten Masud Barsani und der Patriotischen
Union Kurdistans (PUK) des irakischen Staatspräsidenten Dschalal Talabani
dominierten Regionalregierung. Die Demonstranten beklagen zudem Arbeitslosigkeit
und fehlende öffentliche Versorgung.
Am Mittwoch starb ein Mann bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten
und der Polizei in der Stadt Halabja. In Sulaymania demonstrierten am
Mittwoch rund 3000 Menschen mit Bildern der drei seit Beginn der Proteste
von Peshmerga-Milizen der KDP erschossenen Demonstranten.
Als in Erbil am 25.02.2011 mehr als 2000 Menschen eine Demonstration organisieren
wollten, nahm der kurdische Geheimdienst zahlreiche von ihnen fest. Die
Journalistin Nyaz. A. wurde, von vier Personen aus dem Geheimdienst angegriffen,
während sie versuchte, telefonisch direkt für das Radio über Situation
zu berichten. Auch auf dem Rückweg wurde sie über drei Stunden bedroht
und verfolgt.
In Sulaymania war am vorletzten Wochenende zudem ein regierungsunabhängiger
Fernsehsender, der von den Übergriffen auf die Demonstrationen berichtet
hatte, von fünfzig mit Sturmgewehren bewaffneten Regierungsanhängern gestürmt
und beschossen worden. Die Zeitung „Awäne“ hat berichtet, dass die kurdische
Regierung fünfzehn Kurden aus dem Iran an die iranische Regierung ausgeliefert
hat, weil sie an Demonstrationen teil genommen haben. Den Ausgelieferten
droht, wenn nicht die Todesstrafe, so doch langjährige Freiheitsstrafen.
Am 26.02.2011 explodierte eine Bombe zwischen Demonstranten in der Stadt
Suleymania. Insgesamt gab es bei den Unruhen bis heute sieben Tote und
hundertfünfzig Verletzte, sowie zahlreiche Festnahmen, von denen neun
Personen namentlich bekannt sind.
Während sich Politik und Medien täglich ausführlich mit den Unruhen in
den arabischen Ländern wie Tunesien, Ägypten, Libyen, Jemen und Barain
auseinandersetzen, werden die Proteste in der kurdischen Autonomieregion
im Nordirak weitgehend ignoriert. Wir als Kampagne Tatort Kurdistan halten
das nicht für Zufall. Die westlichen Staaten haben vor allem aus geostrategischen
Gründen ein massives Interesse daran, das korrupte Barzani-Regime im Nordirak
auf jeden Fall zu stützen. Darüber hinaus hat Deutschland auch wirtschaftliche
Interessen an der Region.
Wir als Kampagne
Tatort Kurdistan fordern:
1. Bewaffneten Regierungsanhänger, die auf unbewaffnete Demonstranten
geschossen haben, müssen juristisch dafür verantwortlich gemacht werden.
2. Die Opfer der Übergriffe und ihre Angehörigen müssen entschädigt werden.
3. Freiheit für alle politischen Gefangene im Gebiet der kurdischen Autonomieregierung
4. Uneingeschränkte Demonstrationsfreiheit für Proteste gegen Korruption
und Gewalt .
5. Uneingeschränkte Pressefreiheit und ein Ende der Einschüchterung gegenüber
Journalisten
März 2011
Kontakt: tatort_kurdistan@aktivix.org
http://tatortkurdistan.blogsport.de/
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